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Die Gemarkung Eisenstadts erstreckt sich in länglicher, stark geknickter Form in Richtung N-S vom Kamm des Leithagebirges (ca. 400m) über die Wulkaniederung (152m) bis in die Bodenschwelle östlich der Wulka (160m); die ungewöhnliche Hottergestalt erklärt sich aus dem Zusammenschluß des ursprünglichen Eisenstädter Territoriums mit dem der spätmittelalterlichen Wüstung Tempfl, deren Lage an der Wulka zu suchen ist (1); Eisenstadts Gemeindegebiet reichte daher bis ins 15. Jahrhundert wohl nur bis zum Eisbach, der auch die Südgrenze des Gemeindegebietes der Nachbarsiedlung St. Georgen bildet, und glich flächenmäßig annähernd dem der Nachbarorte (2). Die Siedlung liegt in der Mitte dieses ursprünglichen Hotters am Fuße des bewaldeten Leithagebirges auf einer Stufe oberhalb des sich zur Wulka senkenden Geländes (182m).
(1) Allgemeine Landestopographie d. Burgenlandes H/2: Der Verwaltungsbezirk E. und die Freistädte E. und Rust. 1963, S. 1006 f.
(2) In der Grenzbeschreibung von Tempfl 1325 werden als Nachbarorte Trausdorf, Siegendorf, Wulkaprodersdorf, Groß- und Kleinhöflein angeführt; E.s Gemarkung grenzte daher nicht unmittelbar an Tempfl an, zwischen beiden Siedlungen gehörte ein schmaler Landstreifen im Bereich der Lobäcker zwischen Eisbach und Bundesstraße ursprünglich zu Trausdorf. Dies war der Grund für die heftigen Grenzstreitigkeiten, die nach der Wiederherstellung des verödeten Trausdorf mit Kroaten im 16. Jh. zwischen E. und Trausdorf immer wieder aufflammten und 1611 durch eine Regierungskommission geschlichtet werden mußten, ohne daß es danach zu einer endgültigen Beruhigung der Konflikte gekommen wäre.
Geologisch wird die Nordgrenze des heutigen Gemeindegebietes von einem schmalen Streifen Leithakalk begleitet, dem sich südlich Grundgebirge in Form von Phylliten und Glimmerschiefer anschließt. Südlich einer noch im Wald verlaufenden Bruchlinie kommen wieder tortonische Sedimente zum Vorschein: Im Bereich des Schloßparks sind dies vor allem fossilreiche Mergel mit sandigen Zwischenlagen, östlich davon schließen sich reiche Sande und Schotter des Untertortons an; vereinzelte Leithakalkvorkommen sind durch Bruchstaffeln verworfen, sodaß immer wieder schmale Kristallinleisten dazwischen zum Vorschein kommen. Mitten im heutigen Siedlungsgebiet verläuft der Eisenstädter Bruch in zwei Ästen, zwischen denen mergelig-toniges Unterpannon eingeklemmt ist; südlich hievon ist toniges Mittelpannon vorherrschend, an das sich die aus Lehmen und Quarz-Quarzit bestehenden Anschwemmungen der Wulka im ehemaligen Tempfler Bereich anschließen (3). Diese geologische Situation und die daraus resultierenden natürlichen Voraussetzungen erwiesen sich als günstig für die menschliche Siedlung und für eine vielseitige wirtschaftliche Nutzung: Der bewaldete Nordteil der Gemarkung bot Gelegenheit zum Sammeln von Früchten und Pilzen sowie für die Jagd, auf der Geländestufe wurde bereits frühzeitig intensiver Weinbau betrieben, das nach Süden anschließende flache Gebiet wurde zum Ackerbau, die sumpfigen Niederungen wurden für Wiesenwirtschaft und Viehweide genutzt; die Bodenschätze wurden auf verschiedene Weise (Steinbrüche, Kalkgruben, Sandgruben, Lehmgruben zur Ziegelerzeugung) ausgebeutet. Hydrologisch ist die Zone vom Südrand des Leithagebirges bis zur Bruchlinie, die durch das Siedlungsgebiet verläuft, durch große Wassermassen in verhältnismäßig geringer Tiefe gekennzeichnet: Aus zwei im Gelände des heutigen Schloßparks, ehemals inmitten der Weingärten liegenden Brunnstuben erfolgte im wesentlichen die Wasserversorgung der Burg und der Stadt mittels Rohrleitungen; dieser reiche Quellhorizont ermöglichte auch die Anlage von Teichen, ja sogar von Mühlen an dem Gerinne, das aus dem Weingartengelände nördlich und östlich der Stadtmauer in die Krautgärten und zum Eisbach führte.
(3) Allg. Landestopogr. II/1, S. 309.
Eisenstadts Gebiet weist eine mit der älteren Jungsteinzeit beginnende, bis heute durchgehende ständige Besiedlung auf, die durch zahlreiche archäologische Funde belegt und bereits im vorigen Jahrhundert Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung gewesen ist (4). Die meisten Funde der bisher fast 50 Fundstellen aus Stein-, Bronze-, Eisen-, Römerzeit, Früh- und Hochmittelalter sind bei Erdbewegungen zufällig zutage gekommen; gute Ergebnisse brachten einige planmäßige Ausgrabungen. Die Funde kamen fast durchwegs ins Landesmuseum, Objekte früherer Grabungen befinden sich aber auch in Ödenburg und Budapest (Ungarn). Die bedeutendsten dieser Fundstellen seien hier kurz angeführt: Auf dem 305m hohen Burgstallberg, einer isoliert stehenden Rückfallkuppe des Leithagebirges, wurden neben bronzezeitlichen Funden vor allem die Überbleibsel eines ausgedehnten Siedlungsareals (350×150m) aus der Hallstattkultur festgestellt; es umfaßte den Berggipfel und Teile des Südhanges. Durch Grabungen in den Jahren 1883, 1925, 1933 und 1982 konnte eine Trockenmauer aus Bruchsteinen als Subkonstruktion für einen Holzwehrbau nachgewiesen werden, an verschiedenen Stellen der Innenfläche wurden Wohnstellen mit Hüttenlehmresten, Estrichen und Feuerstellen gefunden, an Objekten kamen zahlreiche Bruchstücke von Mondidolen aus Keramik, Steinwerkzeuge u. a. zutage.
(4) K. KAUS, Funde und Fundstellen im Stadtgebiet der Freistadt und Landeshauptstadt E., in: Mitt. d. öst. Arbeitsgemeinschaft f. Ur- u. Frühgesch. 35, 1985, S. 21–44.
Besonders zahlreich sind die Fundstellen aus der römischen Kaiserzeit, deren Schwergewicht sich auf das Gelände der Martinskaserne (der ehemaligen Kadettenschule) und der anschließenden Gölbesäcker gegen St. Georgen zu konzentriert. 1903 wurde auf Betreiben des Eisenstädter Weinhändlers und Kunstmäzens Sándor Wolf auf den Gölbesäckern eine ausgedehnte römische „villa rustica” ergraben, deren Hauptgebäude, eine Peristylvilla, einen quadratischen Grundriß hatte und 30 mal 40 Meter maß; unter den Funden aus der im 2. Jahrhundert erbauten und zu Beginn des 3. Jahrhunderts umfassend renovierten und umgebauten Villa, die zu dieser Zeit im Besitze des Duumvirs T. Flavius Seianus aus Carnuntum gewesen sein dürfte, sind besonders die inschriftlichen Denkmale bemerkenswert. Aus diesen und vielen anderen Einzelfunden läßt sich das römische Siedlungsbild folgendermaßen rekonstruieren: Der Gutshof auf den Gölbesäckern war der Mittelpunkt der römischen Bebauung von Eisenstadt, er lag an einer Verbindungsstraße, die vom „vicus” in Müllendorf über Kleinhöflein, entlang der Esterházystraße, Pfarrgasse/Hauptstraße mitten durch das spätere Siedlungszentrum Eisenstadts und weiter über die Gölbeszeile und Dreifaltigkeitsstraße nach St. Georgen und Schützen/Donnerskirchen zur sogenannten Bernsteinstraße führte. Ein von Trausdorf kommender, über das Leithagebirge nach Loretto und Leithaprodersdorf führender römischer Weg kreuzte bei der Villa auf den Gölbesäckern die Verbindungsstraße. – Aus der Völkerwanderungszeit beachtenswert ist ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts ergrabener Friedhof mit über 20 Gräbern westlich des heutigen Buchgrabenweges, der auf Grund der Beigaben von Lajos Bella ins 4./5. Jahrhundert verlegt und den Goten zugeschrieben wurde. Jüngst hat Karl Kaus nach dem modernen Wissensstand der Archäologie dieses Gräberfeld für awarisch erklärt und dem 8. Jahrhundert zugewiesen (5).
(5) KAUS, Archäologische Ausgrabungen in E., in: Volk u. Heimat 1/1985, S. 2 ff.
Die mittelalterliche Siedlungsentwicklung Eisenstadts muß unbedingt im Zusammenhang mit der von Mattersburg gesehen werden: Der alte ungarische Name „Kismarton” (= Klein-Martinsdorf) steht im Gegensatz zu „Nagymarton” (= Groß-Martinsdorf [Mattersburg]). Wie die Analyse der Siedlungsstruktur und der Vergleich der Hotterausmaße zeigt, war Mattersburg tatsächlich die größere der beiden Siedlungen: Sie wies im 16. Jahrhundert 32 Lehen auf, im Vergleich zu Eisenstadt mit 28–30 Lehen (6). Das Namenspaar deutet auf etwa zeitgleiche Entstehung. Mattersburg wird urkundlich erstmals im Jahre 1202 genannt (7), nach dem Inhalt der Urkunde ist die Siedlung aber weit vorzudatieren. Für Eisenstadt kann auf Grund der Ausgrabungen im Bereich der St. Martinspfarrkirche durch A. Schmeller – hiebei wurden die Spuren einer ins 12. Jahrhundert zu setzenden romanischen Kapelle gefunden (8) – gleichfalls mit Sicherheit auf eine Entstehungszeit im 12. Jahrhundert geschlossen werden. Die Gleichsetzung Eisenstadts mit dem 1118 von Markgraf Leopold III. bei seinem Feldzug nach Ungarn eroberten „castrum quod ferreum vocatur”, die auf Grund der Namensähnlichkeit von vielen Historikern, zuletzt von J. K. Homma (9), vertreten wurde, ist jedoch abzulehnen, da zwischen 1118 und der ersten gesicherten Nennung der Namensform Eisenstadt fast drei Jahrhunderte liegen und die Eisenstädter Burg mit Sicherheit in viel späterer Zeit entstanden ist; hingegen ist die Komitatsburg Eisenburg (Vasvár), auf die sich die Annalenstelle aus 1118 beziehen dürfte, bereits um 1100 belegt.
(6) So nach den Herrschaftsurbaren von Forchtenstein aus 1589 und von E. aus 1569 und 1589 (HKA Wien, Urbarsammlung d. nö. Vizedomamtes Nr. 1185, 1187, 1189). Die ursprüngliche Lehenzahl von E. läßt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen, weil die Größe der vom Pfandherrn Hans v. Weispriach für den Bau eines Brauhauses und eines Hofstadels eingezogenen Hofmarken nicht angegeben ist.
(7) H. WAGNER, UB. d. Burgenlandes I, 1954.
(8) A. SCHMELLER, Neues zur Baugesch. d. Stadtpfarrkirche in E., in: Österr. Zs. f. Kunst- u. Denkmalpflege 8, 1954, S. 29.
(9) J. K. HOMMA, Um die älteste urkundl. Nennung E. s, in: Bgld. Hbll. 12, 1950.
Eisenstadts erste schriftliche Nennung ist ins Jahr 1264 zu setzen: Auf Grund der Entscheidung Papst Urbans IV. aus 1263 investierte Kardinalbischof Stephan von Praeneste den Kleriker Girold von Ovad, Neffen des Bischofs Timotheus von Agram, mit den vom Bischof vor seiner Erhebung innegehabten Pfründen in der Diözese Raab, darunter der „capella sancti Martini de minore Mortin” (10). Da der Ort nach dem Patrozinium benannt ist, darf man annehmen, daß diese „capella” bereits Pfarrkirche gewesen ist.
(10) WAGNER, a. a. O.
Der Umfang der ursprünglichen Dorfsiedlung kann nur aus den Urbarsdaten des 16. Jahrhunderts und im Vergleich zu den Nachbarorten erschlossen werden (11): Demnach nahm „Klein-Martinsdorf” mit rund 28–30 Bauernlehen zwischen Großhöflein (30), Kleinhöflein (36) und St. Georgen (18) eine mittlere Stellung ein, wie sie der ursprünglichen Gemarkungsgröße entsprach. Zu einem Lehen gehörten rund 30 Joch Ackerland, drei Weingartensätzen, ein Krautgarten und drei Waldlüsse, ein Zubehör, das durchaus den auch in den Nachbarorten üblichen Werten entsprach und auf einen etwa zeitgleichen Besiedelungsprozeß hindeutet. Durch Teilung der ganzen Lehen in halbe und Viertel-Höfe kam es noch vor dem Aufstieg der Siedlung zur grundherrlichen Stadt im 14. Jahrhundert zu einer starken Siedlungsausweitung; es entstanden auch viele Hofstätten (Söllnerhäuser), die nur über einen sehr geringen Grundbesitz (zumeist 1 ½ Joch Ackerland, ein Gärtlein, ein Weingartensätzl und drei kleine „Hofstattlüß”) verfügten. Die endgültige Siedlungsform, zweifellos noch vor der Erbauung der Ummauerung ausgebildet, wies drei parallele Straßenzüge auf, die jeweils im unteren (östlichen) Bereich linsen- oder schmalangerförmige Erweiterungen zeigten, in denen die großen Baublöcke des Franziskanerklosters, des Rathauses und der Pfarrkirche zum Teil erst später eingefügt wurden. Die Lehenhäuser lagen im mittleren Straßenzug (Hauptgasse) und jeweils an der dieser zugewandten Seite der beiden anderen Straßenzüge (Pfarrgasse, Klostergasse); die Hofstätten lagen an den Außenseiten der Pfarr- und Klostergasse (12).
