Die Städte und die sächsische Autonomie

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Die Städte und die sächsische Autonomie
Eine unbedingte Voraussetzung für die Ständeperiode im europäischen Feudalismus bildete die Entwicklung der Städte. Gestützt auf die Städte, vermochten die Herrscher ein Gegengewicht gegen den politischen Einfluß der Großgrundbesitzer zu schaffen. Für das Ständewesen in Siebenbürgen war unter den sonstigen Eigenheiten besonders kennzeichnend, daß die Stadtentwicklung meist im politischen Rahmen der sächsischen „Nation“, das heißt unter ihrem wirksamen Schutz vor sich ging. Auch die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Anjou-Könige, der Aufschwung des Bergbaus und des Rinderhandels in Ungarn, die Prägung von wertbeständigen Goldmünzen und der Abschluß von Handelsabkommen mit den Nachbarländern wirkten sich positiv auf die Stadtentwicklung Siebenbürgens aus. Den Gewinn daraus zogen vorrangig die sächsischen Siedlungen, die sich aus Dörfern zu Handwerker- und Handelsstädten entwickelten. Die drei großen sächsischen Städte waren Hermannstadt, Kronstadt und Bistritz. Hinter ihnen blieben nicht nur die ungarischen Städte, wie Desch, Thorenburg und Weißenburg, sowie die Szekler Zentren Neumarkt, Hofmarkt, St. Georgen usw. zurück, sondern auch andere sächsische Städte, wie Mühlbach, Mediasch, Schäßburg und Broos; die drei erstgenannten beherrschten nämlich die in die rumänischen Woiwodschaften führenden Pässe. Ein Teil der kleineren Szekler Städte lag ebenfalls an der Grenze, aber die militärische Lebensform des Szeklertums verhinderte eine frühzeitige Entwicklung der hauptberuflichen Kaufleuteschicht, und als diese dann auch dort entstand, war die führende Stellung der Sachsen bereits unumstritten.
229Einzig Klausenburg, diese Stadt mit ungarisch-deutscher Mischbevölkerung, war in der Lage, den Wettbewerb aufzunehmen. Hier trafen sich die von Ungarn nach Siebenbürgen führenden Handelsstraßen, so daß sie deren Verkehr kontrollierte. Ihre ursprünglich deutsche Bevölkerung mit anfänglich ebenfalls adlig-bäuerlicher Lebensweise spielte unter den siebenbürgischen Verhältnissen eine führende Rolle bei der Entstehung der bürgerlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begann in Klausenburg Handwerk und Gewerbe aufzublühen. Verbunden mit der Anziehungskraft der städtischen Freiheit, bewog diese Blütezeit die ungarische bäuerliche Bevölkerung der Umgebung dazu, in die Stadt zu ziehen. Aus deutschen Landen wanderten – in geringer Zahl – deutsche Handwerker ein, und neben der alten städtischen Grundbesitzer- und Handelsaristokratie entwickelte sich sehr bald eine neue, sich im Außenhandel bereichernde Händlerschicht an der Spitze der sich in Zünften zusammenschließenden Handwerker, die gleichfalls Anteil an der Führung der Stadt verlangte. Diese aufstrebende Schicht hatte keinerlei Grundbesitzerambitionen mehr und war selbstbewußt deutsch, was der alten städtischen Aristokratie mit ihrem Adels- und Soldatenstolz fehlte. Kaum hatte aber das neue Bürgertum mit verständnisvoller Unterstützung des Königs eine Zurückdrängung der führenden Schicht einiger alter reicher Familien erreicht (1405), zerstörte dieser deutsche Partikularismus das gegenseitige Einvernehmen und begannen Ungarn und Sachsen gegeneinander um die Führung des städtischen Lebens zu kämpfen. Vorübergehend behielten die Sachsen die Oberhand, dann aber erreichten die Ungarn mit ihrer Mehrheit und mit Unterstützung der Zentralgewalt im Jahre 1458, daß Richteramt und Mitgliedschaft im Stadtrat paritätisch besetzt wurden. Obwohl beide Parteien den Vertrag jahrhundertelang gewissenhaft einhielten, nahm nun die Zahl der Sachsen ständig ab, da das Umfeld die Ungarn begünstigte; beim Beginn der Neuzeit war Klausenburg schon überwiegend von Ungarn bewohnt.
