3. Siebenbürgen im frühen ungarischen Königreich (1003–1172)

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1373. Siebenbürgen im frühen ungarischen Königreich (1003–1172)
Das jenseits des im alten Ungarischen als Igfon-Wald (Egyfan = Heilige Wildnis) erwähnten Biharer Gebirges (Siebenbürgischen Mittelgebirges) liegende Land nannte man aus der Sicht der Donau-Theiß-Ebene „jenseits des Waldes“ (in den Urgesta des 11. Jahrhunderts Erdeelw = erdő elü), ebenso wie die jenseits der Howos = Havas (Alpes) genannten Karpaten liegende Ebene Havaselve (= Walachei). In den Quellen der Arpadenzeit vor 1190 trägt dieser Landesteil den das italienisch-stadtrömische Latein widerspiegelnden Namen Ultrasilvana (Ultra Silvas), das dem deutschen Latein folgende Transilvana erschien parallel mit dem ersteren zwischen 1190–1250, und das aus ihm gebildete Transsilvania taucht glaubwürdig erst nach 1461 auf. Die Übernahme der tausendjährigen ungarischen Benennung Erdély ins Rumänische ist das auch heute gebrauchte Ardeal, das sich zum ersten Mal 1444 in einer (slawischen) rumänischen Urkunde findet.
Verglichen mit anderen Gebieten Ungarns blieben in Siebenbürgen kaum arpadenzeitliche Urkunden erhalten. 1241 zerstörten die Mongolen und 1277 die Salzburger Sachsen das Weißenburger Kapitel mit Archiv und Regesten. Ähnlich erging es beim Mongolensturm dem Bistum Tschanad, mit Ausnahme eines Teils der Regesten mit Angaben vom Anfang des 13. Jahrhunderts dem Archiv des Bistums Wardein und schließlich, aber nicht zuletzt auch der Registratur der Benediktinerabtei von Alt-Klausenburg (Appesdorf). Urkundliche Angaben über Siebenbürgens frühe Geschichte blieben aufgrund der allgemeinen Vernichtung zumeist nur in königlichen Schenkungsbriefen erhalten, aus irreführend später Zeit (Weißenburg 1111, Csanád 1111/1163, Inner-Szolnok 1134/1166, Arad und Aradvár 1156/1177, Dobokavár 1164, Krasznavár 1093/1164, Tordavár/Thorenburg 1075/1177, Kolozsvár/Klausenburg, Küküllővár/Kokelburg, Temeschwar, Krassóvár 1177, Zaránd 1203/1214, Hunyadvár 1265/1276). Auf das 11. Jahrhundert verweisen nur vier Urkunden. Diese späten Erwähnungen pflegt man bis heute auch als „erste“ zu bewerten, besonders im Hinblick auf die Einrichtung der ungarischen Staatsorganisation in Siebenbürgen, ohne Berücksichtigung der zeitlich erheblich früheren Chroniken und Legenden und unter Uminterpretation des archäologischen Datenmaterials. Dabei erscheinen aus den gleichen Gründen in den Urkunden dann auch die Sachsen, die Szekler an ihren neuen Wohnorten und die ersten Siebenbürger Rumänen mit jahrzehntelanger Verspätung. Andererseits pflegt man Geschichte und Wirtschaftsgeschichte dieser Epoche im Rückschluß aus der allgemeinen Entwicklung und den späten siebenbürgischen Urkunden zu skizzieren – eine bei weitem nicht zufriedenstellende Methode. Die territoriale (später adlige) Komitatsorganisation („comitatus civitatis“, „mega“), die Grenzgespanschaften (marchiae, comitati confiniorum) und die frühen königlichen Burggespanschaften (civitates, comitati castrorum) in der Geschichte von Siebenbürgen werden bis heute fast völlig vermischt, unabhängig davon, daß die erste von ihnen an manchen Orten tatsächlich spät entstand. Die Burgenorganisation wird z. B. unter Berufung auf den Mangel an Merkmalen und Angaben der territorialen Komitatsorganisation fast allgemein bestritten, obwohl ihre durch Grabungen erforschten, mit Funden und 138mehrfach mit Münzen datierten Burgen noch heute stehen und in ihren Friedhöfen seit Stephan I. oder seit Peter fortlaufend bestattet wurde (Alt-Thorenburg, Alt-Klausenburg, Alt-Hunyadvár, Alt-Aradvár). Unter solchen Umständen kommen für eine sachlich-objektive Darstellung der frühen Geschichte dieses Landesteiles der sprachwissenschaftlich kontrollierten Toponymie und der Archäologie eine wichtigere Rolle zu als in anderen Gebieten des Karpatenbeckens.
Die Archäologie hat zu vielem nichts zu sagen. Sie kann aber (angefangen mit dem Neolithikum) Auskunft geben, ob ein Gebiet in einer bestimmten Periode bewohnt war oder nicht, und mit erheblicher Sicherheit auch, ob kontinuierlich oder nur vorübergehend. Sie informiert, zu welchem Typ („Kultur“) die Bevölkerung gehörte, in historischen Zeiten zu welcher staatlichen Einheit sie gehörte, ob ihre Gesellschaft gegliedert war oder nicht. Mit hoher Sicherheit kann sie feststellen, ob in der Periode Burgen und Befestigungen existierten, welchen Typs, wann sie errichtet und umgebaut, zerstört oder verlassen wurden. Die Friedhöfe des 11.–12. Jahrhunderts lassen sich mit der Genauigkeit eines Jahrzehnts datieren, da die schnell aufeinanderfolgenden Herrscher des Arpadhauses ihre Münzen häufig jährlich bis zweijährlich wechselten und diese als Totenobolus in die Gräber gelangten. Ebenso lassen sich selbst die Namen zerstörter Dörfer mit Hilfe von Urkunden oder erhaltenen Flurnamen bestimmen. Sie bietet also ein Quellenmaterial, das heute nicht mehr unberücksichtigt bleiben darf. Bedauerlicherweise sind aber die einseitig erforschten archäologischen Quellen unseres Gebietes zur Beantwortung der wirtschaftshistorischen Fragen noch weniger geeignet als in den vorhergehenden Jahrhunderten der Völkerwanderungszeit.

 

 

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