(11) HKA, wie Anm. 6.
(12) Im Zusammenhang mit den Urbaren von 1569 und 1589 besonders wertvoll ist ein Häuserverzeichnis aus dem Jahr 1595 (Stadtarchiv E., B I-3), da es das Rathaus und die Pfarrkirche in der Reihenfolge der Häuser nennt und hieraus die bis ins 19. Jh. stets gleichbleibende Zählweise der Häuser erkennen läßt: Die Zählung begann am unteren Ende der Südseite der Hauptgasse in Richtung O-W und wurde auf der gegenüberliegenden Seite in Richtung W-O fortgesetzt; es folgte die Südseite der Klosterzeile in Richtung O-W, sodann die Nordseite derselben in Richtung W-O; dann wurde die Südseite der Pfarrgasse von unten nach oben (O-W), die Nordseite von oben nach unten (W-O) gezählt.
1371 erwirkte die Familie Kanizsai von König Ludwig I. das Recht, den zu ihrer Herrschaft Hornstein gehörigen Ort Eisenstadt (villa seu oppidum Zabamortun) mit Mauern zu befestigen; 1373 gab sie dem Ort ein grundherrliches Stadtrecht und erwirkte 1388 für ihn die Gewährung von zwei Jahrmärkten durch König Sigismund (13). Der Umstand, daß sich die Burg Eisenstadt innerhalb des städtischen Mauerringes befand, der Ort jedoch noch 1388 zur Herrschaft Hornstein gehörte, sowie die schlechte Überlieferung der städtischen Privilegien – die Urkunde aus 1373 und deren Bestätigungen 1388 und 1428 liegen nur in deutschsprachiger Version aus dem 16./17. Jahrhundert vor – hat in der Geschichtsschreibung zu unterschiedlichen Interpretationen geführt: Während Aull die Echtheit der Dokumente nicht bezweifelt und das Stadtrecht von 1373 in Beziehung zu den Stadtrechten von Stuhlweißenburg und Wien setzt, die Entstehung der Burg am Westrand der Stadt (anstelle des späteren Esterházy-Schlosses) zeitlich nicht näher eingrenzt, Semmelweis die Erbauung der Burg etwa zeitgleich mit dem Mauerring (1371) ansetzt, verlegt Ernst die Erbauung der Burg in die Zeit zwischen 1388 und 1392 (14). In der Allgemeinen Landestopographie werden schließlich vorsichtig Zweifel an der Echtheit der Urkunden angemeldet; hiebei scheinen vor allem folgende „Ungereimtheiten” Anlaß gegeben zu haben: Erst fünfzehn Jahre nach der Stadterhebung wird dem Ort das Recht zur Abhaltung von Jahrmärkten gewährt; 1373 ist die Rede von „Burggrafen von Hornstein und Eisenstadt”, während der Ort selbst „Wenig Mertesdorf” genannt wird.
(13) Urkundentexte bei K. PUFF, Die Privilegien d. Freistadt E. 1371–1810. Masch. phil. Diss., Wien 1948. – E.s Geschichte, Siedlungsentwicklung, Kunstgeschichte usw. sind seit mehr als einem halben Jahrhundert durch viele Einzelarbeiten und zusammenfassende Werke ausgezeichnet erschlossen. Die vorliegende Darstellung fußt weitgehend auf diesen Arbeiten, deren wichtigste angeführt seien: O. AULL, E. Ein Führer durch seine Geschichte und Kunst, 1931. – A. CSATKAI-D. FREY, Die Denkmale d. polit. Bezirkes E. und der Freien Städte E. und Rust. (ÖKT XXIV, 1932). – K. SEMMELWEIS, E. Ein Führer durch die Landeshauptstadt d. Burgenlandes, 1. Aufl. 1950, 5. Aufl. 1975. – Allg. Landestopogr. H/1: Der Verwaltungsbezirk E. und die Freistädte E. und R., 1963 (hierin vor allem die Beiträge von O. GRUSZECKI, Die Freistadt E., und A. ERNST, Siedlungs- und Herrschaftsgeschichte). – HOMMA, Landeshauptstadt E., in: Österr. Städtebuch 2: Die Städte des Burgenlandes, hrsg. von H. KNITTLER, 1970. – Im folgenden werden diese Standardwerke nur dann zitiert, wenn der Verfasser aufgrund von Quellenstudien zu einer abweichenden Auffassung gekommen ist.
(14) ERNST, Der Hoftag in E., in: MÖStA 14, 1961, S. 81–87.
Die Ergebnisse einer 1983 durch K. Kaus durchgeführten Grabung im Hof des Schlosses Esterházy (15) zwingen zu einer Neuüberdenkung der mittelalterlichen Geschichte Eisenstadts: Demnach wurde die Burg nicht, wie bisher angenommen, als Vierflügelbau nach 1371 beziehungsweise vor 1392 errichtet, sondern bestand aus einem zentralen Saalbau mit Mantelmauer; der ostwestorientierte Saalbau (Palas) lag auf dem Gelände des heutigen Schloßhofes, an den vier Ecken der etwa quadratischen Mantelmauer standen sich zwei runde und zwei eckige Türme diagonal gegenüber. Diese Wehrmauer samt den quadratischen Nordost- und Südwesttürmen und den runden Südost- und Nordwesttürmen ist, wie schon bisher bekannt (16), in der Bausubstanz des barocken Schloßbaus von 1663/1672 erhalten geblieben, während der Zentralbau damals zur Gänze abgetragen wurde. Die Entstehung dieser Burganlage wird ins frühe 14. oder sogar ins späte 13. Jahrhundert datiert. – Wie läßt sich dieser archäologische Befund mit den Angaben der schriftlichen Quellen vereinbaren? Mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit ist dies doch möglich: Die Namensformen Eisenstadts zwischen 1296 und 1371 (Mortunzzabou, Zabemortun, Zabamortun) deuten darauf hin, daß der Ort bereits 1296 eine Sonderstellung genoß; das Beiwort zum Heiligennamen ist mit „szabad”, dem ungarischen Wort für „frei”, in Zusammenhang zu bringen, der Ort genoß daher bereits im 13. Jahrhundert gewisse „Freiheiten”. Darunter kann nur das Marktrecht verstanden sein, das schon vor der Jahrmarktverleihung 1388 durch die Bezeichnung „villa seu oppidum” 1371 belegt ist; 1378 wird das „forum comprovinciale” von Eisenstadt als Gerichtstermin genannt (17), dieser Jahrmarkt fand am 4. September statt, nach den unmittelbar aufeinanderfolgenden Jahrmärkten von Tschapring/Csepreg und Ödenburg/Sopron. 1296 gehörte Eisenstadt der Familie Gutkeled, und zwar dem sich nach St. Margarethen (Mayad) benennenden Zweig des mächtigen Geschlechts. 1300 teilten die Brüder Ladislaus und Johann dieser Familie ihre Erbbesitzungen, wobei an Ladislaus die Orte St. Margarethen, St. Georgen, Oslip und Mörbisch sowie die Hälfte von Család fielen, während Johann Eisenstadt, die andere Hälfte von Család und Borsonuch an der Drau zugesprochen erhielt (18). Es erscheint plausibel, daß Johann seinen Wohnsitz am wichtigsten und größten Ort seines Besitzes aufschlug und sich in Eisenstadt eine Burg erbaute; vielleicht kann man auch den Umstand, daß Eisenstadt samt dem unbedeutenden Besitz an der Drau als Äquivalent zu den vier großen Siedlungen im Besitz Ladislaus' angesehen wurde, als Indiz dafür werten, daß sich hier bereits ein ansehnlicher Herrensitz befand. Dieser dürfte nach dem Aussterben der Gutkeled und dem Rückfall Eisenstadts an die Krone so desolat gewesen sein, vielleicht auch in den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Ungarn in den Dreißigerjahren des 14. Jahrhunderts so sehr beschädigt worden sein, daß Stefan Laczkffy, der das von den Österreichern besetzte Leithagebirge für Ungarn zurückeroberte, an strategisch günstigerer Stelle um 1340 die Burg Hornstein als neuen Herrschaftsmittelpunkt baute, dem die vielen an die Krone zurückgefallenen Streubesitzungen in der Umgebung, darunter auch Eisenstadt, angeschlossen wurden. 1364 fiel die Herrschaft Hornstein an die Kanizsai, die bestrebt waren, Eisenstadt anstelle des zu exzentrisch gelegenen Hornstein zum Zentralort ihres bis zu Beginn des 15. Jahrhunderts ständig anwachsenden Besitzkomplexes im Westen des Komitats Ödenburg zu machen. Diesem Zwecke diente nicht nur die Ummauerung des Marktortes 1371 und die Begabung desselben mit grundherrlichen Stadtrechten 1373 sowie die Erwirkung von Jahrmarkts- und Freihandelsbefugnissen (1388, 1372, 1390 usw.), sondern auch der Ausbau des verfallenen Herrensitzes zu einer repräsentativen Residenz gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Der Bau der Mantelmauer mit den vier starken Ecktürmen ist daher wohl in diese Zeit zu verlegen (19). In dieser Betrachtung findet auch der Umstand, daß die Eisenstädter Burg und deren engerer Bereich mit Meierhof, Hofstall, Hofstadel und anderen allodialen Zweckbauten innerhalb der städtischen Ringmauer lagen, obwohl sich ihr Rechtsbereich stets von dem des städtischen Burgfrieds abhob, eine einleuchtende Erklärung. Die Entstehung von Stadtburgen innerhalb der Stadtmauern ist ja auch in Österreich zeitlich immer vor dem Stadtmauerbau anzusetzen.
(15) Wie Anm. 4 und 5.
(16) Vgl. den Baualterplan von A. KLAAR im Bundesdenkmalamt.
(17) Text der bisher von der Forschung übersehenen Urkunde bei D. SÜMEGHY, Sopron vármegye leveltárának oklevél-gyűjteménye I: Közepkori oklevelek (1236–1526), Sopron 1928, S. 79 Nr. 43.
(18) I. LINDECK-POZZA, UB. d. Burgenlandes II, 1965, S. 331 f. Nr. 476.
(19) Diese Ansicht vertritt auch J. SEEDOCH, Zur Geschichte E.s. Von der Hallstattsiedlung zur Landeshauptstadt, in: ÖGL 4/30, 1986, S. 217.
Die Stadtrechtsurkunde aus 1373, ihre Bestätigung 1388 durch Erzbischof Johannes von Gran als Grundherrn, sowie die neuerliche Bestätigung der erzbischöflichen Urkunde durch Ladislaus Kanizsai 1428 sind nicht im Original erhalten geblieben; offensichtlich sind die Originale bei einem der vielen Stadtbrände zugrundegegangen (vielleicht 1589). Die in Abschriften des späten 16. Jahrhunderts vorliegenden, im Libell Kaiser Matthias' 1611 bestätigten und inserierten Texte in deutscher Sprache sind Übersetzungen der ursprünglichen lateinischen Originale, die sprachlich ins 15. Jahrhundert verweisen (20). Im einzelnen bestimmt die Urkunde aus 1373, daß die Bürger aus der Befehlsgewalt der Burggrafen von Hornstein und Eisenstadt ausgenommen werden, daß sie nach ihrem eigenen Willen Bürgermeister, Richter und Zwölfer (Rat) einsetzen dürfen, wie dies in anderen Städten im Lande gebräuchlich sei, daß sie die Gerichtsbarkeit über alle Angelegenheiten, „die mindern und die größeren”, innerhalb der Bürgerschaft erhalten, auch bei Vergehen, die von Bürgern außerhalb der Stadt im Herrschaftsbereich der Kanizsai verübt werden; als Apellationsinstanz bleibt allerdings die Grundherrschaft zuständig. Für zehn Jahre erhält die Stadt Abgabenfreiheit, nach deren Verlauf wird die jährliche Abgabe von 70 Pfund Pfennig je zur Hälfte zu Georgi und Michaeli festgesetzt, die von der ganzen Stadt „innen und außen”, „von Christen und Juden”, das heißt vom ganzen Stadtterritorium und von allen Stadtbewohnern insgesamt, der Herrschaft gereicht werden muß. Freier An- und Abzug wird zugesagt. Die Bürger werden von der Entrichtung einer Beisteuer zu den Hochzeiten von Mitgliedern der Grundherrenfamilie befreit, außer sie geben freiwillig eine Ehrung. Beim Besuch der Grundherrenfamilie in der Stadt muß das herrschaftliche Personal im öffentlichen Gasthaus auf eigene Kosten Quartier beziehen. Heiraten von Bürgerkindern oder -witwen sollen ohne Einflußnahme der Herrschaft vereinbart werden.
