Das Ende des ungarischen Imperiums in Siebenbürgen

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Das Ende des ungarischen Imperiums in Siebenbürgen
Die Magyaren Siebenbürgens vermochten sich weder mit dem Gedanken der Auflösung ihres jahrtausendalten Staates binnen weniger Wochen noch mit der Aussicht abzufinden, daß sie durch den Anschluß an ein wirtschaftlich und gesellschaftlich weniger entwickeltes fremdes Land ein Minderheitenschicksal erwartet. Im ungarischen Bürgertum war eine aus starrem Entsetzen 650resultierende Untätigkeit vorherrschend, die fallweise in eine verzweifelte Hast umschlug. Neben den ungarischen Nationalräten wurden Ende November zunächst in Neumarkt und dann in Klausenburg „Szekler“ Nationalräte gebildet, die angesichts der aussichtslosen Zukunft den Akzent einmal auf die Aufrechterhaltung der staatlichen Integrität, ein andermal auf das Selbstbestimmungsrecht der Magyaren legten. Selbst die Regierung schwankte zwischen ihrem eigenen Maximalprogramm – unter Anerkennung der Selbstbestimmung aller Nationalitäten einen föderativen Staat auszubauen – und ihrem Minimalprogramm, wonach die völlige Trennung nicht verhindert werden könnte und die nationalen Rechte der in die Minderheit geratenden Magyaren auf friedlichem Wege garantiert werden müßten. Den Beschluß von Karlsburg betrachtete sie nicht als endgültig. Es wurde mit der Aufstellung einer siebenbürgischen Armee begonnen, zu deren Kern sich die unter dem Namen Szekler Abteilung in Klausenburg organisierte Formation entwickelte. Diese Streitkräfte hätten zwar ausgereicht, die rumänische Armee an der Demarkationslinie vorübergehend aufzuhalten, doch drohte ein solcher Schritt die Gefahr unabsehbarer internationaler Verwicklungen auszulösen, weshalb sich die Regierung nicht auf eine Verteidigung einzulassen wagte. Von welchen Absichten Paris geleitet wurde, war niemals genau zu erfahren, da die in Belgrad und Bukarest selbstherrlich auftretenden französischen Generäle oder die Offiziere der Budapester Ententemission das Durcheinander nicht selten mit einander widersprechenden Schritten und Äußerungen noch vergrößerten. General Henri Berthelot, der Kommandeur der französischen Donautruppen, erteilte bereits in den ersten Dezembertagen den rumänischen Truppen die Genehmigung zum Überschreiten des Mieresch (von Arad bis Sigeth) und für die Besetzung von acht Städten, worüber die ungarische Regierung jedoch lange Zeit nicht einmal informiert wurde.
Am 8. Dezember ernannte die Regierung Professor Apáthy zum „Oberregierungskommissar für Ostungarn“, der vom darauffolgenden Tag an mit Hilfe einer Art Regierungsbehörde von Klausenburg aus die Verwaltungsaufgaben in dem immer kleiner werdenden Gebiet erfüllte. In diesen Tagen nahm auch der rumänische Regierungsrat in Hermannstadt seine tatsächliche Arbeit auf, der sich selbst als provisorische Regierung Siebenbürgens betrachtete.
Die ungarischen Räte Siebenbürgens betrachteten das Selbstbestimmungsprinzip natürlich auch für die Magyaren als gültig und wollten dies auf ihrer Großversammlung am 22. Dezember in Klausenburg deutlich machen. Der Kommandeur der in Siebenbürgen einrückenden rumänischen Truppen, General Moşoiu, protestierte gegen diese geplante Volksversammlung und kündigte an, er werde sie mit seinen Kanonen auseinanderjagen. Dennoch versammelte sich eine Menge von fast 40 000 Menschen unter Nationalflaggen und roten Fahnen auf dem Hauptplatz von Klausenburg, dem Ring, unter ihnen auch die Vertreter der rumänischen Linkssozialisten und Banater Schwaben, welche ebenso wie die Sachsen vorerst im Rahmen des ungarischen Staates verbleiben wollten. Entsprechend der Natur der Einheitsfront reichten die Reden von der Erhaltung der staatlichen Einheit bis hin zum Schutz der Rechte des Proletariats. Der von den ungarischen Sozialisten unterbreitete und gebilligte Beschlußentwurf besagte, daß „wir auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts in einer Staatengemeinschaft mit der ungarischen Volksrepublik leben wollen. Im Rahmen des einheitlichen und unverstümmelten Ungarn fordern wir für jede hier lebende Nation die 651volle Gleichberechtigung, Freiheit und Selbstregierung.“* Am übernächsten Tag zogen die rumänischen königlichen Truppen in Klausenburg ein.