Desch, Thorenburg und Weißenburg waren bereits im 15. Jahrhundert reine ungarische Städte; ihre deutsche Einwohnerschaft wird schon ursprünglich verschwindend klein gewesen sein, und infolge des am Ende des 14. Jahrhunderts einsetzenden Zuzuges der ungarischen Bauernschaft aus der Umgebung verschmolz diese mit den die Mehrheit bildenden Ungarn. Ähnlich erging es den mehr oder weniger zahlreichen Deutschen der Bergstädte (Seck, Salzgrub, Großschlatten, Kleinschlatten, Offenburg und Eisenmarkt/Torockó), so wie in den sächsischen Städten die ungarische Bevölkerung verschwand (z. B. bewahrt in Mühlbach der Name Szekler Gasse die Erinnerung an die alte ungarische Einwohnerschaft). Die Magyarisierung der Städte wurde durch die starke Zunahme der Handwerksberufe in den ungarischen Dörfern ermöglicht. In den Namenslisten der Bauern aus dem 15. Jahrhundert kommen in großer Zahl handwerksbezeichnende Familiennamen aus den verschiedensten Gewerbezweigen vor, die Grundelemente der handwerklichen Bildung brachten die in die Stadt ziehenden Bauern also bereits mit. So sind im städtischen Bürgertum in Siebenbürgen am Ende des Mittelalters außer den Deutschen auch in großer Zahl Ungarn vertreten. Rumänen allerdings spielten im Mittelalter bei der Urbanisierung Siebenbürgens noch keine Rolle.
Die Stadtentwicklung in Siebenbürgen wurde hauptsächlich durch den regen Handel mit den beiden rumänischen Woiwodschaften gefördert. Wie 230sehr sich auch in den Gebieten jenseits der Karpaten die Macht des ungarischen Königs verringerte, so blieb sein intensiver Einfluß doch erhalten. Unter seinem Schutz öffneten sich die beiden an Rohstoffen reichen rumänischen Woiwodschaften dem siebenbürgischen Handel. Die Bewohner der mit anfänglichen Organisationsschwierigkeiten kämpfenden Woiwodschaften (die erste rumänische Kirche in der Walachei z. B. wurde erst Anfang des 14. Jahrhunderts errichtet) waren auf die siebenbürgischen Zwischenhändler für ihre eigenen und die westlichen Gewerbeprodukte angewiesen. Die planmäßige Wirtschaftspolitik König Ludwigs I., die unter anderem danach strebte, den die Straßen Ungarns seit Jahrhunderten umgehenden Osthandel zurückzugewinnen, förderte auch den sächsischen Handel. 1369 erhielt Kronstadt das Stapelrecht, wodurch die polnischen und deutschen Kaufleute auf ihrer Reise in die Walachei gezwungen wurden, ihre wichtigste Ware, das Tuch, den Kronstädtern zum Weiterverkauf zu überlassen und die in der Walachei eingekauften Waren, landwirtschaftliche Produkte und Tiere, ebenfalls auf dem Kronstädter Markt umzusetzen. 1378 erhielt Hermannstadt das Stapelrecht für den durch die Stadt führenden Handelsweg und Bistritz schon 1368 für die Handelsstraße in die Moldau und nach Polen.