(20) Bei den späteren Abschriften wurden einige Worte der Textvorlage des 15. Jhs. nicht mehr verstanden bzw. falsch gelesen: So lautet der Titel des Urkundenausstellers von 1388, Johannes Kanizsai, hier „Bischoff ze Erla unnd der wertter Erzbischoff ze Gran” statt richtig „bischolf ze Erla und erwölter erzbischolf ze Gran”. Auf die Übersetzung des lateinischen Originals deutet auch die Verwendung der Namensform „zu dem Wenigen Mertestorff” anstelle des in lateinischen Urkunden zumeist gebrauchten, ungarischen „Kismarton”; im deutschen Sprachgebrauch werden Größenattribute zu Ortsnamen nie im Komparativ, sondern immer im Positiv gebraucht – die alte deutsche Namensform für das ungarische „Kismarton” kann daher nur „Klein-Mertesdorf” gelautet haben. Da aber bereits 1373 die Form „Eisenstadt” (Burggraf zu Hornstein und „Eisnemstat”) gebräuchlich war, war die alte deutsche Namensform zur Zeit der Übersetzung des lateinischen Originals im 15. Jh. wohl schon vergessen; so wurde die in Wahrheit nie verwendete Form „zu dem Wenigen Mertestorff” konstruiert. Sprachlich läßt sich der in der Orthographie des 16./17. Jhs. verunstaltete deutsche Text eher in die zweite Hälfte des 15. Jhs. einordnen, auf keinen Fall weist er die für 1373 angemessene Altertümlichkeit auf.
Beim späteren Kampf um die städtische Autonomie gegen die Pfandherren der Herrschaft Eisenstadt und die Amtsleute der Kammerherrschaft im 16. Jahrhundert wurde als Argument für den Rechtsanspruch der Stadt auf ein eigenes Landgericht (Halsgericht, Blutbann) stets auf den Punkt des Stadtrechts verwiesen, der die Gerichtsbarkeit über die geringeren und größeren Straffälle betraf (21). Tatsächlich beweisen einige Schriftstücke des frühen 15. Jahrhunderts, daß die Bestimmungen des Stadtrechts von 1373 verwirklicht wurden: Bürgermeister, Richter und Rat der Stadt werden öfters genannt (22), die Gefangennahme von Dieben und Münzfälschern und deren Aburteilung durch die Stadt ist 1412 und 1415 nachzuweisen (23); da dies zu den Schwerverbrechen gezählt wurde, die mit der Hinrichtung zu bestrafen waren, wird hiedurch die Ausübung der Blutgerichtsbarkeit durch die Stadt bestätigt.
(21) Stadtarchiv E., C I, II, V, passim.
(22) J. HÁZI, Sopron sz. kir. város története. Oklevéltár I/2, Sopron 1923, Nr. 102, 104,385. – Älteste Namensnennungen 1461: Bürgermeister Jörg Annger, Fleischhauer, Richter Tänkchl (Stadtarchiv Wiener Neustadt, Scrin. N Nr. 247).
(23) HÁZI, a. a. O., Nr. 102. – Stadtarchiv E., G 347.
Die wirtschaftliche Basis Eisenstadts bildete einerseits der Weinbau, andererseits erlangten Handwerk und Handel Bedeutung. Für die Wertschätzung des Eisenstädter Weines spricht, daß Kaiser Sigismund, der seit 1392 öfters in Eisenstadt als Gast der Kanizsai weilte (24), Eisenstädter Wein auch auf seiner Hoftafel genoß (25). Zwar erst für das 16. Jahrhundert nachweisbar, jedoch sicherlich weit ins Mittelalter beziehungsweise in die Stadtgründungszeit zurückreichend, war der vom Rentmeister der Kammerherrschaft 1609 als im ganzen Land (Niederösterreich) einmalig bezeichnete Brauch, daß die Stadtbewohner von ihren auf städtischem Territorium liegenden Weingärten der Grundherrschaft kein Bergrecht, anstelle dessen nur einen geringen Geldbetrag an die Stadt abführten, auswärtige Weingartenbesitzer hingegen von ihren Eisenstädter Weingärten das Bergrecht in natura (Most) der Grundherrschaft abliefern mußten (26). Mit dem Produkt des zur Zeit seiner größten Ausdehnung im 15. Jahrhundert etwa 400 Viertel (rund 170 ha) umfassenden Weingebirges, von dem sich stets mindestens zwei Drittel bis drei Viertel im Besitz der Stadtbürger, Gemeinde, Pfarre und anderer städtischer Insitutionen befanden (27), wurde bereits im 14. Jahrhundert ein lebhafter Fernhandel betrieben. 1372 gewährte König Ludwig I. den Orten der Herrschaft Hornstein (darunter Eisenstadt) das Recht, ihren Eigenbauwein gleich den Ödenburgern frei nach Mähren, Böhmen und Polen verkaufen zu dürfen, 1395 und 1396 bestätigte Sigismund dieses Privileg; 1394 sicherte der Preßburger Stadtrichter Paul Spitzer den Eisenstädter Bürgern zu, ihren Wein gleich den Ödenburgern ungehindert durch Preßburg nach Norden führen zu dürfen.
(24) U. a. 1413, 1416 (HÁZI, a. a. O., Nr. 84, 118).
(25) HÁZI, a. a. O., Nr. 252.
(26) Stadtarchiv E., C I 7.
(27) Ebda., B VII 1 ff. (Bergbücher von E. ab 1589). Ein 1589 verbranntes Bergbuch von 1435 wies außer den im 16. Jh. genannten Rieden noch zwei im 16. Jh. bereits verödete und vom Wald überwachsene Weingartenriede auf: Magerhardt, Rohrgraben (ebda., B VI 3).
Für Handwerk und Handel bildeten die Gewährung von zwei Jahrmärkten zu Johannis Enthauptung (29. August) und Lamberti (18. September) im Jahr 1388, die Befreiung vom Dreißigstzoll für die Eisenstädter Händler bei der Reise durch Ödenburg auf die ungarischen Städte und Märkte (1390), Maut- und Dreißigstbefreiungen, die ab 1397 immer wieder durch König Sigismund beziehungsweise Königin Barbara gewährt oder bestätigt wurden, die Grundlage (28); der 1378 erwähnte Jahrmarkt am Samstag vor Mariä Geburt wird später nicht mehr erwähnt, er dürfte abgekommen sein.
(28) Stadtarchiv E., A I. – Urkundentext bei PUFF (wie Anm. 13).
Die bedeutendste bauliche Leistung Eisenstadts im 14. Jahrhundert war die Errichtung der Ringmauer, die 1371 begonnen wurde und bald darauf weitgehend fertiggestellt worden sein dürfte; 1373 ist bereits von den Mauern die Rede, 1388 wird Eisenstadt als „mit Mauern stark befestigt” (murorum munimine vallata) bezeichnet, 1390 als „befestigte Stadt” (civitas munita). Die im 19. Jahrhundert noch zum größeren Teil erhaltene Ringbefestigung wies eine zinnengekrönte, mindestens vier Klafter (7 1/2 m) hohe Hauptmauer (29) mit einer vorgelegten niedrigeren Zwingermauer auf und war von einem breiten Graben umgeben; sie hatte zwei starke, mit Türmen bewehrte und mit Zugbrücken versehene, über den Stadtgraben führende Doppeltore, deren unteres, in Richtung Neusiedl/Preßburg weisendes, immer im unzweifelhaften Besitz der Stadt war, während das obere Tor, die direkt neben der Burg gelegene „Rote Porten”, samt dem im engeren Bereich der Burg liegenden Abschnitt der Stadtmauer, im 17. Jahrhundert Gegenstand heftiger Besitzstreitigkeiten zwischen den Burginhabern und der Stadt bildete. Ob die Stadtmauer schon im 14. Jahrhundert mit Basteien oder Mauertürmen bewehrt war, wissen wir nicht und läßt sich aus dem späteren Baubefund nicht mehr rekonstruieren. Es ist jedoch anzunehmen, daß an den markantesten Mauerknicken im Südwesten, im Bereich der Pfarrkirche im Süden sowie im Nordosten schon im Mittelalter Verstärkungen angebracht waren; die Nordwestecke war durch die hier liegende Burg, der Ostverlauf der Mauer durch die Torbauten stark befestigt und gesichert. Jedenfalls schien die Eisenstädter Stadtbefestigung den Menschen des ausgehenden 14. Jahrhunderts stark genug, der Siedlung den neuen deutschen Namen Eisenstadt (”zu der Eisnenstat”) zu geben, der auch in lateinischen Schriftstücken (civitas ferrea) neben der weiterhin gebräuchlichen ungarischen Namensform Kismarton allmählich angewendet wurde. Der strategisch ungünstige Bereich der Stadtmauer im Nordverlauf, wo der zwischen Mauer und Haussätzen (Weingärten) liegende Stadtgraben durch Regengüsse leicht verschlemmt und verschüttet werden konnte, wurde durch Erbauung eines Franziskanerklosters innerhalb der Mauer gesichert; die Gründung dieses 1414 erstmals urkundlich genannten, 1420 von den Kanizsai gut dotierten Klosters durch Johannes Kanizsai, den Bischof von Erlau und nachmaligen Erzbischof von Gran und Reichskanzler, bereits im Jahre 1386, wurde erst vor kurzem von P. Arnold Magyar mit glaubwürdigen Argumenten nachgewiesen (30). Dieses Kloster wurde im 16. Jahrhundert säkularisiert, zeitweilig als Bürgerspital verwendet, schließlich durch Nikolaus Esterházy 1629 wiedererrichtet und baulich adaptiert. Die gotische Klosterkirche, im Mauerwerk der heutigen Kirche zum Teil noch erhalten, übertraf die alte Pfarrkirche St. Martin bei weitem an Größe; 1778 erhielt die Kirche durch den Anbau eines Frontalturmes anstelle des früher über dem Presbyterium stehenden Dachreiters ihre endgültige Ausgestaltung. 1455 schenkte Kaiser Friedrich III., in dessen Besitz Herrschaft und Stadt Eisenstadt zwei Jahre zuvor aus der Hand seines Bruders Albrecht VI. gelangt waren, der Stadt mehrere Weingärten in Eisenstadt, St. Georgen und Rust, damit sie mit dem Verkaufserlös die Mauern und Befestigungswerke reparieren und ausbauen könne (31); indirekt erfahren wir, daß damals bei der Pfarrkirche bereits ein Frühmeß-Benefiz bestand. Die Martinskirche war schon 1417 durch die Stiftung der edlen Frau Anna, Tochter des Johannes, Sohnes des Sebewk (Seebeck, Scheweck) von Kimling, Witwe nach Rudolf Luchar, mit Besitzungen in Donnerskirchen, Parndorf und Hofa. L. reich begabt worden (32), welche Besitzungen der Pfarre später allerdings wieder abhanden kamen. Die Existenz mehrerer Benefiziate und einer Schulinstitution im Pfarrkirchenbereich ist für das frühe 15. Jahrhundert anzunehmen, bis zum Durchgreifen der Reformation stieg die Zahl der Benefizien auf elf an. 1463 wurde unter Johann Siebenhirter, kaiserlichem Küchenmeister und Großmeister des St.-Georgs-Ritter-Ordens, dem die Herrschaft Eisenstadt von Kaiser Friedrich verpfändet worden war, mit dem Bau einer neuen, großen, den Bedürfnissen einer Stadt entsprechenden Pfarrkirche anstelle der früheren begonnen. Der Bau zog sich mit Unterbrechungen bis ins frühe 16. Jahrhundert hin, zu seiner Unterstützung wurden öfters päpstliche Ablaßdekrete erlassen (1468,1500); von den geplanten Türmen der Westfassade wurde nur der mit vier Ecktürmchen im spätgotischen Festungsstil erbaute Nordturm 1522 fertiggestellt. Im großen Stadtbrand 1589 stürzte das Langhausgewölbe der dreischiffigen Hallenkirche ein und wurde erst unter Nikolaus Esterházy 1629/30 wiederhergestellt und überdacht. Von der Stadtmauer und der durch die Umbauten des 17. und 18. Jahrhunderts bis zur Unkenntlichkeit veränderten gotischen Franziskanerkirche abgesehen bildet die Pfarrkirche St. Martin (heute: Dom) das einzige Bauwerk aus gotischer Zeit, das im Stadtbild von Eisenstadt bis heute im wesentlichen in seinem ursprünglichen Aussehen erhalten blieb. Die im Friedhofsgelände zwischen der Kirche und der Stadtmauer 1501 fertiggestellte St. Michaelskapelle, deren unteres Geschoß als Karner diente, wurde im 16. Jahrhundert zeitweilig als Getreidekasten verwendet, nach dem Stadtbrand 1589 auch als Ersatzkirche für die zerstörte Pfarrkirche, schließlich 1804 abgerissen (33).
(29) So hoch waren die Stützpfeiler, die 1787 an der Mauer angebracht wurden.
(30) P. Arnold MAGYAR O. F. M., Schicksal eines Klosters. Das erste Franziskanerkloster von E., im Rahmen der Geschichte der Marianischen Ordensprovinz 1386–1625. (Bgld. Forschungen 60, 1970).
(31) Stadtarchiv E., A I 10.
(32) Ebda., A I 34. Der Name der Stifterin wurde in der Literatur bisher unrichtig angegeben.
(33) So nach SEMMELWEIS, a. a. O. – GRUSZECKI, a. a. O. bringt als Abbruchsjahr 1801.
