Wirtschaft und Bevölkerung

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Wirtschaft und Bevölkerung
Wirtschaftsgeschichtliche, topographische und ethnische Angaben über Siebenbürgen blieben in Urkunden vom letzten Drittel des 11. Jahrhunderts erhalten. Im wesentlichen ist die Erzählung der größeren Gerhardtslegende über die Salztransportschiffe des hl. Stephan auf dem Mieresch wohl glaubhaft (vgl. oben, bei der Geschichte Ajtonys), doch wird in einer zeitgenössischen Urkunde erstmals 1075 der Salzzoll (tributum salinarum) eines ung. Aranas genannten Ortes nahe dem Castrum Torda „ultra silvam“ erwähnt, dessen Hälfte Geysa I. der Abtei St. Benedikt an der Gran überläßt. Kurze Zeit später ist bereits von wirklichen Salzschenkungen die Rede.
Eine glaubwürdige Urkunde Belas II. um 1131 bestätigt Ladislaus’ I. Schenkung für die St.-Moritz-Abtei von Bakonybél von 1092 (die später, unter Stephan II. angefochten wurde). Ladislaus hatte dem Kloster 24 Familien (mansiones) geschenkt, mit der Bedingung, viermal jährlich 600 (später durch Schaben des Papiers auf 6000 „korrigierte“) Salzblöcke an die Brüder zu liefern (qui quattuor vicibus per annum sal deferrent scilicet, sexcentos lapides fratribus). Daß hier von siebenbürgischem Salz die Rede ist, bleibt aufgrund der noch zu behandelnden Urkunde Belas II. von 1138 kaum zweifelhaft. Beim ersten Lesen ist es dennoch unklar, ob die namentlich genannten 24 Familienoberhäupter siebenbürgische Salzschneider oder nur zum Transport Verpflichtete waren, weil die Urkunde nichts über ihren Wohnort mitteilt. Den Namen der Dörfer nennt auch die für Bakonybél auf das Jahr 1086 ausgestellte Besitzkonskription aus dem Jahre 1186 nicht, in die Ladislaus’ echte Urkunde von 1092 – die Dienstleistungen gründlich krönend – „hineinkopiert“ wurde. Insofern verrät sie doch mehr, als sie im Zusammenhang mit den gleichen 24 Personennamen auch von einem Salzbergrecht (salifodium) und von ausgegrabenen Salzblöcken, transportiert mit drei Schiffen (navibus), spricht. Die 24 Personennamen gelangten aus der verlorenen Urkunde Ladislaus’ I. von 1092 ebenfalls in die glaubwürdige Urkunde Belas II. um 1131. Damit beweist gerade die 1186 interpolierte Urkunde, daß es sich um siebenbürgisches Salzvermögen handelte.*
P. SÖRÖS, A bakonybéli apátság története CGeschichte der Abtei von Bakonybél;. In: A pannonhalmi Szent-Benedek-rend története, VIII. Budapest 1903, 271–272.
Die 24 Familien aus der Urkunde von 1092 konnten prinzipiell überall wohnen. Auf ihre siebenbürgische Herkunft verweist gerade, daß ihr Wohnort nicht angegeben ist, wie auch die Dörfer der sicher siebenbürgischen Salzfuhrleute von 1138 nicht genannt sind. Diese weitere Untersuchungen erfordernde Eigentümlichkeit verrät, daß die frühen siebenbürgischen Salzschneider und -fuhrleute nicht nach Dörfern, sondern nach dem Familienoberhaupt registriert wurden.
153Die 24 Namen von 1092 unterstützen die siebenbürgische Zugehörigkeit der Salzfuhrleute. Zum ersten Mal erscheint urkundlich die Bezeichnung Szekler: Scicul/Scichul ist die älteste Form, die mit der üblichen Namensform der nächsten 130 Jahre übereinstimmt (Chronica Hung. zu 1116 und 1146: Sicul/Sycul, Anonymus: Sicul, Urkunden von 1213/1222: Sicul, Regestrum von Wardein 1217: Scecul) und damit beweist, daß die früher von Turkologen vorgeschlagene Herleitung aus „śikil“ (recte: śilik!), „eśkil/eśekel“ falsch ist. Christliche Namen tragen noch wenige: Paulus, Martinul, Michael, viel häufiger sind die eingliedrigen Namen ungarischer Dienstleute: San = Csány, Nesinc = Nesincs, Nanasca = Nánás, Sacan = Csákány, Zacan = Zákány, Bela, Kasudi = Kásádi, Cuna = Kuna (Marder), Keta = Kötő, Rescadi = Részedi), das finnougrische Bildungssuffix -di kommt auch bei Namen slawischer oder sonstiger Herkunft vor: Zagordi, Bedladi, und schließlich gibt es auch eindeutige slawische Namen: Boguta, Walen. Die übrigen, mit Ausnahme eines Schimpfnamens (Negus), sind bisher nicht zu deuten: Lawa, Cunei, Zaut, Desce, Gnenu.
