Resümee

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107Resümee
In den Schlachtverband der ungarisch königlichen Honvéd wurde am 1. Oktober 1939 die ung. königl. karpato-ukrainische 1. Honvéd Gebirgsbrigade aufgenommen, nachdem die ungarischen Truppen im Frühling des Jahres die bergigen Gebiete der Karpato-Ukraine zurückerobert hatten. Zum 60. Jahrestag dieses Ereignisses enthüllte die Honvéd-Gebirgsjäger-Stiftung, die im Oktober 1998 gegründet wurde, gemeinsam mit dem Institut und Museum für Kriegsgeschichte am 30. September 1999 eine Gedenktafel im Hof des Kriegsgeschichtlichen Museums. Man gedachte jener, die zwischen 1939 und 1945 in den Reihen der ungarischen Gebirgstruppen dienten, kämpften und für die Heimat heldenhaft ihr Leben ließen. Die Festrede wurde von Zoltán Kókai-Kuun, ung. königl. Oberleutnant, Gründer der Honvéd-Gebirgsjäger-Stiftung gehalten. Vor der Gedenktafel, die unter militärischer Ehrenbezeugung enthüllt und gesegnet wurde, legten anschließend neben Vertretern des Staatspräsidenten und Generalstabes der Honvéd, zahlreiche ehemalige Soldaten sowie deren Angehörige Kränze nieder.
Nach der Enthüllung der Gedenktafel wurde die Ausstellung „Gebirgsjäger bin ich, droben in den Karpaten…“, die zwei Mitarbeiter des Kriegsgeschichtlichen Museums, Major Dr. Vilmos Kovács und Péter Illésfalvi zusammenstellten, eröffnet. Die Anwesenden wurden vom delegierten Generaldirektor des Instituts und Museums für Kriegsgeschichte und Mitglied des Kuratoriums der Honvéd-Gebirgsjäger-Stiftung, Dr. Sándor Szakály begrüßt. Die herzbewegende Eröffnungsrede wurde von Generalmajor Dr. József Ferenc Holló, Vorsitzender der Humán-Hauptgruppe des Generalstabes der Honvéd und Mitglied des Kuratoriums der Stiftung, gehalten.
Die Ausstellung, die mehr als einen Saal einnimmt, zeichnet mit Hilfe von Originalgegenständen, Kleidungsstücken, Waffen und Urkunden, weiters verschiedenem Interieur die Vorgeschichte zum ersten Weltkrieg nach, und überblickt die Organisationsverhältnisse der Gebirgstruppen, ihre Ausbildung, den Alltag in den Garnisonen, und den ungleichen Kampf gegen die sowjetische und rumänische Armee in den Jahren 1939 bis 1945.
108Tags darauf, am 1. Oktober 1999, wurde das Gedenken mit einer ganztägigen wissenschaftlichen Konferenz fortgesetzt. Nach der Begrüßung des Vormittagsvorsitzenden, Prof. Dr. József Zachar, hielt Péter Illésfalvi das erste Referat über die in den Jahren 1939/40 aufgestellten Gebirgstruppen. Nach dem Gebietsgewinn Ungarns war die Aufstellung einer Gebirgsbrigade bzw. die Umstrukturierung der örtlichen Grenzjäger mit Gebirgsausrüstung notwendig geworden. Er schilderte die Schwierigkeiten, mit denen die obersten Militärbehörden zu kämpfen hatten, als sie diese Spezialeinheiten aufstellten. Er sprach von der Ausbildung, welche die Bataillone auf die widrigen Wetter- und Geländeverhältnisse vorbereiten sollte. Zum Schluß seines Vortrages erwähnte er, daß die späteren Kampfeinsätze bestätigten, daß diese in der ung. königl. Honvéd völlig neu organisierte Truppengattung auch den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchte.
Danach sprach Major Dr. János Suba über die Kartographierung der ungarischen Gebirgsregionen zwischen 1940 und 1944. Er berichtete von den damals gebräuchlichen militärischen Kartensystemen und Maßstäben und führte die vor Ort und am Zeichentisch durchgeführten Berichtigungen anhand der in der österreichisch-ungarischen Monarchie gefertigten und verwendeten Landkarten aus. Er verglich die Pläne des ung. königl. Kartographischen Institutes mit den bis Herbst 1944 de facto durchgeführten Arbeiten, sprach von deren Umständen und über die Verwendbarkeit der neuen kartographischen Arbeiten.
Major Dr. Péter Szabó referierte über den ersten Kampfeinsatz der ungarischen Gebirgstruppen. Eine sehr kurze, alles in allem zweiwöchige Zeitspanne analysierte er mit methodischer Gründlichkeit. Er behandelte nicht nur die Kämpfe gegen die sowjetischen Truppen zwischen 28. Juni und 9. Juli 1942, sondern beschäftigte sich auch mit der Bewertung der Kampftätigkeit der Truppen.
Über die schweren Kämpfe, die für die 1. und 2. Gebirgsbrigade der ung. königl. Honvéd mit Anfang 1944 begannen und bist zur Vernichtung der ungarischen Streitkräfte im Mai 1945 dauerten, gab Zoltán Szabó, Oberleutnant der ung. königl. Honvéd, einen schematischen Überblick. Er stellte den Aufmarsch der Brigaden ins Kampfgebiet vor, weiters die Kämpfe im Karpaten-Vorland und den Karpaten selbst von April bis November 1944. Er erwähnte die Verschmelzung der aufgeriebenen 2. Gebirgsbrigade 109mit der 1. Brigade, deren Kämpfe in Oberungarn, ihren Abzug, um sich neu zu formieren und neu auszurüsten, und schließlich ihren letzten großen Einsatz entlang der Raab Ende Mai 1945. Er betonte, daß die ungarischen Gebirgstruppen stets als Eliteeinheit, immer gegen einen große Übermacht ihren Mann zu stehen imstande war.