Ein besonderes Bevölkerungselement von Eisenstadt bildeten die schon am Ende des 13. Jahrhunderts hier nachweisbaren Juden; 1373 werden sie in der Stadtrechtsurkunde genannt, 1388 gewährt König Sigismund dem Erzbischof Johannes Kanizsai als Grundherrn das Recht, in der Stadt ausländische Juden anzusiedeln und die von diesen dem König zu entrichtenden Abgaben selbst einzuheben. Die Eisenstädter Judenschaft, die am Ende des 15. Jahrhunderts einen Zuzug aus Wiener Neustadt, 1526 einen solchen aus Ödenburg erhielt, siedelte ursprünglich auch unter der Bürgerschaft, konzentrierte sich aber wegen der Konkurrenzsituation zur Christengemeinde und den hieraus erfolgenden Anfeindungen, vor allem aber wegen der Konflikte, die wegen der Jurisdiktionszuständigkeit über die Juden zwischen der Stadt und der Grundherrschaft seit dem 16. Jahrhundert immer wieder aufflammten, schließlich in einem ghettoförmig geschlossenen Bereich im Anschluß an die städtische Siedlung gegen die Burg zu. Die Frage der Judengerichtsbarkeit wurde im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts neben der Zugehörigkeit des oberen Stadttores zum Hauptkristallisationsfaktor eines territorial geschlossenen Burgbereiches, des „Schloßgrundes”, der sich vom Burgfried der Stadt scharf abhob. Den Juden waren der Handel mit bestimmten Produkten und bestimmte Handwerksarbeiten erlaubt, wegen der Anfeindung durch die christlich-bürgerlichen Handelsleute der Stadt waren sie aber auf den „Schutz” des Burgherrn angewiesen.
Einen weiteren Hauptpunkt im städtischen Autonomiebestreben gegen die Inhaber der Burgherrschaft im 16. und 17. Jahrhundert bildete die Behauptung beziehungsweise Erlangung der Blutgerichtsbarkeit für den Bereich des Stadtburgfrieds. Hatte zunächst Kaiser Maximilian II. 1567 zugunsten des Pfandherrn Hans v. Weispriach entschieden, so gewährte er 1573, ein Jahr nach Übernahme der Herrschaft Eisenstadt in die direkte Verwaltung der Niederösterreichischen Kammer, der Stadt die Beibehaltung des Halsgerichts, soweit sie dieses bereits bisher genossen hatte; ab diesem Zeitpunkt wurde der am Neujahrstag gewählte Stadtrichter vor die Niederösterreichische Regierung geladen, um den Eid abzulegen und „Bann und Acht” (die Landgerichtsbefugnis) zu empfangen. Schloßhauptmann Seifried v. Kollonitsch erblickte hierin eine Beschneidung der Herrschaftsrechte und erreichte, daß Kaiser Rudolf II. 1581 unter der Behauptung, die Landgerichtsgewährung 1573 sei nur auf Wohlgefallen des Kaisers und bis auf Widerruf („ad tempus”) erfolgt, der Stadt die Gerichtsbefugnis entzog und wieder der Herrschaft übertrug (34). 1602 suchte die Stadt zuerst bei Erzherzog Matthias um die Wiederverleihung des Blutbanns an, wandte sich nach Ablehnung des Ansuchens durch die Regierung auf Grund der Stellungnahme der herrschaftlichen Amtsleute an den Kaiser und erreichte schließlich, daß Kaiser Rudolf II. 1607 ihr das Landgericht für den Bereich ihres Burgfrieds wieder übertrug. Die angeordnete genaue Vermessung des Burgfrieds verzögerte sich aber wegen der Grenzstreitigkeiten mit den Nachbarorten Trausdorf und Kleinhöflein bis 1611, der Konflikt mit den Schloßamtsleuten über Besitz und Eigentum des vor den Lobäckern an der Trausdorfer Straße stehenden Hochgerichts (Galgens) führte schließlich dazu, daß die Stadt mit höchster Genehmigung im Bereich der städtischen Heidl-Weide (in der Nähe der Ödenburger Straße) um 1618/19 ein eigenes städtisches Hochgericht erbaute; das ältere Hochgericht blieb hinkünftig den Herrschaftsinhabern vorbehalten (35).
(34) Stadtarchiv E., K 1 ff., G 358 f. – Rudolf II. hat 1581 das E.er Landgericht nicht bestätigt, wie AULL und – ihm folgend – die gesamte Literatur bisher behauptet hat.
(35) Zur Landgerichtsfrage: Stadtarchiv E., C I, passim; G 346 ff.
Nach den ersten Türkenzügen gegen Wien 1529 und 1532, bei denen die Stadt, die auch als Standplatz eines Kreutfeuers vorgesehen war, im Gegensatz zu den umliegenden Orten glimpflich davon kam, wurden die Wehranlagen (Mauern, Tore, Türme) wieder ausgebessert, im Nordosteck eine kleine Bastei (der sogenannte Pulverturm), beim unteren Tor und an der Südspitze der Mauer außerhalb des Friedhofs große Basteien in Renaissancemanier erbaut (36). Beide Stadttortürme und die Basteien wurden mit Kanonen bestückt.
(36) Die große Bastei beim unteren Turm wird 1621 genannt; Matthias Greischer verzeichnet in seinem um 1689 entstandenen E.-Stich an der Südwestecke der Stadtmauer eine basteiähnliche Ausbuchtung, doch konnten für diese Bastei im Stadtarchiv bisher keinerlei Hinweise gefunden werden.
In der Stadtverwaltung trat nach Abschaffung des Bürgermeisteramtes durch den Pfandinhaber der Herrschaft, Moritz v. Fürst, um 1545 ein Wandel ein. Eine von der Regierung eingesetzte Streitschlichtungskommission gestand zwar 1549 der Stadt zu, einen Bürgermeister zu wählen, der jedoch nicht wie der Stadtrichter von der Abgabenpflicht (Georgi-und Michaeli-Dienst) an die Herrschaft befreit sein sollte (37); die Stadt verzichtete hierauf auf die weitere Besetzung dieses von der Regierung als nutzlos bezeichneten Amtes, richtete sich hingegen in einem ehemaligen Viertellehenhaus ein Rathaus ein (noch vor 1569). Die Stadtverwaltung wurde künftig vom jährlich gewählten Richter mit dem aus zwölf Mann bestehenden Inneren Rat (Senat) und dem gleichfalls aus zwölf Mann bestehenden Äußeren Rat besorgt, aus deren Reihen die höheren Stadtämter (Kämmerer, Kirchenvater, Waisenvater, Stadthauptmann, Schulaufseher usw.) besetzt wurden und dem auch der „Vormund” (tribunus plebis) als Vertreter der Bürgerschaft (Gesamtgemeinde) angehörte. Das erste Eisenstädter Rathaus, für das der Georgi- und Michaeli-Dienst weiterhin der Herrschaft zu entrichten war, stand auf der Südseite der Hauptgasse schräg oberhalb des späteren Rathauses, beim Pfarrgaßl (38). Auf dem davor befindlichen, „Platz” genannten Teil der Marktgasse (Marktzeil, Hauptgasse), auf dem die städtischen Märkte abgehalten wurden, errichtete die Stadt um 1580 einen Pranger in spätgotisch-frührenaissanceartigem Mischstil; 1813 wurde der Pranger auf die Leinwandbleich vor die Stadtmauer versetzt und ist seither verschwunden.
(37) Stadtarchiv E., C II 17.
(38) Die Lokalisierung erfolgt aufgrund der in Anm. 12 vorgebrachten Fakten.
Größere bauliche Änderungen gab es im 16. Jahrhundert im Burgbereich: Moritz v. Fürst, der außerhalb des Nordverlaufs der Stadtmauer mehrere Fischteiche errichtet hatte, mußte diese nach dem Protest der Stadt auf Befehl der Regierung wieder zuschütten. Pfandherr Hans v. Weispriach (1553–1571) ließ innerhalb der Stadtmauer an der Stelle ehemaliger Stadthäuser ein herrschaftliches Brauhaus und einen Hofstall errichten (in der Nähe des alten Meierhofs, der innerhalb der Südwestecke der Stadtmauer lag). Der unmittelbar unterhalb des oberen Stadttores an der Stadtmauer liegende „alte Saal”, den Paul Esterházy im 17. Jahrhundert abreißen ließ, ist wahrscheinlich auch im 16. Jahrhundert erbaut worden. Hinter der Burg und dem oberhalb der Stadtmauer liegenden „Pelzgarten” (Baumschule) legte Hans v. Weispriach einen Tiergarten an, in dem eine Mühle und ein Fischteich standen; für die Überlassung der hier befindlichen Haussätzen (Weingärten) zur Anlage des Tiergartens ließ er den betreffenden Bürgern die Zahlung des Michaeli-Dienstes nach, Kaiser Maximilian II. bestätigte 1573 diese Vereinbarung (39). Vor der Ostmauer der Stadt bestand außerhalb des Stadtgrabens damals bereits der Schwemmteich (Roßteich, Roßschwemme); er wurde von dem aus dem Tiergartenteich kommenden und in die Krautgärten vor dem unteren Stadttor abfließenden Bächlein gespeist. Der Schwemmteich diente vor Errichtung der städtischen „Waschstatt”, unterhalb der Waschstattsätzen, auch als Waschstätte.
(39) Stadtarchiv E., C I 1.
Nachhaltige Spuren im Eisenstädter Stadtbild hinterließ die Bautätigkeit des 17. Jahrhunderts; durch sie wurden die Bauten des 16. Jahrhunderts fast gänzlich überschichtet oder beseitigt. Freilich trug dazu auch der verheerende Stadtbrand, der am 16. August 1589 im Wohnhaus des herrschaftlichen Gegenschreibers Andre Dallinger in der Pfarrgasse ausbrach (40), entscheidend bei; der Brunst fielen nicht nur der Großteil der Bürgerhäuser, sondern auch Pfarrkirche, Glocken, Badhaus, Fleischbänke, Schulhaus, Stadttore und -türme sowie das Rathaus samt dem Archiv zum Opfer. Dieses landesweit Aufsehen erregende Ereignis bewirkte eine deutliche Verarmung der damals bereits auf rund 170 Häuser angewachsenen Stadt und eine vorübergehende Stagnierung ihrer Entwicklung; die größtenteils verkohlten „Stadtfreiheiten” mußten von den Stadtschreibern in mühsamer, jahrelanger Arbeit rekonstruiert werden. Während des Türkenkrieges von 1593–1606 wurde die Stadt immer wieder durch militärische Einquartierung belästigt, 1605 fand vor dem unteren Stadttor ein Scharmützel mit den Heiducken Bocskays statt, das von der Bürgerschaft einen hohen Blutzoll forderte. Diese Leiden der Stadt wurden als Begründung für die Bestätigung der Stadtrechte durch die Herrscher Matthias I. 1611 und Ferdinand II. 1621, aber auch für die Neuverleihung von Weinhandelsprivilegien durch Österreich (1611) und für die Gewährung eines zweiten Jahrmarktes zu dem bereits bestehenden Herbstmarkt zu Matthäi (21. September) am Montag nach Oculi (3. Fastensonntag) im Jahr 1623 durch Ferdinand II. angeführt. 1655 bewilligte Ferdinand III. der nunmehrigen Freistadt zu diesen beiden Jahrmärkten noch zwei Jahrmärkte, am Montag nach Exaudi (Pfingstwoche) und Petrikettenfeier (1. August), sowie einen Wochenmarkt am Samstag; diese Markttermine wurden 1744 durch Maria Theresia, 1810 durch Franz I. bestätigt und hatten noch zur Mitte des 19. Jahrhunderts Gültigkeit.
(40) Ebda., C I 22. Der obere Teil der Pfarrgasse erhielt von diesem Großfeuer die bis ins 19. Jh. gebräuchliche Bezeichnung „Brandstatt”.
Das zweite Drittel des 17. Jahrhunderts war gekennzeichnet durch eine außerordentliche wirtschaftliche Prosperität; hieran hatten vor allem einige aufeinanderfolgende mengen- und qualitätsmäßig hervorragende Weinjahre Anteil. Durch den Weinhandel, dessen Schwergewicht sich nach Schlesien verlagerte, kam Kapital in die Stadt und wurde die Ausbildung einer wohlhabenden Patrizierschicht gefördert (41), in der wir neben Weinhändlern italienische Kaufleute (42), ehemalige Herrschaftsbeamte (43) und andere, durchwegs bereits in den Adelsstand aufgestiegene Personen antreffen. In der Pacht des Tatzes, der landesfürstlichen Getränkesteuer, durch die Stadt (1632) kommt das Streben nach Erweiterung der Unabhängigkeit zur Geltung (44). Das differenzierte Handwerk beginnt sich zu organisieren und bildet selbständige Zünfte.
(41) Im Jahr 1637 ertrug der Zehent der „zwei besten Keller” in E. z. B. 277 1/4 Eimer; die beiden größten Weinbaubetriebe ernteten daher in diesem Jahr zusammen 2.772 1/2 Eimer, das sind 2.143 hl. (Ungar. Staatsarchiv, Fürstl. Esterházysches Familienarchiv, Esterházy Miklós nádor iratai Fasc. e).
(42) U. a. die Familien Asole, Menegatti, Bonetti (Wonneth).
(43) Z. B. die Familien Eschenbeck, Eisfort, Rudhardt, Müller, Vieröggl.
(44) H. PRICKLER, Die doppelte Zapfenmaß in den kaiserlichen Herrschaften Forchtenstein und E. im 16. und 17. Jh., in: Bgld. Hbll. 42, 1980, S. 142 ff.
Als 1647 Kaiser Ferdinand III. dem ständigen Drängen der ungarischen Stände nachgab und die im 15. Jahrhundert an das Haus Habsburg „verpfändeten”, im Friedensvertrag von 1491 zwar territorial bei Ungarn belassenen, in der Folgezeit jedoch von den österreichischen Zentralbehörden verwalteten und von Österreich besteuerten Herrschaften Ungarn wiedereinverleibte und die seit 1622 im Pfandbesitz Nikolaus Esterházys befindliche Herrschaft Eisenstadt diesem ins Eigentum übertrug, nützte die Stadt die Gelegenheit, sich durch Bezahlung von 16.000 fl. und Lieferung von 3.000 Eimer Wein im Wert von 9.000 fl. an den Kaiserhof die Stellung einer königlichen Freistadt zu erkaufen (1648). Bis zu einer endgültigen Einigung mit dem sich in seinen Rechten verletzt fühlenden Schloßherrn und der eifersüchtig auf Erhaltung ihrer Privilegien bedachten Freistadt verging ein jahrzehntelanger Kampf (45).
