Die Räterepublik als sozialistische Alternative

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Die Räterepublik als sozialistische Alternative
Am 21. März 1919 wurde in Budapest die Räterepublik als nach Rußland zweiter Proletarierstaat der Welt ausgerufen, der den Nationen des Donaubeckens eine historische Wende versprach. Die linken Sozialdemokraten und die Kommunisten, welche in der russischen Revolution die Feuertaufe erhalten hatten, vereinten sich in der Sozialistischen Partei. Ihre anerkannte Führungspersönlichkeit des „Revolutionären Regierungsrates“ war der in der Arbeiterbewegung in Klausenburg aufgewachsene Volkskommissar für Äußere Angelegenheiten, Béla Kun.
Die Räterepublik vertrat eine neue Außen- und Nationalitätenpolitik. Sie stand nicht auf der Grundlage der traditionellen staatlichen Integrität – grenzte sich auch offen von der Nationalitätenpolitik des demokratischen Károlyi-Regimes ab –, war aber auch nicht bereit, bedingungslos einzelne Teile des Landes den Armeen der Nachbarstaaten zu überlassen, die zu jener Zeit bereits ungeschminkt imperialistische Ziele verfolgten oder solchen dienten. Die Räterepublik wies die Vix-Note zurück, in ihren ersten Manifesten kündigte sie den Kampf für die Befreiung der Bergwerke und der lebensmittelproduzierenden Gegenden des Landes an, versprach den Kampf u. a. „gegen die rumänischen Bojaren“, rief aber zugleich das Proletariat Rumäniens zu einem Bündnis auf. Die Führer der Räterepublik vertrauten fest darauf, daß die revolutionäre Arbeiterbewegung schließlich im Rahmen des Sozialismus die Grenzen beseitigen und einen einheitlichen internationalen Staat schaffen werde; dessen Vorstufe sollte „das brüderliche Bündnis der Werktätigen, die föderative Republik“ sein. Eine Verordnung schrieb jeder Nation vor, eigene Nationalräte zu bilden. Die Deutschen und Ruthenen erhielten das volle nationale Selbstbestimmungsrecht, in den Ämtern war der Gebrauch jeder Sprache in Wort und Schrift gleicherweise berechtigt. Die Verfassung besagte: „Die Räterepublik is: das freie Bündnis freier Völker“.
Als die Räteregierung die Macht übernahm, befand sich bereits das gesamte historische Siebenbürgen unter der Herrschaft der rumänischen königlichen 654Armee und des rumänischen Regierungsorgans von Hermannstadt. Dem heutigen Forschungsstand nach wissen wir nicht, welchen Einfluß die Diktatur des Proletariats auf Siebenbürgen hatte, wie stark das dortige Echo war. Wir wissen, daß sich auch dort seit Dezember der Einfluß der Kommunisten verstärkt hatte, daß rumänische Soldaten desertierten, um in die ungarische Rote Armee einzutreten, daß unter den späteren Arbeiterführern Siebenbürgens sich mehrere Rotgardisten befanden. Als Anzeichen für eine Resonanz kann auch gelten, daß die Eisenbahner in den ersten Apriltagen in Generalstreik traten. In den noch nicht besetzten Städten Großwardein, Karol und Sathmar, doch auch in mehreren Dörfern entstanden die mit der Sachverwaltung beauftragten Direktorien sowie selbständige Ortsorganisationen der neuen Partei. In Großwardein wurden binnen einer Woche mehrere Arbeiterbataillone für die im Aufbau begriffene Rote Armee aufgestellt. Als Anfang April die Rätewahlen durchgeführt wurden, gaben dort 42 % der Bürger ihre Stimmen ab, ungefähr ebensoviel wie in der Hauptstadt.
Anders entwickelte sich die politische Situation in den Dörfern. In der Mehrheit der rumänischen Gemeinden konnte die in Großwardein tätige rumänische kommunistische Fraktion keine Linkswende herbeiführen, obwohl sie nicht selten sogar in den von der rumänischen Armee besetzten Gebieten eine ernstzunehmende Propagandatätigkeit ausübte. Ein bedeutender Teil der noch unter ungarischer Hoheit lebenden ungefähr 500 000 Rumänen betrachtete die rote Macht gleichgültig oder geradezu feindselig, da diese für sie vielenorts nur durch die Präsenz der städtischen Agitatoren bzw. Anwesenheit der Szekler Division verkörpert wurde.