Den Text s. bei I. MIKÓ, a.a.O., 12.
Das Oberregierungskommissariat blieb am Ort, um auch jetzt den Anschein einer Aufrechterhaltung der Rechte zu wahren, nachdem das ungarische Militär Klausenburg verlassen hatte. Die rumänische Kommandantur führte den Belagerungszustand, die Internierung, die Zensur und die Prügelstrafe ein, verbot die Tätigkeit der politischen Organisationen und schaffte die Versammlungs- und selbst die Reisefreiheit ab. Man begann die linksstehenden politischen Kräfte zu verfolgen, in einzelnen Gegenden unter Einsatz sehr harter Mittel. Später wurde – unter der Beschuldigung bolschewistischer Propagandatätigkeit – auch der Oberregierungskommissar Universitätsprofessor Apáthy verhaftet.
Der langsame Vormarsch der rumänischen Truppen nach der Besetzung Klausenburgs wurde unter der dreifachen Parole der nationalen Ziele, des Auftrags der Entente und des Kampfes gegen den Bolschewismus fortgesetzt. Bis zum 22. Januar erreichte man bereits die Linie Sigeth–Csucsa–Sameschdorf, womit König Ferdinands Armee das historische Siebenbürgen kampflos in Besitz genommen hatte.
Die Vertreter des sächsischen und schwäbischen Bürgertums suchten in den ersten Tagen des Zusammenbruchs der Monarchie ihre Zukunft noch ausdrücklich im Rahmen des ungarischen Staates. Als sich die Umrisse Großrumäniens abzuzeichnen begannen, waren sie gezwungen, sich den neuen Realitäten anzupassen. Nach der rumänischen Versammlung in Karlsburg forderten sie die Garantie ihres eigenen Selbstbestimmungsrechtes, die Autonomie der sächsischen Gebiete (Munizipium Sachsenland mit 212 Gemeinden) und wollten Siebenbürgen in Form ethnisch bestimmter autonomer Gebiete aufbauen, entsprechend der Konzeption Jászis.
Auf Wunsch Bukarester, ja sogar auch einzelner französischer Kreise suchte der rumänische Regierungsrat, eine Vereinbarung mit der sächsischen Intelligenz zu erreichen, woraufhin sich die Sachsen mit den neuen Machtverhältnissen abfanden und am 8. Januar 1919 auf der Mediascher Sitzung des Sächsischen Nationalrates erklärten, daß auch das sächsische Volk Siebenbürgens in der Hoffnung auf eine Garantie seiner nationalen Zukunft für die Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien stimme. Dieser Beschluß wurde dem Vorsitzenden des Regierungsrates Maniu überreicht, der „die Einhaltung und den Schutz der nationalen Rechte des fleißigen sächsischen Volkes“* versprach.
Desăvîrşirea unificării statului national romăn (Vollendung des rumänischen Nationalstaates). Red. M. CONTANTINESCU U. ŞT. PASCU. Bucareşti 1968, 446–447.
In den Teilen des Banats, in dem der Wunsch nach einer lokalen Republik innerhalb Ungarns sehr lebendig war, vertraten weder die deutschen noch die ungarischen Arbeiter den Anschluß an Rumänien. Am 2. Dezember wurde in Temeschwar unter der Leitung des Sozialisten Dr. Ottó Roth die Autonomie des Banats ausgerufen, und die Károlyi-Regierung arbeitete im Einvernehmen mit dem deutschen Nationalrat ein autonomes Gebietssystem für das Banat aus, das in der Budapester Regierung von Johann Junker vertreten wurde. Diesem Versuch setzte der Einmarsch der serbischen Truppen in Temeschwar ein Ende.
652Ab Mitte Dezember begann bereits im Rücken der Okkupationstruppen in Siebenbürgen eine neue Welle sozialer Bewegungen. Die Bewohner der rumänischen Dörfer befürchteten das Ausbleiben der versprochenen Bodenaufteilung. Die Räte der Bergleute im Schiltal wollten eine eigene Arbeiterrepublik schaffen. Die immer wieder aufflammende Bewegung der Bergarbeiter führte hin und wieder zu Feuergefechten mit der rumänischen Armee. Im Anschluß an die Bergleute traten am 23. Januar die mehrheitlich ungarischen Eisenbahner in den Generalstreik, weiterhin streikten Postangestellte, Drucker, Beamte und auch Fabrikarbeiter.