(45) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 9 Fase. D Nr. 164. – Stadtarchiv E., C I, II, V passim.
Währenddessen war es im Bereich der Freistadt und des Schloßgrundes zu bemerkenswerten baulichen Veränderungen gekommen: Anstelle des alten Rathauses baute sich die junge Freistadt, die nicht nur der Grundherrschaft, sondern auch der Komitatsverwaltung entzogen und direkt den königlich ungarischen Zentralbehörden unterstellt wurde, auf der Nordseite der Hauptgasse (Marktzeile) ein neues, repräsentatives Rathaus, dem hofseits das städtische Zeughaus, der Getreidekasten und das städtische Brauhaus angeschlossen wurden. Die mit drei Erkern, einem rustizierten Portal und auf die städtischen Tugenden bezüglichen Wandmalereien ausgestattete Rathausfassade wurde 1747 durch Aufbau einer mit drei geschweiften Giebeln versehenen Attika erhöht, blieb aber ansonsten unversehrt bis zur Gegenwart erhalten. 1663 ließ Paul Esterházy die alte mittelalterliche Burg zum Teil abreißen und durch italienische Baumeister (Carlo Antonio Carlone, Sebastiano Bartoletti) nach dem Plan Philiberto Luccheses (46) ein mächtiges Schloßgebäude in Frühbarockmanier errichten; hiebei wurde die alte Mantelmauer samt den Ecktürmen in das neue Bauwerk integriert. In den mächtigen Eckrisaliten blieben die vier, nunmehr eckigen, Türme bestehen und wurden mit barocken Zwiebelhelmdächern versehen; der von einem Graben umgebene, über eine Zugbrücke zugängliche, mit plastischem und halbplastischem Fassadenschmuck überreich ausgestattete Schloßbau war 1672 vollendet. Gleichzeitig wurde der Platz vor dem Schloß umgestaltet: Das alte Stadttor (”Rote Porten”) wurde samt dem Turm komplett abgetragen und ein neues Tor etwas weiter südlich, gegenüber der städtischen Hauptgasse, anstelle eines abgerissenen „alten Saales” über den Stadtgraben errichtet (47). Den in italienischer Manier gestalteten Schloßpark hinter dem Schloß und den Schloßplatz schmückten „Wasserkünste” (Springbrunnen), vor dem Schloßgraben auf dem Schloßplatz wurde 1679 eine Dreifaltigkeitssäule aufgestellt. Außerhalb der Stadtmauer und oberhalb des herrschaftlichen Obstgartens wurde ein neuer Meierhof mit Granarium und Heustadel erbaut.
(46) So nach neuerer Ansicht der Kunsthistoriker (KITLITSCHKA, GALAVITS); früher sprach man den Plan Carlo Martino Carlone zu.
(47) Stadtarchiv E, C ll 403.
Im Zuge seines Streites mit der Freistadt erwirkte Paul Esterházy für den Schloßgrund das „forum exterius” (1667), das Recht zur Abhaltung eines Wochenmarktes am Sonntag (48), 1675 werden durch Kaiser Leopold I. vier Jahrmärkte (zu Josephi = 19. März, Dreifaltigkeit = 1. Sonntag nach Pfingsten, Stephani = 20. August und Mariä Empfängnis = 8. Dezember) bewilligt (49). Auf dem Schloßplatz entsteht eine Reihe von Gewölben, in dem durch Beseitigung der alten Weispriachschen Wirtschaftsgebäude (Hofstadel, Hofstall, Brauerei usw.) freiwerdenden Platz siedeln sich viele Handwerker an, desgleichen nach 1671 viele Juden. Den Handwerkern werden durch den Grundherrn Zunftprivilegien erteilt und -ordnungen ausgestellt, der Sitz der Eisenstädter Herrschaftszünfte wird schrittweise von Purbach nach Eisenstadt verlegt (50). Die neue Marktgemeinde steht anfänglich mit der Freistadt in einem scharfen Konkurrenzkampf, wobei es zum gegenseitigen Verbot des Marktbesuchs kommt, ja sogar zum Verbot, in den Wirtshäusern der jeweils anderen Gemeinde Wein zu trinken! (51). Nach Beilegung der Streitigkeiten zwischen Paul Esterházy und der Freistadt zu Ende des 17. Jahrhunderts bleiben beide Gemeinden mit ihren wirtschaftlichen und kommunalen Einrichtungen selbständig nebeneinander bestehen. Durch Erhebung der Schloßkapelle zur Pfarrkirche für den Schloßgrund (1655) wird der Kompetenzbereich der Stadtpfarre St. Martin eingeschränkt, wogegen die Freistadt vergeblich Einspruch erhebt; diese Pfarre wird später durch Vereinigung mit dem Marien-Benefiz von Kleinhöflein und dem Radegundis-Benefiz von Großhöflein zur Pfarre Schloßgrund-Oberberg umgewandelt, der alle unter der fürstlichen Herrschaft stehenden Teile Eisenstadts (außer der Judenstadt) angeschlossen sind (52). Auf dem Schloßgrund wird eine eigene Schule eingerichtet, die hier an der Grenze zum freistädtischen Burgfried errichteten jüdischen Fleischbänke werden später, nach dem Auszug der Juden aus dem Schloßgrund, als „fürstliche” Fleischbänke weitergeführt.
(48) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 9 Fasc. G Nr. 253.
(49) Ebda., Nr. 262.
(50) A magyarországi céhes kézműipar forrásanyagának katasztere 2, Budapest 1975, S. 150 ff. – Zunftarchiv der Freistadt E. (Bgld. Landesarchiv). – Zunftarchiv des nördl. Burgenlandes (ebda.).
(51) Stadtarchiv E. CI 17, Cll 2.
(52) L. TRIBER, Die Entstehung der Propsteipfarre E. Schloßgrund-Oberberg. Masch. theol. Diss., Wien 1961.
Nachdem schon Nikolaus Esterházy zur Wiedererbauung der abgebrannten St. Martinspfarrkirche und zur Wiedererrichtung und baulichen Instandsetzung des Franziskanerklosters in der Stadt – in diesem wurde später die Familiengruft der Esterházy eingerichtet – entscheidend beigetragen hatte, erwies sich auch sein bei den Jesuiten in Tyrnau erzogener Sohn Paul als großer Förderer des Barockkatholizismus in der Stadt: Zunächst gründete er ein Augustinerinnenkloster, dem er das durch Exekution übernommene Haus des Bürgers Till auf dem Hauptplatz zur Residenz einräumte (1678), nach heftigem Widerstand der Stadt aber einen Klosterneubau mit einer St. Josephskapelle in der Klosterzeile, im Anschluß an die Hofstätten und gegenüber der alten Judensiedlung, errichtete, in den die Nonnen 1687 übersiedelten. Hiebei tauschte die Freistadt das Tillsche Haus gegen eine auf dem städtischen Burgfried neben dem Kloster in der Klosterzeile gelegene Hofstatt ein; die „Balbierische Hofstatt” wurde dem Kloster zugeteilt, im 18. Jahrhundert der Fürstin von Hessen-Darmstadt überlassen und von dieser großzügig ausgebaut (53), nach Aufhebung des Nonnenkonvents durch Joseph II. 1788 aber samt dem Kloster zum Religionsfonds eingezogen. 1792 wurden Kloster und „Darmstätter” Haus in den Neubau des fürstlichen Zentralverwaltungsgebäudes einbezogen und verschwanden aus dem Stadtbild.
(53) Stadtarchiv E. M IX (Oeconomisches Protokoll 1787/88) S. 67 ff. – Entstehung und Bedeutung des Darmstätter Hauses durch GRUSZECKI, a. a. O., falsch bzw. ungenau dargestellt.
Auf der Anhöhe gegen Kleinhöflein erbaute Paul Esterházy 1674 eine Kapelle (HI. Apollonia und Wilgefortis), daneben 1692 ein Spital. 1701 wurde gleich dahinter nach dem Plan des aus Maria Lanzendorf berufenen Franziskanerpaters Felix Nierinck mit dem Bau einer Doppelkirche zu Ehren der Muttergottes begonnen, die in ihrer Konzeption – sie sollte größer als der Kölner Dom werden – eine Apotheose des siegreichen Katholizismus darstellen sollte. Während der Kalvarienberg mit der Kapelle Maria Einsiedeln 1705 vollendet war – das „Bergwerk Gottes” mit seinem reichen figuralen Schmuck, zeitweilig als „achtes Weltwunder” bezeichnet, stellt zweifelsohne das bedeutendste Kunstwerk Eisenstadts dar – blieb der 1715 begonnene Bau der anschließenden riesigen Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung ein Torso, er wurde 1772 nach Fertigstellung des in der ursprünglichen Konzeption als Presbyterium vorgesehenen Bauteils abgebrochen. 1703 zogen einige Franziskanerpatres aus dem Stadtkloster in das Spital am Oberberg, um hier den Fortschritt der Bauten besser überwachen zu können. Paul Esterházy gründete hier einen zweiten Konvent dieses Ordens und übergab ihm 1711 den um ein Stockwerk erhöhten Spitalbau als Residenz. 1757–1766 wurde südlich davon ein neues großes Klostergebäude aufgeführt, worin auch das der Erholung der vielen Wallfahrer nach Maria Eisenstadt dienende fürstliche Wirtshaus „Zum goldenen Engel” untergebracht war; der Gebäudekomplex wurde nach Aufhebung des Klosters durch Joseph II. als Sitz des Schloßpropstes (der die Pfarre Schloßgrund-Oberberg versah) verwendet und führte daher die bis zur Umwandlung in das „Haus der Begegnung” der Diözese Eisenstadt vor wenigen Jahrzehnten übliche Bezeichnung „Propstei”. Das alte Kloster (das ehemalige Spital) und die nebenstehende Kapelle wurden noch im 18. Jahrhundert abgetragen.
Im Steinbruchgelände um die Kirchen- und Kapellenneubauten, ursprünglich zu Kleinhöflein gehörig, siedelten sich mit fürstlicher Erlaubnis seit 1701 Bauarbeiter und andere mit den Neubauten beschäftigte Handwerker an, das rasch aufblühende Wallfahrtswesen bot anderen Berufszweigen Lebensmöglichkeit, so entstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Siedlung beim Kalvarienberg, später Eisenstadt-Oberberg genannt, die 1707 mit den beim Meierhof stehenden Christenhäusern zu einer Gemeinde vereinigt und vom Schloßgrund getrennt wurde (54). Die neue Siedlung bestand aus der nach einer Florianikapelle benannten Florianigasse (früher angeblich auch „Tal Josaphat” genannt) unterhalb der Kirche und dem zur Kirchenanhöhe führenden Gäßchen „Graben”, weiters aus der südlich der Kirche zunächst einzeilig, dann zweizeilig verlaufenden „Kirchengasse”. Zwischen dem Oberberg und dem Schloßgrund entwickelte sich seit dem späten 17. Jahrhundert auf dem Gelände des ehemaligen herrschaftlichen Obstgartens unterhalb des neuen Meierhofs die Judengemeinde Eisenstadt-Unterberg. Mit der Gewährung von Wochen- und Jahrmärkten für den Schloßgrund, der damit verbundenen Ansiedlung vieler christlicher Handwerker sowie der Neugestaltung des Schloßplatzes beim barocken Umbau durch Paul Esterházy wurde das alte Ghetto zwischen Klostergasse, Schloßplatz und dem kleinen, später nach dem Augustinerinnenkloster „Nonnengaßl” bezeichneten Gäßchen, in dem sich auch ein Bethaus, ein rituelles Bad und ein kleiner Friedhof befunden hatten, zu klein; ein entscheidendes Moment war die Judenvertreibung aus Österreich 1671, in die auch Eisenstadt einbezogen wurde. Da die Eisenstädter Juden jedoch nach wenigen Monaten in die Heimat zurückkehren durften, lockte die Schutzstellung, die Paul Esterházy ihnen gewährte, auch viele vertriebene österreichische Juden, die vorübergehend in Nikolsburg Zuflucht gefunden hatten, nach Eisenstadt: Bis 1675 traten zu den 14 alten Judenhäusern des Ghettos auf dem Schloßgrund 15 neue hinzu, im alten Schloßmeierhof (innerhalb der Stadtmauer) wurden 12 Judenhäuschen erbaut, unter der „Roten Porte” standen mehrere Judengewölbe und außerhalb des Stadtgrabens beim neuen Meierhof hatten die Nikolsburger Juden bereits viele Häuser errichtet. Hieher wurde allmählich der Gemeindebesitz verlegt und das innere Gemeindeleben nach der 1690 vom Grundherrn gewährten Judenordnung eingerichtet. Hieher übersiedelten allmählich die Juden aus dem alten Ghetto, dennoch blieben einzelne jüdische Gewölbe noch bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf dem Schloßplatz bestehen (55). Die Einrichtung der Judenstadt auf dem neuen Gelände fand unter tätiger Mitwirkung Samson Wertheimers, Oberhof- und Kriegsfaktors Kaiser Leopolds, Landesrabbiners von Ungarn und Ehrenrabbiners von Eisenstadt, statt, für dessen Eisenstädter Wohnhaus – das übrigens noch 1856 den größten Gebäudekomplex innerhalb des Ghettos darstellte – Paul Esterházy auf eigene Kosten 1697 durch den Baumeister Francesco Martinelli ein Stockwerk erbauen ließ (56).