Die Ententemächte – wenn auch nicht in voller Übereinstimmung – waren der Räterepublik von Anfang an höchst feindlich gesinnt, die sich jedoch mit ihrem entschlossenen Auftreten größeres internationales Ansehen erkämpfte als das Károlyi-Regime. Béla Kun empfahl am 24. März in einer Note den Großmächten die Regelung der Grenzfragen auf der Grundlage der tatsächlichen Selbstbestimmung der Völker. Als Gesandter der Friedenskonferenz reiste General Smuts nach Budapest, wo er eine gegenüber der Vix-Note etwas günstigere, neue Demarkationslinie vorschlug. Dieser Vorschlag übergab die Städte Großwardein und Sathmar bereits nicht mehr der rumänischen Heeresleitung, entzog sie jedoch unter dem Deckmantel einer Neutralisierung der tatsächlichen Herrschaft der Räterepublik. In seinem Gegenvorschlag ersuchte Kun auf der Grundlage des Belgrader Abkommens um eine günstigere Lösung, wichtiger war aber sein Wunsch nach einer Beratung der Vertreter Ungarns mit den Nachbarländern, um Grenzfragen sowie zukünftige Formen der Wirschaftskooperation bilateral zu behandeln. Der kompromißbereiten angelsächsischen Politik gegenüber setzte sich jedoch die eher kämpferische französische Linie durch.
Am 15. April begann auf der ganzen Länge der ungarisch-rumänischen Demarkationslinie unter Einsatz bedeutender Kräfte die rumänische Offensive. Der Hauptschlag war gegen die auf einer Strecke von 130 km auseinandergezogene Szekler Division gerichtet. (Bei der Ausrufung der Diktatur war sie mit 12 000 Soldaten und 649 Offizieren die einzige aktionsfähige, einigermaßen ausgerüstete und zugleich größte Formation. Von Anfang an wurde sie zumeist von apolitischen, in der gegebenen historischen Situation also konterrevolutionär gesinnten Offizieren geführt, 655hinter denen auch gleichgesinnte Politiker standen. Zwischen der neuen politischen Führung und der Division bestand ein gegenseitiges Mißtrauen.) Sathmar und Großwardein und am 23. auch Debreczin mußten aufgegeben werden. Die Szekler Division zog sich anfangs kämpfend und unter schweren Verlusten zurück und brach dann die Verbindung mit Budapest ab. Ihre Führer vereinbarten am 26. April mit einer rumänischen Kavalleriedivision, die Waffen niederzulegen und sich sogar internieren zu lassen, wenn die rumänische Armee als Gegenleistung ihre Angehörigen in Siebenbürgen frei lasse und diese in ihre Heimat zurückkehren dürften.
Am 27. April wurden auch die Franzosen aktiv: Sie besetzten Makó und Hódmezővásárhely. Die in Marsch gesetzten tschechoslowakischen Truppen trafen mit der rumänischen Streitmacht zusammen. Am 30. April wandte sich Kun verzweifelt in einem Telegramm zunächst an Wilson, dann an die Regierungen der Tschechoslowakei, Jugoslawiens und Rumäniens und erkannte ohne Vorbehalte „alle Gebiets- und nationalen Forderungen“ der Nachbarn an, sich davon eine Atempause erhoffend. Am 1. Mai erreichte die rumänische Armee die Theiß und stellte auch unter Gewaltanwendung überall die traditionelle Ordnung der Klassengesellschaft wieder her.
An der Theiß kam schließlich die Front zum Stehen. Der rumänische Generalstab bot sich wohl der Entente zu einem weiter Angriff an, wollte aber allein das Risiko nicht eingehen. Auch die Friedenskonferenz verbot jeden weiteren Vorstoß, die Verteidigung verstärkte sich, wobei eine wichtige Rolle spielte, daß Sowjetrußland – einziger Verbündeter der Räterepublik – zur Entlastung der ungarischen Revolution einen Generalangriff am Dnjestr vorbereitete.
Am 30. Mai begann die ungarische Rote Armee an der tschechoslowakischen Front ihre Offensive in Richtung Kaschau. Auf die Siege der Rotgardisten hin zeigte sich die Friedenskonferenz anfangs geneigt, auch Ungarn zu den Friedensverhandlungen einzuladen. Am 13. Juni verkündete Clemenceau als Diktat die noch im März festgelegten endgültigen Grenzen, versprach allerdings, die rumänischen Truppen weiter von der Theiß zurückziehen zu lassen, sobald die Räterepublik die neubesetzten nordöstlichen Gebiete verlasse. Kun erklärte in seiner Antwortnote die Unmöglichkeit der festgelegten Grenzlinien, lehnte jedoch ihre Anerkennung nicht ab. Die Räumung der nördlichen Gebiete wurde tatsächlich durchgeführt, die Rumänen zogen sich jedoch nicht von der Theiß zurück, da die Brătianu-Regierung mit den neuen Grenzen unzufrieden war, weil sie weniger erhalten hatte, als im Geheimvertrag von 1916 festgelegt worden war. Um die von Paris versprochene Zone jenseits der Theiß zu befreien, begann die Rote Armee am 20. Juli eine Offensive, mußte aber nach Anfangserfolgen vor der Übermacht den Rückzug antreten. Am 30. Juli überquerte die rumänische Armee die Theiß und stieß in Richtung auf die ungarische Hauptstadt vor. Die Rote Armee fiel auseinander, und der revolutionäre Regierungsrat trat zurück. Der offene Kampf für eine neue Welt, eine Gesellschaft im Donaubecken, in der die nationalen Gegensätze und Grenzfragen im Zusammenleben der Völker an die Peripherie verdrängt würden, war zu Ende.

 

 

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