Beim Proletariat genossen weder die Überbleibsel des alten Staatsapparats noch die neuen, bürgerlich geprägten Nationalräte irgendwelches Ansehen. Es fürchtete nicht einmal die rumänische Armee, die auch nicht als sein Hauptgegner betrachtet wurde. Diese historisch neue Verhaltensform desorientierte das Bürgertum. Ungarische Bürger sahen in der sozialistischen Arbeiterschaft entweder die letzten Kämpfer für die Rettung der ungarischstaatlichen Integrität oder zynische Verräter der nationalen Interessen, während die rumänische militärische Abwehr in ihr die Verkörperung des Bolschewismus wie des ungarischen Nationalismus zugleich erblickte; sie ließ dabei völlig außer acht, daß allein die kommunistische Partei voll mit dem traditionellen Prinzip der staatlichen Integrität gebrochen hatte. Die Profiliertesten aus dem Proletariat legten die alten politischen Wertkategorien langsam ab und marschierten gemeinsam mit Budapest auf eine neue Gesellschaft, eine soziale Revolution zu.
Parallel mit diesem neuen revolutionären Aufschwung, als eine Art Pendant, begann der Ausbau der neuen rumänischen Staatlichkeit. Bereits im Januar schritt die rumänische Armee zur Auflösung der Nationalgarden, doch vor allem der Arbeitergarden. Der rumänische Regierungsrat wies Mitte des Monats den Vorschlag der ungarischen Intelligenz von Klausenburg zurück, daß in den ungarischen Gegenden die Verwaltung ungarisch bleiben und in den von Rumänen bewohnten Gebieten selbstverständlich rumänisch sein sollte.
Der Regierungsrat verordnete am 24. Januar die Wiedereinführung und Beibehaltung der alten (ungarischen) Gesetze und Behörden, hob aber zugleich die Selbstverwaltung der Komitate und Gemeinden auf. Für die Komitate ernannte er rumänische Präfekten, die von den Beamten und Staatsangestellten den Eid auf König Ferdinand forderten. Die rumänischen Nationalräte wurden aufgelöst, so daß solche paradoxerweise nur in dem von der ungarischen Armee kontrollierten Gebiet bestehen blieben.
Da die Entente keine der früheren Vereinbarungen einhielt und die rumänischen Truppen immer weiter vorstießen, plante die ungarische Regierung, den bewaffneten Widerstand zu versuchen. Am 2. März erklärte Károlyi: „wenn die Pariser Friedenskonferenz gegen die Wilsonschen Prinzipien, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und den Vereinbarungsfrieden für eine Zerstückelung Ungarns stimmen sollte, werden wir im Falle äußerster Not dieses Land sogar mit den Waffen befreien“.*
M. KÁROLYI, Az új Magyarországért (Für das neue Ungarn). Ausgewählte Schriften und Reden, 1908–1919. Hrsg. von GY. LITVÁN. Budapest 1968, 294.
Die Pariser Friedenskonferenz beschloß auf Druck Rumäniens am 26. Februar eine weitere Veränderung der ungarisch-rumänischen Demarkationslinie, 653in Wirklichkeit eine Gebietsabtretung. Die Umgebung von Sathmar, Großwardein und Arad wurde den rumänischen Truppen zugesprochen und westlich von dort ein neutraler Streifen beansprucht, zu dem auch Debreczin und Szegedin gehörten und in dem die ungarische Verwaltung unter französischer Kontrolle stehen sollte. Die französische Politik wollte auf diese Weise den rumänischen Streitkräften, die gegen Sowjetrußland eingesetzt werden sollten, eine Rückendeckung und damit zugleich die Eisenbahnverbindung Temeschwar-Sathmar-Csap sichern, der sie als Transportstrecke von Kriegsmaterial für Polen Bedeutung beimaß.
Dies alles enthielt die am 20. März übergebene sog. Vix-Note, deren Annahme die ungarische Regierung verweigerte. Ihre bisherige Politik der bereitwilligen Zusammenarbeit mit der Entente wurde von der Friedenskonferenz keineswegs gewürdigt; die Aussicht auf einen annehmbaren Friedensvertrag verflüchtigte sich, Károlyi und seine Regierung traten zurück. Das ententefreundliche demokratische Bürgertum und die Koalition der gemäßigten Sozialdemokratie waren moralisch-politisch bankrott, ihre Reserven erschöpft.

 

 

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