(54) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 9 Fasc. G Nr. 268. Die Konstituierung der selbständigen Gemeinde Oberberg erfolgte daher nicht erst 1732, wie bisher angenommen.
(55) In der bisherigen Literatur wird der Zeitpunkt der Transferierung des Ghettos mit dem Jahr 1671 zu abrupt und ungenau angesetzt.
(56) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 66 Nr. 4, fol. 517.
In dem überaus beengten, zeitweilig von 900 Menschen bewohnten Areal fand sich dennoch Platz für die notwendigen Gemeindeeinrichtungen (Synagoge, Schule, Spital, Friedhof usw.), die Gelehrsamkeit ihrer Rabbiner erwirkten der Gemeinde „Asch” (so der jiddische Name der Stadt nach den Anfangsbuchstaben von Aisen-Stadt) einen weitreichenden Ruf in der jüdischen Welt. Ein verheerender Brand vernichtete 1795 die ganze Judenstadt und damit viele Zeugnisse aus älterer Zeit. 1832 wurde anstelle des alten Tempels aus dem 17. Jahrhundert eine neue Synagoge errichtet (nach dem 2. Weltkrieg abgerissen) (57). Zwischen der Judengemeinde und dem durch Stadt- und Schloßgraben von ihr getrennten Schloßgrund blieb ein schmaler, vom Meierhof bis zum Stadttor und dann hinauf bis zum Ghetto reichender Grundstreifen bestehen, auf dem sich früher die fürstliche Schießstätte befunden hatte; auf diesem später zum Gemeindegebiet von Oberberg gehörigen Gebiet wurde schon im 17. Jahrhundert das fürstliche Wirtshaus „Zum goldenen Fluß” erbaut, das dritte Einkehrgasthaus (neben dem „Goldenen Engel” auf dem Oberberg und dem „Goldenen Greifen” auf dem Schloßplatz) im fürstlich-Eisenstädter Bereich. Der übrige Platz des Gebietsstreifens wurde mit einer Reihe „christlicher” Hofstätten bebaut, die zwar mit dem Wachstum der Bevölkerung in der Judenstadt allmählich in jüdischen Besitz übergingen, dennoch stets unter der Verwaltung der „christlichen” Gemeinde (Oberberg) blieben.
(57) Literatur zur Judengemeinde: MARKBREITER, Beiträge zur Gesch. d. jüd. Gemeinde in E., 1908. – J. KLAMPFER, Das E.er Ghetto. (Bgld. Forschungen 51, 1966). – DERS., in: H. GOLD, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden des Burgenlandes, Tel Aviv 1970.
Kehren wir zur Freistadt zurück: 1655 verlieh Kaiser Ferdinand III. dieser das Mautrecht; das städtische Mauthaus stand ursprünglich außerhalb des Stadtgrabens gegenüber dem alten Meierhof (am Südwestknick der Stadtmauer), es wurde im 18. Jahrhundert näher zum oberen Stadttor, wo die Straßenzüge von Wien, Preßburg und Ödenburg zusammentrafen, aufgestellt; der entlang des Stadtgrabens vom Tor in Richtung Ödenburg (Rust) führende Straßenteil zwischen dem Graben und den Lahmsatz-Weingärten erhielt später hievon die Bezeichnung „Mautgaßl”. Um das Mautrecht entbrannte mit der Herrschaft ein heftiger Streit, der im 18. Jahrhundert damit endete, daß die Stadt zwar das Mautrecht ausübte, dem Schloßbesitzer jedoch die Hälfte (später nur ein Drittel) der Einnahmen überließ. Das von Paul Esterházy gerichtlich beschlagnahmte, 1687 der Freistadt zurückgegebene Stadtwirtshaus ist mit dem in der Hauptgasse an markanter Stelle vor dem Stadtbrunnen liegenden „Goldenen Adler” identisch; dieses Wirtshaus wurde 1720 in Privatbesitz verkauft, kam 1758 kurzfristig wieder in Stadtbesitz und wurde 1759 um 7.500 fl. neuerlich verkauft (58).
(58) Stadtarchiv E., B V/5–67.
Am Ende des städtischen Burgfrieds, wo an der Straße zum Kalvarienberg das Fähnchen der königlichen Filialdreißigststation (Grenzzollamt) angebracht war, wurde 1726 mit dem Bau des großen Stadtgasthauses „Zur goldenen Traube” begonnen, 1730 mußte zur Fertigstellung nochmals Geld aufgenommen werden (59). In dem ehemaligen Viertellehenhaus des Bürgers Teichtmann, das die Stadt von dessen Erben um 2.000 fl. kaufte, wurde 1731 das neue Offiziers-Quartierhaus eingerichtet (Hauptgasse, neben dem Pfarrgaßl) (60). Die Schule der Freistadt stand auf dem Platz vor der Pfarrkirche, neben einer „Vicedom” genannten, aus einer Reihe winziger Hofstätten bestehenden Pfarrholdensiedlung. Auf dem Gelände vor der Schule standen zwei Gemeindebrunnen; einer hievon, der 1708 angelegte Marienbrunnen, wurde im 19. Jahrhundert beseitigt, der andere blieb bis heute bestehen. Unterhalb der Brunnen lagen die vier Fleischbänke der Stadt, die den Fleischhauern pachtweise vergeben wurden. In der Hauptgasse (Marktplatz) wurde im Gefolge des Pestjahres 1713 eine große Dreifaltigkeitssäule errichtet, als städtisches Gegengewicht zu der von Paul Esterházy vor dem Schloß aufgestellten, 1791 wieder beseitigten Dreifaltigkeitssäule. Die städtische Dreifaltigkeit war in der Folgezeit immer wieder Gegenstand legatarischer Munifizenz der Stadtbewohner, sie stellt den künstlerischen Höhepunkt der mit dem Durchbruch der katholischen Restauration um 1630 verstärkt einsetzenden privaten und öffentlichen Stiftungstätigkeit dar, der viele Bildstöcke und Steinkreuze ihre Entstehung zu verdanken haben; als bedeutendstes dieser Denkmäler ist das außerhalb der Stadt an der alten Ödenburger Straße stehende sogenannte Ratkreuz – ursprünglich „Rotes Kreuz” – zu bezeichnen; da auf dem Spätrenaissancekreuz aus rötlichem Sandstein das Wappen der Familie Eisfort angebracht ist, Paul Eisfort 1647–1652 Stadtrichter von Eisenstadt war, hat man die Entstehung dieses stets im Stadtbesitz befindlichen Kreuzes mit der Freistadterhebung (1648) in Zusammenhang gebracht; andererseits verweisen am Schaft eingeritzte Jahreszahlen auf eine frühere Entstehung.
(59) Ebda., B V/3–1 f.
(60) Ebda., B V/3–4, 5, 7, 18.
Das städtische Spital (Bürgerspital) war nach Rückgabe des Franziskanerklosters, worin es im 16. Jahrhundert zeitweilig Heimplatz gefunden hatte, in einem Haus neben dem Pfarrhof – wahrscheinlich einem ehemaligen Benefiziatenhaus – untergebracht; dieses Gebäude wird noch im Stadtplan Tuschniks (1778) als Spital bezeichnet (61). Unter dem Spital befand sich ein Keller, der ebenso wie der unter der Schule beziehungsweise den Fleischbänken liegende „Kirchenkeller” von der Stadtgemeinde genutzt wurde; der eigentliche Stadtkeller lag in der Südzeile der unteren Pfarrgasse, hiezu kam noch ein weiterer Stadtkeller unter dem Offiziers-Quartierhaus. Die städtischen Brunnen in der Pfarrgasse oberhalb der Fleischbänke beziehungsweise bei der Einmündung des von der Hauptgasse zur Pfarrgasse führenden „Wassergaßls” und in der Hauptgasse wurden mit Steingränden umgeben und unter den Schutz von Heiligenfiguren gestellt, der öffentliche Brunnen in der Klostergasse vor dem Franziskanerkloster wurde hingegen erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts auf Betreiben des Magistratsrates Michael Mayr mit einer Steinfassung versehen (62). Im offenen Gelände östlich der Stadt, wo sich unterhalb des Schwemmteiches die Schießhütte der 1619 begründeten Schützenkompagnie auf der Osterwiese befand, ermöglichte die Wohltätigkeit adeliger, geistlicher und bürgerlicher Spender neben dem neuen Bürgerspital den Bau einer bescheidenen Spitalkirche um 1731; durch ihre Ausstattung mit Plastiken aus der Schule Raphael Donners hatte dieser der Barbarei des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallene Bau dennoch hohe künstlerische Bedeutung. Parallel zu den Stiftungen neuer Kapellen und Bildstöcke fand eine Erweiterung des Siedlungsgebietes der Freistadt im Gelände östlich und südlich der Stadtmauer statt. Außerhalb des Verlaufs des Stadtgrabens vom unteren Tor bis zur Großen Bastei entstand im 18. Jahrhundert die „Vorstadt des HI. Antoni”; oberhalb derselben erstreckte sich die zeitgleich entstandene „Vorstadt des HI. Rochi” neben dem Stadtgraben in Richtung Rochussäule. Die zumeist aus Kleinhäuschen bestehende Vorstadt erhielt einen eigenen Friedhof vor dem unteren Stadttor zugewiesen, in dem 1765 die von der Weißgerberswitwe Fromwald gestiftete Magdalenenkapelle erbaut wurde. Außer die Stadt verlegt wurden auch die bürgerlichen Getreide-, Heu- und Holzstadeln in zwei Reihen am Fuß der Waschstattsätzen und hinter der Antoni-Siedlung (heute: Feldgasse); der vom Tor zum Bürgerspital führende, mit Kleinhäuschen bebaute Straßenzug erhielt die Bezeichnung „Spitalgaßl”, von diesem führte das „Teichgaßl” an einer im 18. Jahrhundert entstandenen Mühle (später fürstliche Buchdruckerei) und der Schießstätte rechterhand, dem Schwemmteich und der Wimmerschen Tabakfabrik – diese war 1791 im ehemaligen Stadtschreibergarten im Stadtgraben erbaut worden, wurde 1816 von der Stadt um 40.000 fl gekauft und in das Stadtwirtshaus „Zur weißen Rose” umgebaut – linkerhand vorbei zur Josephikapelle bei der Leinwandbleich.
(61) Der 1778 im Auftrag der Freistadt durch den Komitatsgeometer von Somogy, Johann Carl Tuschnik, angefertigte Stadtplan E.s (im Bürgermeisterzimmer des Rathauses) ist eine Hauptquelle zur E. er Topographie; die zum Plan gehörigen Erläuterungen im Stadtarchiv E., B V/3–38.
(62) Tagebuch Michael Mayrs IV, S. 100 (Bgld. Landesarchiv, HS XX-74).
Stärker als im Gebiet der Freistadt, wo zwei große, fast den ganzen inneren Stadtbereich erfassende Feuersbrünste 1768 und 1776 die Entwicklung hemmten, die barocke Fassadenpracht bis auf die Steinportale und Fenstergewandungen beseitigten, die Ansätze zur Industrialisierung (Tabakfabriken Brocales-Martorales, Leonardo, Wimmer, Permayr, Samtbandfabrik Och (63) in der Vorstadt zwischen Antoni- und Rochusgasse) keinen nachhaltigen Erfolg zeitigten, wirkten sich die baulichen Änderungen des 18. und 19. Jahrhunderts im fürstlichen Bereich auf das Stadtbild Eisenstadts aus: Oberhalb der Judenstadt, gegenüber dem städtischen Traubenwirtshaus, wohin Paul Esterházy 1712 das Spital vom Kalvarienberg versetzt hatte und wo anstelle einer 1713 erbauten Kapelle Maria Schnee 1740 eine Christus-Salvator-Kapelle entstanden war, gründete Paul Anton Esterházy 1759/60 ein Krankenhaus, das er samt der Kapelle den aus Wien berufenen Barmherzigen Brüdern übergab (64); die reich ausgestattete Kapelle, besonders aber die im Krankenhaus in chinoisierendem Rokokostil eingerichtete Apotheke zählen zu den schönsten Kunstdenkmälern Eisenstadts.
(63) F. TOBLER, Zur Gesch. d. E.er Samtbandfabrik Georg Och (1810–1816), in: Bgld. Hbll. 47, 1985, S. 41.
(64) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 1 Fase. O Nr. 232.