Der rege Handel vermittelte aber anfangs nicht so sehr sächsische Handwerkserzeugnisse, sondern eher westeuropäische Gewerbeartikel, hauptsächlich Textilien, nach Osten, denn im 14. Jahrhundert gab es noch kaum ein marktproduzierendes sächsisches Handwerk. An der tatsächlichen Ausfuhr waren die sächsischen Kaufleute selbst kaum beteiligt, sie verkauften, gestützt auf das Stapelrecht, auf den Märkten ihrer Städte nur ihre Waren an die den Handel vermittelnden Kaufleute vom Balkan und von den genuesischen Kolonien am Schwarzen Meer und übernahmen deren Tauschwaren, vorrangig Gewürze. Diese Handelsform war keineswegs unüblich, auch die Wiener Kaufleute handelten im Mittelalter nicht anders, das Stapelrecht erlaubte ihnen die Abwicklung des Handels an Ort und Stelle. Nach Osten reisten die sächsischen Kaufleute höchstens gelegentlich in die rumänischen Woiwodschaften, um dort wichtige Geschäfte abzuschließen oder heikle Angelegenheiten zu klären; in entferntere Gebiete gelangten sie nur ausnahmsweise. Sie suchten eher die westlichen, hauptsächlich die großen Städte Deutschlands auf, insbesondere nachdem Ludwig der Große das Ofner Stapelrecht als für sie nicht verbindlich erklärt hatte. Sie handelten dort mit Rohstoffen aus der Walachei und der Moldau und brachten auf dem Rückweg Stoffe und Gewürze nach Hause. Ihre üblichen Handelsrouten waren entweder der Weg über Kaschau, Böhmen und Polen nach Danzig oder über Ofen nach Wien, Regensburg und Basel sowie nach Zara und Venedig.
Das sächsische Handwerk nahm erst später an dem großen wirtschaftlichen Aufschwung teil. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden überall in Siebenbürgen Zünfte; König Ludwig löste sie vorübergehend auf, um sie dann aber auf Ersuchen der Sachsen 1376 wieder zuzulassen und neu zu regeln. Die zu dieser Zeit angeführte große Zahl von Zünften (19 Zünfte mit 25 Handwerkszweigen) soll uns aber nicht irreführen, denn in den Verfügungen fehlen charakteristischerweise alle Quantitätsbeschränkungen; diese tauchen erst später und immer häufiger in den Zunftbriefen auf, als die Zünfte schon für den Markt, ja für den Export zu arbeiten begannen. Diese Wende erfolgte im 15. Jahrhundert, seitdem stieg die Ausfuhr der siebenbürgischen Produkte auch Richtung Osten. Die Blüte des Handwerks nahm solche 231Ausmaße an, daß sich selbst in Dörfern Zünfte mit über 100 Mitgliedern einrichteten. Der Export in die rumänischen Woiwodschaften wurde in seiner Warenstruktur immer differenzierter, in den Zollverordnungen des 15. Jahrhunderts werden Fertigbekleidung, Gefäße, Messer, verschiedene Waffen, Metall-Halbfertigwaren, Gewürze, Goldschmiedewaren, Pergament, Papier, Wagen, ja selbst Trockenobst und Gebäck angeführt. Die aus den Woiwodschaften eingeführten Waren aber bestanden weiterhin unverändert aus Rohstoffen, und zwar eher aus tierischen als aus Ackerbauprodukten (Lebendvieh, Rohleder, Wachs, Honig und seltener Getreidearten).
Die mit dem Handel aufgestiegene neue sächsische Führungsschicht, der städtische Patrizierstand, bildete eine geschlossene Gruppe von einigen Familien, ähnlich den Gräven, und sie bestand auch nicht weniger eifersüchtig als jene auf ihrer Herrschaft. Die Handwerker begannen am Ende des 15. Jahrhunderts ihre Macht zu gefährden, aber nur mit bescheidenem Erfolg. Als Ergebnis dieser Bewegungen entstanden 1495 die „Hundertschaften“, wie sie in den Städten Ungarns und in Klausenburg schon seit langem bestanden. Obwohl diese auch die Zünfte vertraten, wurden ihre Mitglieder von dem ausschließlich aus Patriziern bestehenden Stadtmagistrat ernannt. Das sich unterdrückt fühlende sächsische Kleinbürgertum der Städte erhob sich 1511 in Schäßburg und 1520 in Hermannstadt gegen die Führung, während 1513 unzufriedene sächsische Bauern den Bürgermeister von Schäßburg ermordeten. Doch weder dem städtischen Kleinbürgertum noch dem Bauernvolk der Dörfer gelang es, die Herrschaft der neuen Aristokratie zu brechen, weil nach einem vorübergehenden Vordringen des mittleren Adels überall im Lande wieder die obersten Gesellschaftsschichten die Oberhand gewannen und sich das Geschick der Bauern oder der Gemeinszekler immer ungünstiger gestaltete. So blieb auch die politische und wirtschaftliche Abhängigkeit der sächsischen Stadtbürger vom sächsischen Patriziat weiterhin erhalten.