Welche Generäle diese Gebirgstruppen in Friedenszeiten und im Krieg kommandierten, erfuhren die Zuhörer von Dr. Sándor Szakály. In seinem Vortrag sprach er von den Personen im Generalsrang, die in den Jahren von 1939 bis 1945 an der Spitze der Gebirgsbrigaden standen. Seine Forschungen bestätigten, daß die Offiziere aufgrund fachlicher Qualifikation für ihren Posten ausgewählt wurden. Diese Generäle hatten ausnahmslos im ersten Weltkrieg vier Jahre lang bei solchen Truppeneinheiten gekämpft, die von vornherein zu den Gebirgseinheiten gehört hatten oder im Laufe des Krieges zum Kampf im Gebirge ausgebildet und ausgerüstet wurden.
Oberstleutnant Dr. István Ravasz sprach von den Aktionen der für den Gebirgskampf ausgerüsteten Székler-Grenzjäger-Bataillone im Herbst 1944 in Siebenbürgen und den Gebirgsersatzbrigaden. Er meinte, daß diese Truppen räumlich und zeitlich unabhängig voneinander zum Einsatz kamen. Die Bataillone der für den Gebirgskampf ausgerüsteten Székler-Grenzjäger verteidigten die Pässe im südlichen Teil der Ostkarpaten, im Széklerland, von Ende August bis Mitte September, die 1. und 2. Gebirgsersatzbrigade hielten die östliche Frontlinie vor den Bergen der Torda und Gyalui-havasok von Mitte September bis Anfang Oktober. Im Kampf gegen den übermächtigen Feind wurden diese Einheiten fast vollständig aufgerieben, doch dieses Opfer trug wesentlich dazu bei, daß es der 2. Ungarischen und 8. Deutschen Armee gelang, mehr als 200.000 Mann aus Siebenbürgen abzuziehen und hinter der Theiß zu sammeln.
Über die Gebirgsartillerie, die die Gebirgsjäger unterstützte und als eine eigene Truppengattung der Feldartillerie betrachtet werden kann, referierte Major Dr. Vilmos Kovács. Er maß nicht den Kämpfen, sondern eher der Organisation, den Waffen und technischen Fragen in seinem Referat besondere Aufmerksamkeit bei. Die Hörerschaft lernte den einzigen von der ungarischen Gebirgsartillerie benützten Geschütztypen kennen, dessen Munition und die Art seines Transportes. Der Vortragende verglich das Geschütz mit den deutschen und sowjetischen Gebirgsgeschützen. Obwohl 110im zweiten Weltkrieg bei der ung. königl. Honvéd die Panzerabwehrkanone und der 8,1 cm Granatenwerfer nicht als Artilleriewaffe, sondern als schwere Infanteriewaffe galt, führte er deren Eigenschaften und Anwendung aus.
Norbert Számvéber stellte kurz zwei solche Verbände vor, die auf den ersten Blick nichts mit dem Thema der Konferenz zu tun hatten. Das 1. ungarische SS-Schibataillon und das 1. SS-Sturmjägerregiment wurden im Oktober 1994 bzw. im Jänner 1945 gegründet und gehörte nicht den Verbänden der Waffen-SS an, sondern zählten – laut einer besonderen Übereinkunft mit dem SS-Reichsführer – zu den SS-Eliteeinheiten. Der Offiziersstab und die Mannschaft setzten sich aus Personen zusammen, die früher bei den Gebirgsjägern und den für den Gebirgskampf ausgerüsteten Grenzjägereinheiten dienten. Nach ihrer Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung zu urteilen, können diese Truppenkörper praktisch als Gebirgsjägereinheiten betrachtet werden, ihre ethnische Zugehörigkeit war ausschließlich ungarisch, und ein Teil der Einheiten wurde auch wirklich zum Schutz ungarischen Bodens eingesetzt.
Statt eines Ausblickes sprach der letzte Vortragende der Konferenz, der hervorragende Fachmann auf diesem Gebiet, Generalmajor Dr. József Ferenc Holló über die Ausbildung zum Gebirgskampf in der Ungarischen Volksarmee zwischen 1950 und 1990. Er hielt es für wichtig, zu betonen, daß der Soldat zu jeder Zeit zu Aufklärung und Kampf in unterschiedlichstem Terrain ausgebildet werden muß. Innerhalb des Bündnissystems des Warschauer Paktes hätten sich, heute in jenem der NATO können sich jederzeit auch für die Ungarische Honvéd solche Aufgaben stellen, die erfüllt werden müssen, auch wenn im ungarischen militärischen Ausbildungssystem die Schulung für den Gebirgseinsatz nicht dominiert. Deswegen betrachtet er jenen Schritt als völlig verfehlt, daß man das Lager für Gebirgsausbildung in Rezi, welches von Ende der 60er Jahre bis 1990 bestand, mit dem Ende der Volksarmee auflöste, und man so geistiges und materielles Erbe verfallen ließ.
Im Rahmen der Wortmeldungen am Ende der Konferenz brachten unzählige Veteranen ihren Dank zum Ausdruck, daß derlei Feierlichkeiten organisiert worden waren, und mehrere erzählten auch von ihren damaligen Kriegserlebnissen, von ihrer Zeit bei den Gebirgstruppen und gedachten der Gefallenen und der verlustreichen Kämpfe.

 

 

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