Nachdem der Hofgarten hinter dem Schloß und der Stadtmauer nach den Plänen des Hofgärtners Matthias Pöltl 1754 aus einem italienischen in einen französischen Park umgewandelt und mit großen Glashäusern (Orangerie) für exotische Gewächse ausgestattet worden war, erfolgte in den Neunzigerjahren die endgültige Gestaltung des Schloßplatzes; das obere Tor samt dem Verlauf der Stadtmauer im Bereich der Gemeinde Schloßgrund war schon 1759 beseitigt, anstelle dessen eine Gitterumzäunung mit einer Toröffnung angebracht worden. Nunmehr wurden die noch auf dem Schloßplatz stehenden Gebäude abgerissen, an deren Stelle die mächtigen Baublöcke der fürstlichen Hofstallung und Hauptwache samt Wagenburg in klassizistischem Stil nach den Plänen des Wiener Architekten Henrizy durch den Esterházyschen Hofbaumeister Josef Ringer erbaut (1793). Das Schloß selbst erhielt nach den Plänen des französischen Architekten Charles Moreau zu Beginn des 19. Jahrhunderts seine heutige Gestaltung: Die barocken Zwiebelhelme der Türme wurden abgetragen und durch einfache Pultdächer ersetzt, vor das Eingangsportal eine von starken Säulen getragene Altane vorgebaut, die Rückseite erhielt einen mächtigen Kolonnadenvorbau, während die Seitenfronten und der Innenhof unberührt blieben. Auf dem Gelände vieler von Eisenstädter und Wiener Neustädter Bürgern u. a. eingelösten Weingärten oberhalb des alten Hofgartens wurde gleichzeitig ein großer Park in englischer Manier angelegt, der mit seiner reichen Bepflanzung, seinen vier Teichen, künstlichen Grotten, dem Leopoldinen-Rundtempel, dem Obelisken aus Osliper Stein, der am unteren Teich in einem eigenen Haus untergebrachten englischen Dampfmaschine (der dritten auf dem Kontinent und ersten Österreich-Ungarns), mit deren Hilfe der fürstliche Hofmechanicus Langreuter das Wasser in die oberen Teiche pumpte, von wo man es zur Bewässerung der Parkanlagen und zum Betrieb der „Wasserkünste” ableitete, zum vielbewunderten Reiseziel der Biedermeierzeit wurde, zum letzten „Gesamtkunstwerk”, dessen die Zeit damals noch fähig war. Oberhalb des Schloßparkes im Leithagebirge errichtete Moreau 1806 die Gloriette, ein fürstliches Jagdschloß, in korrespondierendem klassizistischen Stil. Am Oberberg entstand zwischen der Wallfahrtskirche und der 1714 für die fürstlichen Grenadiere erbauten Kaserne um die Mitte des 18. Jahrhunderts das „Musikerhaus”, ein Wohngebäude für die Musiker der fürstlichen Hofkapelle; diese erlangte nach bescheidenen Anfängen im 17. Jahrhundert unter den Kapellmeistern Zivilhoffer, Werner, Haydn, Hummel und Fux großen Ruhm. Da das Haus nicht allen Musikern Platz bot, wurde auf der oberen Seite der vom Kalvarienberg nach Kleinhöflein führenden Straße eine Reihe von kleinen Musiker-Wohnhäusern erbaut. Joseph Haydn, bedeutendster Kapellmeister und weltberühmter Komponist, wohnte auch im Musikerhaus, kaufte sich aber später in der Klosterzeile ein Hofstatthaus. Die städtisch-bürgerliche Musikkultur erlebte im Gefolge der höfischen einen Aufschwung: 1753 stiftete die Witwe Barbara Kroyer, bei der der fürstliche Kapellmeister Joseph Gregor Werner in Miete gewohnt hatte, die städtische Turnerei, der im Vicedom ein kleines Häuschen zur Verfügung gestellt wurde (65).
(65) S. GMASZ, Die Turnerfamilie Hold. Ein Beitrag zur bürgerlichen Musikpflege im alten E., in: Bgld. Hbll. 48, 1986, S. 23 ff.
Die Durchlöcherung der Stadtmauer und allmähliche Beseitigung der Befestigung ging in der Biedermeierzeit schrittweise weiter: Schon im 18. Jahrhundert war die Stadtmauer in der Pfarrgasse oberhalb des Pfarrhofes und St.-Antoni-Benefiziums ausgebrochen worden, das zur Tür führende schmale Gäßchen erhielt von der daneben wohnenden Schneiderfamilie, der die Sperre der Türe anvertraut wurde, ihren Namen „Schneidergaßl”. Ein ähnliches schmales Gäßchen wurde 1810 neben der Wimmerschen Tabakfabrik durch die Stadtmauer in Richtung Schwemmteich gebrochen (später „Rosengaßl” genannt). Der baufällig gewordene Turm beim unteren Stadttor wurde 1808 abgetragen, die anderen Befestigungswerke bis zur Jahrhundertmitte weitgehend beseitigt, die Torwache als nicht mehr zeitgemäß eingestellt, das bescheidene Gittertor, 1845 anstelle des früheren Zugbrückentores aufgestellt, 1855 beseitigt. Der Stadtgraben samt anschließendem Zwinger wurde an die Anrainer verkauft, die Zwingermauer an vielen Stellen bis zur Jahrhundertmitte vollständig beseitigt, die hohe Stadtmauer durch Anbauten teilweise verdeckt, die Zinnen wurden zum Großteil abgebrochen (66); 1855 erfolgte der Durchbruch der Stadtmauer am unteren Ende der Klostergasse. Auf dem Gelände um den Auteich – hier war um 1750 die städtische Tuchwalke errichtet worden (67) – und in der Gölbes-Ried wurde 1853–1858 ein großes k. k. Kadetteninstitut erbaut, das später als Militärunter- bzw. -oberrealschule, schließlich als Kaserne Verwendung fand (68).
(66) Stadtarchiv E., M I (Ratsprotokolle des 18. und 19. Jhs.), passim.
(67) Ebda., B V/5–55.
(68) H. PAUL, Baugesch. d. Martinskaserne in E. (Bgld. Forschungen 72, 1985).
Die politische Neuordnung der Bach-Ära unterstellte die Freistadt mit ihrem 1850 errichteten Magistrat in politischen Angelegenheiten unmittelbar dem Komitat. Die Gemeinden Schloßgrund, Unterberg und Oberberg wurden 1854 zur Ortsgemeinde „Eisenstädter Schloß- und Berggrund” sowie zur Katastralgemeinde „Kismartoni várkastély és hegytelek” zusammengefaßt (69); im Kataster von 1856 scheint diese als „Gemeinde Berg Eisenstadt” auf. Die Freistadt hatte damals 2.480 Einwohner, die Gemeinde Berg Eisenstadt 2.475. 1871 wurden Oberberg, Unterberg und Schloßgrund aber wieder selbständige Gemeinden. Bis zum 1. Weltkrieg wuchs Eisenstadt nur unwesentlich, wenngleich die infrastrukturelle Adaption an den modernen Staat zur Erbauung einiger Amtsgebäude führte (70). Die verkehrsmäßig ungünstige Lage wurde durch den Bau der Bahnlinien Wiener Neustadt-Ödenburg beziehungsweise Wien-Raab nicht verbessert, erst der Bau der Verbindungsbahn Ödenburg-Ebenfurth 1879 brachte einen Fortschritt, da der Bahnhof Müllendorf durch einen täglichen Stellwagenverkehr mit der Stadt verbunden wurde. Eisenstadt selbst erhielt erst 1897 Anschluß an das Eisenbahnnetz durch den Bau der von Wulkaprodersdorf nach Parndorf beziehungsweise Preßburg führenden Verbindungsbahn. Da auf dieser Linie sich aber nur ein geringes Verkehrsaufkommen entwickelte, blieb der Anschluß der Stadt an den modernen Verkehr dem Kraftfahrwesen des 20. Jahrhunderts vorbehalten. Positivere Auswirkungen zeitigte die Errichtung einer Telegraphenstation im Jahre 1866; der elektrische Strom fand 1900 mit der Errichtung eines Elektrizitätswerkes Eingang: Die Straßenbeleuchtung mit 100 E-Lampen löste die seit 1839 in den drei Straßen der Freistadt betriebene Rüböllaternenbeleuchtung beziehungsweise vor 1900 bestehende Petroleumlampenbeleuchtung ab. 1921 fand der Landtag des neuen österreichischen Bundeslandes Burgenland im Gebäude der ehemaligen Militäroberrealschule eine Heimstatt, hier wurden auch eine Mittelschule und eine Kaserne eingerichtet. 1925 wurde Eisenstadt zur Landeshauptstadt beziehungsweise zum Sitz der Landesregierung gewählt; dem Neubau des Landhauses als Amtsgebäude für Landesregierung, Landtag, Gendarmerie und Polizei (1929) folgte die Errichtung einer großen Beamtenwohnsiedlung (Tillstraße) als größtes Bauvorhaben zwischen Altstadt und Kasernengelände, daneben sind die Neubauten der Landwirtschafts- und Arbeiterkammern, der Krankenkassen, Nationalbankfiliale und vieler Einfamilienhäuser zu erwähnen; hiedurch erfuhr das Stadtbild bereits vor dem 2. Weltkrieg einige Erweiterungen.
(69) SEEDOCH (wie Anm. 19), S. 219 ff.
(70) Folgende Darstellung vor allem nach HOMMA (wie Anm. 13) S. 73 ff.
Den administrativen Rahmen für den städtischen Aufschwung schuf die Zusammenlegung der einzelnen Stadtteile: 1924 wurden Schloßgrund und Freistadt vereinigt, 1938 die Ortsgemeinden Unterberg und Oberberg angegliedert; eine traurige Folge der Zeit war die Vertreibung der Eisenstädter jüdischen Bevölkerung (1938). Die 1938 gleichfalls mit Eisenstadt vereinigten Gemeinden Kleinhöflein und St. Georgen wurden 1948 wieder selbständig, sind jedoch seit 1971 wieder Stadtteile Eisenstadts.
Nach 1921 breitete sich die Eisenstädter Elektrizitäts A. G. bedeutend aus, erwarb Kraftwerke in Niederösterreich und bezog Strom von den E-Werken Wiens und der NEWAG (Niederösterreichische Elektrizitätswerke A. G.), sie versorgte schließlich 81 Gemeinden des nördlichen Burgenlandes mit Strom. Die Einrichtung ging später an die NEWAG über, schließlich erfolgte 1958 die Gründung der BEWAG (Burgenländische Elektrizitätswerke A. G.), der nicht nur wegen der Stromversorgung für die Stadt Bedeutung zukommt, sondern auch wegen der großen Siedlungserweiterung seit 1971 im Nachbarschaftsbereich von Eisenstadt und St. Georgen; hier ist auch der Verwaltungsbereich der „BEGAS” angesiedelt, die das Land mit Erdgas versorgt.
Die Wasserversorgung der Stadt wurde schon durch den Bau einer fürstlich-Esterházyschen Wasserleitung seit 1907 verbessert, seit 1928 wurde die städtische Wasserleitung gebaut, um 1952 erfolgte eine Modernisierung derselben. Die rasante Siedlungserweiterung seit 1955 bedingte einen ständigen Ausbau des Netzes, gleichzeitig die ständige Erweiterung des 1928 neuangelegten Kanalnetzes. 1956 wurde Eisenstadt dem „Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland” angeschlossen, den Problemen der Abwasserbeseitigung begegnete man mit der Errichtung einer Kläranlage im Süden der Stadt (1980).
Weniger in baulicher Hinsicht bemerkenswert, jedoch für die geistige Dimension Eisenstadts hochbedeutsam waren die Errichtung der r. k. Diözese Sideropolis (1960; apostolische Administratur schon 1922) mit dem Bau eines Bischofshofes (1951) und der Bau eines Verwaltungsgebäudes der bereits 1924 errichteten ev. Landessuperintendentur A. B. (1956), dem die Erbauung einer ev. Stadtpfarrkirche A. B. (1932) schon lange vorausgegangen war.
Die vor allem in den letzten drei Jahrzehnten in ungebrochener Intensität anhaltende Baukonjunktur erfaßte in Eisenstadt alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens: Administrativbauten der Landes- und Bundesdienststellen, Berufsvertretungen (Kammern, Gewerkschaft), Energiegesellschaften, Kranken- und Sozialversicherungsinstitutionen, Banken, Fabriken und andere Wirtschaftsunternehmungen füllten allmählich das weitverstreute Siedlungsareal, vor allem der Wohnbau in allen seinen Varianten erschloß immer wieder neue Siedlungsgebiete. Die soziale und kulturelle Infrastruktur erfuhr durch Errichtung von Sportanlagen (Lindenstadion im Hofgarten, Freiland- und Hallenschwimmbäder, Eislaufplatz, Landesschießstätte, Tennishalle usw.), die Neubauten von Landesarchiv/Landesbibliothek (1971), Landesmuseum (1976), eines großen Kulturzentrums (1982), eines ORF-Landesstudios (1981), des Haydn-Landeskonservatoriums (1968) sowie durch Adaptierung historischer Großbauten (Schloß Esterházy, Haus der Begegnung) große Bereicherung. An vorderster Stelle zu nennen sind auch die vielen großen Schulbauten (AHS, Gymnasien, HTL, Handelsakademie, Pädagogische Akademie, Berufsbildende Schulen usw.), die tagsüber durch die große Zahl einpendelnder Schüler die Bevölkerungszahl stark anschwellen lassen. Da die Ortsteile St. Georgen und Kleinhöflein, obwohl siedlungsmäßig bereits mit Eisenstadt zusammengewachsen, ihren Charakter als Weinbauerndörfer weitgehend bewahrt haben, kann Eisenstadt heute am besten als „Verwaltungs-, Schul- und Weinstadt” bezeichnet werden, als Stadt, in der die industrielle Komponente gegenüber der kleingewerblichen und dem Kleinhandel nie die Oberhand erlangte, deren angenehmes Klima und günstige Lage im Umfeld der Großstadt Wien sie auch zum bevorzugten Wohnplatz für Pensionisten macht. Beachtenswert trotz der Entwicklungsdynamik ist hiebei, daß die weitgehend unversehrt erhaltene Altstadt bis heute Herz der Stadt geblieben ist. Das Territorium der Stadt beträgt heute 42,89 qkm, ihre Wohnbevölkerung nach der letzten Volkszählung (1981) 10.102 Menschen.
Harald Prickler
Anmerkungen
(1) Allgemeine Landestopographie d. Burgenlandes H/2: Der Verwaltungsbezirk E. und die Freistädte E. und Rust. 1963, S. 1006 f.