Ebenso ließ Bela II. sämtliche Güter, die sein Vater, Herzog Almos, 1108 der Propstei von Dömös geschenkt hatte, registrieren und bestätigte sie am 3. September 1138.* Im „Salzdorf“ Sahtu/Sajti am Mieresch wurden 25 Salzschiffer registriert, die verpflichtet waren, mit zwei Schiffen jährlich sechsmal Salz auf dem Mieresch aus Siebenbürgen zum Markt nach Szombathely im Komitat Arad (forum Sumbuth, heute: rum. Sîmbăteni) zu transportieren. Diese Salzschiffer aus Sajti tragen ohne Ausnahme eingliedrige ungarische Namen, wie Aianduk = Ajándék, Bise = Bicse/Bese, Buken = Bökény, Ceuse = Kőcse/Kese, Forcos = Farkas, Gucur = Gyüker, Halaldi = Haláldi, Kewereg = Kevereg, Maradek = Maradék, Niundi = Nyundi, Numarek = Nyomorék, Silev = Süllő, Sima = Sima, Sumpu = Csömpő, Tuda, Wendeg = Vendég, Wosos = Vasas, und auch ihre christlichen Namen sind ungarisch gefärbt: Iwanus, Pedur, Mihali, Michal.
D. SZABÓ, Die Schenkungsurkunde der Propstei von Dömös, n38/t329 (ung.). Magyar Nyelv 32 (1936), 203–206.
Die Salzfuhrleute von Sajti (allatores salis) lieferten an einem in derselben Urkunde von 1138 nicht näher bestimmtem Ort dort lebenden 30 Familien siebenbürgischer Salzschneider (In Ultrasilvanis partibus sunt mansiones que sal dare debent) jährlich 24 tausend (?) Salzblöcke (die Angabe ist vermutlich eine nachträgliche „Korrektur“ in der Kopie von 1329) für die Propstei von Dömös. Ungefähr drei Fünftel der Salzschneider führen eingliedrige ungarische Namen: Wosas = Vasas, Besedi = Beszédi, Fuglidi = Fogolydi, Both = Bot, Vtos = Utas, Cima = Sima/Csima, Kosu = Kos, Cesti = Késdi, Halis = Hálás/Halász, Himudi = Hindi/Himdi, Satadi = Csatádi (?), Sounik = Szónok, Orsci = Or(r)szi, Emis = Emes, Vza = Uza, Eulegen = Őlegyen, Ellu = Ellő/Élő, Wendi = Véndi. Die anderen sind entweder slawische Namen: Kinis, Senin, Sokol, Lesin, Ginon, Viuscij sowie der slawische christliche Name Wasil, oder christliche: Martin, Simeon, Isaac. Namen unsicherer oder unbekannter Herkunft sind Vir und Ogsan. Die Urkunden von 1092 und 1138 sind die ersten Fenster, durch die wir einen Blick auf die frühen ethnischen Verhältnisse Siebenbürgens werfen können. Die Fälschungen vom 12.–14. Jahrhundert und die „korrigierten“ Kopien der Urkunden weisen zudem auf eine starke Entwicklung der Salzbergwerke hin.
154Die in der gleichen Urkunde von 1138 an einem näher nicht bestimmbaren Ort „in den siebenbürgischen Teilen“ der Propstei Dömös geschenkten Leute – offenbar Wildfänger – zahlten jährlich 20 Marderfelle, ein Bärenfell, ein Büffelhorn und hundert Lederriemen als Steuer an die Abtei. Die Urkunde enthält leider nicht ihre Namen.
Die 1177 schriftlich niedergelegte Flurbeschreibung des nach 1131 von König Bela II. der St.-Martins-Propstei von Arad geschenkten Gutes Asszonynépe/Frauenvolk bewahrte die Angaben der ältesten siebenbürgischen Gemarkung.* Die Flurnamen sind ausnahmslos ungarisch: Feketefee = Feketefeje/fő; Hegesholm[ir]u = Hegyeshalom; Sossed = Sós-séd; Acnahege = Akna-hegye; Husee Berke = Huseje/Husó/Husi berke; Ret = Rér, Sciluas = Szilvás; Thow = Tó; Fequet kopna = Fekete kapuja; Fequet = Fekete, das spätere Fugad/Fügöd. Dementsprechend tragen die benachbarten Dörfer ebenfalls ungarische Namen oder türkische Personennamen: Bodon, Lapad, Heren, Tordosi de Vyuuar = der Újvárer Tordos, bzw. Sugman = S/Szukmán, das spätere Szokmánd. Als Name eines Hains kommt hier zum ersten Mal das falsch geschriebene Caxun vor, das sich wohl nur als Taxun = Taksony verstehen läßt (nur ein Strich ist weggefallen = Č). Das ebenfalls falsch geschriebene „Parpurcum“ (~ Harpurtum) erscheint 1317 in der Form Haperthon, ist also mit dem heutigen Dorf Háporton (rum. Hopîrta) identisch. Sein Name (háportyán) entspricht im siebenbürgischen Ungarisch ungefähr dem „Mattenflechter“ = Háportyos. Zur gleichen Zeit wurden auch die ungarischsprechigen Gemarkungspunkte des Gutes Torda (Thorda) der Arader Abtei aufgezeichnet: Oronos = Fluß Aranyos, Fyzeskuth = Füzeskut, Monorospatak, Sospatak usw.
Dl 30 571; I. BORSA, Levéltári Közlemények (Archivmitteilungen) 1962, 216.
Große Bedeutung besitzt schließlich die Flurbeschreibung von 1223 über den der 1202 gegründeten Kerzer Zisterzienserabtei zwischen 1202 und 1209 geschenkten Besitz, der aus dem Land der damals bereits dort lebenden Fogarascher Machen ausgegliedert wurde (terra exempta de Blaccis). In ihr finden sich außer den Flußnamen Olt (Alt) und Kerc (Kerch, unbekannter Herkunft) nur frühe ungarische (bzw. ungarisch-slawische) Flurnamen – der sumpfige Egerpatak (Egwerpotac), als Name eines Buchenwaldes (fagos) nogebik (Nagybükk) und der Fluß Arpas –, die gewiß aus einer weit vor Bela III. und Geysa II. liegenden Periode stammen.

 

 

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