Die neue sächsische Gesellschaftsordnung gründete auf der Priorität der Städte. Auf den sächsischen Bauern lastete nicht nur die Macht der großbürgerlichen Führung, sondern auch der wirtschaftliche Druck der Städte auf die Dörfer. Im Rahmen dieser Verhältnisse stand auch das Kleinbürgertum über den Bauern. Die Zentren der Stühle verhinderten beharrlich jede Entwicklung der in ihrem Kompetenzbereich liegenden anderen Siedlungen und behielten vor allem sich selbst das Marktrecht vor. So vereitelte Kronstadt bereits 1378 die Bemühungen Marienburgs, 1379 Großschenk die von Agnetheln und 1428 Schäßburg die von Henndorf um ein selbständiges Wochenmarktrecht. Später dehnten dann auch die städtischen Zünfte ihre Herrschaft auf die dörflichen Zünfte aus, indem die städtischen Zunftmeister das Aufsichtsrecht über das Dorfgewerbe übernahmen.
Das Prinzip der Rechtsgleichheit der Sachsen konnte sich also in Wirklichkeit nicht realisieren, wenn sich auch der sächsische Bauer immer noch in einer unvergleichlich besseren Lage befand als der Komitatsbauer oder der arme Gemeinszekler, besonders weil sich nach dem Ausscheiden der Gräven die sächsische Gesellschaft schrittweise demilitarisierte und parallel dazu die Gefahr der Entstehung eines gesellschaftlichen Gegensatzes zwischen Adel und Bauern endgültig gebannt werden konnte.
Die Umgestaltung von der adlig-bäuerlichen zur bürgerlich-bäuerlichen Lebensweise war mit der Entwicklung des ethnischen Selbstbewußtseins der Sachsen verbunden. Der Mittelstand der sächsischen Bürger legte bereits eine 232ebenso ganz leidenschaftliche, ethnische Voreingenommenheit an den Tag wie im ausgehenden Mittelalter der ungarische mittlere Adel. Die erste praktische Manifestation dieser neuen Haltung war der Ausschluß aller ethnisch Fremden aus den sächsischen Städten und Zünften. Die erste Verfügung dieser Art erließ der Hermannstädter Magistrat im Jahre 1474: Das außerhalb der Stadtmauern errichtete Dominikanerkloster dürfe sich nur dann innerhalb der Stadtmauern ansiedeln, wenn die Mehrheit der Mönche aus Deutschen bestehe. Das sich ständig vertiefende bürgerliche und gleichzeitig damit deutsch-ethnische Selbstbewußtsein der Sachsen wurde noch dadurch ermutigt und gleichsam institutionalisiert, daß seit Beginn des 15. Jahrhunderts immer mehr sächsische Stühle das Recht auf die freie Wahl des Königsrichters erhielten. Diesen Prozeß vervollständigte König Matthias: 1469 verlieh er dieses Recht sämtlichen Stühlen, und 1486 vereinigte er alle sächsischen Stühle und die Distrikte Bissritz und Kronstadt zur „sächsischen Nationsuniversität“ (universitas Saxonum) und betraute den jeweiligen gewählten Hermannstädter Bürgermeister als Sachsengespan, d. h. als „sächsischen Graf“ mit deren Führung.

 

 

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