(2) In der Grenzbeschreibung von Tempfl 1325 werden als Nachbarorte Trausdorf, Siegendorf, Wulkaprodersdorf, Groß- und Kleinhöflein angeführt; E.s Gemarkung grenzte daher nicht unmittelbar an Tempfl an, zwischen beiden Siedlungen gehörte ein schmaler Landstreifen im Bereich der Lobäcker zwischen Eisbach und Bundesstraße ursprünglich zu Trausdorf. Dies war der Grund für die heftigen Grenzstreitigkeiten, die nach der Wiederherstellung des verödeten Trausdorf mit Kroaten im 16. Jh. zwischen E. und Trausdorf immer wieder aufflammten und 1611 durch eine Regierungskommission geschlichtet werden mußten, ohne daß es danach zu einer endgültigen Beruhigung der Konflikte gekommen wäre.
(3) Allg. Landestopogr. II/1, S. 309.
(4) K. KAUS, Funde und Fundstellen im Stadtgebiet der Freistadt und Landeshauptstadt E., in: Mitt. d. öst. Arbeitsgemeinschaft f. Ur- u. Frühgesch. 35, 1985, S. 21–44.
(5) KAUS, Archäologische Ausgrabungen in E., in: Volk u. Heimat 1/1985, S. 2 ff.
(6) So nach den Herrschaftsurbaren von Forchtenstein aus 1589 und von E. aus 1569 und 1589 (HKA Wien, Urbarsammlung d. nö. Vizedomamtes Nr. 1185, 1187, 1189). Die ursprüngliche Lehenzahl von E. läßt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen, weil die Größe der vom Pfandherrn Hans v. Weispriach für den Bau eines Brauhauses und eines Hofstadels eingezogenen Hofmarken nicht angegeben ist.
(7) H. WAGNER, UB. d. Burgenlandes I, 1954.
(8) A. SCHMELLER, Neues zur Baugesch. d. Stadtpfarrkirche in E., in: Österr. Zs. f. Kunst- u. Denkmalpflege 8, 1954, S. 29.
(9) J. K. HOMMA, Um die älteste urkundl. Nennung E. s, in: Bgld. Hbll. 12, 1950.
(10) WAGNER, a. a. O.
(11) HKA, wie Anm. 6.
(12) Im Zusammenhang mit den Urbaren von 1569 und 1589 besonders wertvoll ist ein Häuserverzeichnis aus dem Jahr 1595 (Stadtarchiv E., B I-3), da es das Rathaus und die Pfarrkirche in der Reihenfolge der Häuser nennt und hieraus die bis ins 19. Jh. stets gleichbleibende Zählweise der Häuser erkennen läßt: Die Zählung begann am unteren Ende der Südseite der Hauptgasse in Richtung O-W und wurde auf der gegenüberliegenden Seite in Richtung W-O fortgesetzt; es folgte die Südseite der Klosterzeile in Richtung O-W, sodann die Nordseite derselben in Richtung W-O; dann wurde die Südseite der Pfarrgasse von unten nach oben (O-W), die Nordseite von oben nach unten (W-O) gezählt.
(13) Urkundentexte bei K. PUFF, Die Privilegien d. Freistadt E. 1371–1810. Masch. phil. Diss., Wien 1948. – E.s Geschichte, Siedlungsentwicklung, Kunstgeschichte usw. sind seit mehr als einem halben Jahrhundert durch viele Einzelarbeiten und zusammenfassende Werke ausgezeichnet erschlossen. Die vorliegende Darstellung fußt weitgehend auf diesen Arbeiten, deren wichtigste angeführt seien: O. AULL, E. Ein Führer durch seine Geschichte und Kunst, 1931. – A. CSATKAI-D. FREY, Die Denkmale d. polit. Bezirkes E. und der Freien Städte E. und Rust. (ÖKT XXIV, 1932). – K. SEMMELWEIS, E. Ein Führer durch die Landeshauptstadt d. Burgenlandes, 1. Aufl. 1950, 5. Aufl. 1975. – Allg. Landestopogr. H/1: Der Verwaltungsbezirk E. und die Freistädte E. und R., 1963 (hierin vor allem die Beiträge von O. GRUSZECKI, Die Freistadt E., und A. ERNST, Siedlungs- und Herrschaftsgeschichte). – HOMMA, Landeshauptstadt E., in: Österr. Städtebuch 2: Die Städte des Burgenlandes, hrsg. von H. KNITTLER, 1970. – Im folgenden werden diese Standardwerke nur dann zitiert, wenn der Verfasser aufgrund von Quellenstudien zu einer abweichenden Auffassung gekommen ist.
(14) ERNST, Der Hoftag in E., in: MÖStA 14, 1961, S. 81–87.
(15) Wie Anm. 4 und 5.
(16) Vgl. den Baualterplan von A. KLAAR im Bundesdenkmalamt.
(17) Text der bisher von der Forschung übersehenen Urkunde bei D. SÜMEGHY, Sopron vármegye leveltárának oklevél-gyűjteménye I: Közepkori oklevelek (1236–1526), Sopron 1928, S. 79 Nr. 43.
(18) I. LINDECK-POZZA, UB. d. Burgenlandes II, 1965, S. 331 f. Nr. 476.
(19) Diese Ansicht vertritt auch J. SEEDOCH, Zur Geschichte E.s. Von der Hallstattsiedlung zur Landeshauptstadt, in: ÖGL 4/30, 1986, S. 217.
(20) Bei den späteren Abschriften wurden einige Worte der Textvorlage des 15. Jhs. nicht mehr verstanden bzw. falsch gelesen: So lautet der Titel des Urkundenausstellers von 1388, Johannes Kanizsai, hier „Bischoff ze Erla unnd der wertter Erzbischoff ze Gran” statt richtig „bischolf ze Erla und erwölter erzbischolf ze Gran”. Auf die Übersetzung des lateinischen Originals deutet auch die Verwendung der Namensform „zu dem Wenigen Mertestorff” anstelle des in lateinischen Urkunden zumeist gebrauchten, ungarischen „Kismarton”; im deutschen Sprachgebrauch werden Größenattribute zu Ortsnamen nie im Komparativ, sondern immer im Positiv gebraucht – die alte deutsche Namensform für das ungarische „Kismarton” kann daher nur „Klein-Mertesdorf” gelautet haben. Da aber bereits 1373 die Form „Eisenstadt” (Burggraf zu Hornstein und „Eisnemstat”) gebräuchlich war, war die alte deutsche Namensform zur Zeit der Übersetzung des lateinischen Originals im 15. Jh. wohl schon vergessen; so wurde die in Wahrheit nie verwendete Form „zu dem Wenigen Mertestorff” konstruiert. Sprachlich läßt sich der in der Orthographie des 16./17. Jhs. verunstaltete deutsche Text eher in die zweite Hälfte des 15. Jhs. einordnen, auf keinen Fall weist er die für 1373 angemessene Altertümlichkeit auf.
(21) Stadtarchiv E., C I, II, V, passim.
(22) J. HÁZI, Sopron sz. kir. város története. Oklevéltár I/2, Sopron 1923, Nr. 102, 104,385. – Älteste Namensnennungen 1461: Bürgermeister Jörg Annger, Fleischhauer, Richter Tänkchl (Stadtarchiv Wiener Neustadt, Scrin. N Nr. 247).
(23) HÁZI, a. a. O., Nr. 102. – Stadtarchiv E., G 347.
(24) U. a. 1413, 1416 (HÁZI, a. a. O., Nr. 84, 118).
(25) HÁZI, a. a. O., Nr. 252.
(26) Stadtarchiv E., C I 7.
(27) Ebda., B VII 1 ff. (Bergbücher von E. ab 1589). Ein 1589 verbranntes Bergbuch von 1435 wies außer den im 16. Jh. genannten Rieden noch zwei im 16. Jh. bereits verödete und vom Wald überwachsene Weingartenriede auf: Magerhardt, Rohrgraben (ebda., B VI 3).
(28) Stadtarchiv E., A I. – Urkundentext bei PUFF (wie Anm. 13).
(29) So hoch waren die Stützpfeiler, die 1787 an der Mauer angebracht wurden.
(30) P. Arnold MAGYAR O. F. M., Schicksal eines Klosters. Das erste Franziskanerkloster von E., im Rahmen der Geschichte der Marianischen Ordensprovinz 1386–1625. (Bgld. Forschungen 60, 1970).
(31) Stadtarchiv E., A I 10.
(32) Ebda., A I 34. Der Name der Stifterin wurde in der Literatur bisher unrichtig angegeben.
(33) So nach SEMMELWEIS, a. a. O. – GRUSZECKI, a. a. O. bringt als Abbruchsjahr 1801.
(34) Stadtarchiv E., K 1 ff., G 358 f. – Rudolf II. hat 1581 das E.er Landgericht nicht bestätigt, wie AULL und – ihm folgend – die gesamte Literatur bisher behauptet hat.
(35) Zur Landgerichtsfrage: Stadtarchiv E., C I, passim; G 346 ff.
(36) Die große Bastei beim unteren Turm wird 1621 genannt; Matthias Greischer verzeichnet in seinem um 1689 entstandenen E.-Stich an der Südwestecke der Stadtmauer eine basteiähnliche Ausbuchtung, doch konnten für diese Bastei im Stadtarchiv bisher keinerlei Hinweise gefunden werden.
(37) Stadtarchiv E., C II 17.
(38) Die Lokalisierung erfolgt aufgrund der in Anm. 12 vorgebrachten Fakten.
(39) Stadtarchiv E., C I 1.
(40) Ebda., C I 22. Der obere Teil der Pfarrgasse erhielt von diesem Großfeuer die bis ins 19. Jh. gebräuchliche Bezeichnung „Brandstatt”.
(41) Im Jahr 1637 ertrug der Zehent der „zwei besten Keller” in E. z. B. 277 1/4 Eimer; die beiden größten Weinbaubetriebe ernteten daher in diesem Jahr zusammen 2.772 1/2 Eimer, das sind 2.143 hl. (Ungar. Staatsarchiv, Fürstl. Esterházysches Familienarchiv, Esterházy Miklós nádor iratai Fasc. e).
(42) U. a. die Familien Asole, Menegatti, Bonetti (Wonneth).
(43) Z. B. die Familien Eschenbeck, Eisfort, Rudhardt, Müller, Vieröggl.
(44) H. PRICKLER, Die doppelte Zapfenmaß in den kaiserlichen Herrschaften Forchtenstein und E. im 16. und 17. Jh., in: Bgld. Hbll. 42, 1980, S. 142 ff.
(45) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 9 Fase. D Nr. 164. – Stadtarchiv E., C I, II, V passim.
(46) So nach neuerer Ansicht der Kunsthistoriker (KITLITSCHKA, GALAVITS); früher sprach man den Plan Carlo Martino Carlone zu.
(47) Stadtarchiv E, C ll 403.
(48) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 9 Fasc. G Nr. 253.
(49) Ebda., Nr. 262.
(50) A magyarországi céhes kézműipar forrásanyagának katasztere 2, Budapest 1975, S. 150 ff. – Zunftarchiv der Freistadt E. (Bgld. Landesarchiv). – Zunftarchiv des nördl. Burgenlandes (ebda.).
(51) Stadtarchiv E. CI 17, Cll 2.
(52) L. TRIBER, Die Entstehung der Propsteipfarre E. Schloßgrund-Oberberg. Masch. theol. Diss., Wien 1961.
(53) Stadtarchiv E. M IX (Oeconomisches Protokoll 1787/88) S. 67 ff. – Entstehung und Bedeutung des Darmstätter Hauses durch GRUSZECKI, a. a. O., falsch bzw. ungenau dargestellt.
(54) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 9 Fasc. G Nr. 268. Die Konstituierung der selbständigen Gemeinde Oberberg erfolgte daher nicht erst 1732, wie bisher angenommen.
(55) In der bisherigen Literatur wird der Zeitpunkt der Transferierung des Ghettos mit dem Jahr 1671 zu abrupt und ungenau angesetzt.
(56) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 66 Nr. 4, fol. 517.
(57) Literatur zur Judengemeinde: MARKBREITER, Beiträge zur Gesch. d. jüd. Gemeinde in E., 1908. – J. KLAMPFER, Das E.er Ghetto. (Bgld. Forschungen 51, 1966). – DERS., in: H. GOLD, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden des Burgenlandes, Tel Aviv 1970.
(58) Stadtarchiv E., B V/5–67.
(59) Ebda., B V/3–1 f.
(60) Ebda., B V/3–4, 5, 7, 18.
(61) Der 1778 im Auftrag der Freistadt durch den Komitatsgeometer von Somogy, Johann Carl Tuschnik, angefertigte Stadtplan E.s (im Bürgermeisterzimmer des Rathauses) ist eine Hauptquelle zur E. er Topographie; die zum Plan gehörigen Erläuterungen im Stadtarchiv E., B V/3–38.
(62) Tagebuch Michael Mayrs IV, S. 100 (Bgld. Landesarchiv, HS XX-74).
(63) F. TOBLER, Zur Gesch. d. E.er Samtbandfabrik Georg Och (1810–1816), in: Bgld. Hbll. 47, 1985, S. 41.
(64) Ungar. Staatsarchiv, Esterházy-Familienarchiv, Rep. 1 Fase. O Nr. 232.
(65) S. GMASZ, Die Turnerfamilie Hold. Ein Beitrag zur bürgerlichen Musikpflege im alten E., in: Bgld. Hbll. 48, 1986, S. 23 ff.
(66) Stadtarchiv E., M I (Ratsprotokolle des 18. und 19. Jhs.), passim.
(67) Ebda., B V/5–55.
(68) H. PAUL, Baugesch. d. Martinskaserne in E. (Bgld. Forschungen 72, 1985).
(69) SEEDOCH (wie Anm. 19), S. 219 ff.
(70) Folgende Darstellung vor allem nach HOMMA (wie Anm. 13) S. 73 ff.

 

 

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