Das Volk der Daker

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Das Volk der Daker
Zeit und Authentizität der frühesten Angaben über das Volk der Daker sind umstritten. Die Angaben wurden in ihrem Quellenwert dadurch eingeschränkt, daß die ausführlich berichtenden Quellen nur in Auszügen erhalten sind; diese wiederum drängen in ihren historischen, die einzelnen Völker betreffenden Rückblicken die Ereignisse oft mehrerer Perioden zusammen. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der zweifachen Benennung der Daker: Im griechischen Bereich und im Römischen Reich wurden für die Stämme, die die östliche Hälfte des Balkans, das Tal der unteren Donau und Siebenbürgen bewohnten, unterschiedliche Benennungen gebraucht. Die mit der griechischen Kultur sehr früh in Verbindung gekommenen Thraker bewohnten das Gebiet südlich des Balkangebirges, das im Osten an Makedonien grenzte; die Geten siedelten nördlich des Balkangebirges und im Gebiet der unteren Donau. Die griechischen Quellen bezeichnen die siebenbürgischen Daker ebenfalls als „Geten“, die wiederum aus griechischen Quellen schöpfenden römischen Geschichtsschreiber übersetzten den Namen des Volkes der „Geten“ willkürlich auch dann als Daker, wenn eigentlich von den Geten die Rede war. Gerade darum sind einige der 17Angaben über die Teilnahme der Daker an einzelnen Kämpfen der Römer im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. an der nördlichen Grenze Makedoniens mit verschiedenen thrakischen, getischen und keltischen Stämmen kritisch zu behandeln.
Bei der Untersuchung dieser Fragen leistet das archäologische Material wenig Hilfe. Vom Dnjestr bis zur Donau und vom Balkangebirge bis zu den Nordkarpaten, im späteren Gebiet des (burebistaischen) dakischen Königreiches lebten die verschiedensten ethnischen Gruppen, die im Süden als „Geten“, im Osten als „Bastarnen“ und innerhalb des Karpatenbeckens als „Kelten“ bezeichnet werden können. In Siebenbürgen bestand ununterbrochen die Tradition des Eisenhandwerkes fort, die materielle Kultur aber veränderte sich. Unter den Keramikfunden kommt in größerer Zahl die grobe, handgeformte Keramik vor; die Töpfer, die scheibengedrehte Keramik herstellten, waren nicht die Nachfolger der keltischen Meister, sondern Einwanderer vom Balkan und von der unteren Donau. Die Denkmäler der im 1. Jahrhundert v. Chr. beginnenden monumentalen Architektur der Daker in Újvárhely, Kosztesd, Blidaru und anderenorts zeigen spezielle technische Merkmale pontisch-griechischer und nicht keltischer Herkunft. Die durch Balken zusammengehaltenen Wände aus behauenen Steinen sind noch zur Zeit des Niedergangs des dakischen Königreiches allgemein verbreitet, ja die Mehrzahl der in dieser Technik gefertigten Bauten entsteht erst in dieser Zeit. Auch die Zeugnisse des Silberhandwerks können erst aus der Zeit Burebistas stammen und sind so sehr Erscheinungen der Peripherie der antiken Welt, daß Analogien auch auf der Iberischen Halbinsel zum Vorschein kommen. Die Silbergefäße aus Szörcse oder Csíkszentkirály könnten Produkte römerzeitlicher griechischer Meister sein, während die Maskenfibeln oder die mehrfach gewundenen Armreifen von „barbarischen“ Kunstschmieden stammen könnten, die nach griechischem Vorbild arbeiteten. Da zusammen mit diesen in dem vom Ruszka-, Szörény- und Mühlbacher Gebirge umgebenen Gebiet und im Miereschtal unter der handgeformten Keramik auch Stücke vorkommen, die auf einen Ursprung in der Moldau und im Gebiet der unteren Donau verweisen, ist es wahrscheinlich, daß die dakische Kultur sekundär als Folge der burebistaischen Reichsgründung zustandegekommen ist.
In dem von Süden her von unüberwindbarem Gebirge umgebenen, aber durch die Täler von Mieresch, Schil und Alt mit der Donau verbundenen Gebiet, dessen Zentrum das Tal des Városviz war, der hier in den Mieresch fließt, kamen im 1. Jahrhundert v. Chr. zahlreiche befestigte Hochsiedlungen zustande. Die Zahl der offenliegenden, unbefestigten Siedlungen vermehrte sich – neueren Angaben zufolge – im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. bedeutend, was auf eine Umstrukturierung der dakischen Gesellschaft schließen läßt. Die Art und Weise dieser Umwandlung ist aber bei weitem nicht so genau zu umreißen. Der in der Nordhälfte Siebenbürgens spürbare starke keltische Einfluß hat wahrscheinlich zum technischen Fortschritt beigetragen. Außer der Benutzung von Eisengeräten, der Töpferscheibe und der Übernahme anderer Neuerungen sind auch die hochgelegenen Festungsbauten als Wirkung der spätkeltischen Oppidum-Kultur zu bewerten. Der Gebrauch von Münzen und der Beginn der örtlichen Münzprägung weisen darauf hin, daß es allmählich üblich wurde, für einen bestimmten Kreis von Waren und Werten das Silber als gleichwertiges und damit als zweckmäßiges, meßbares Mittel der Akkumulation zu benutzen. Aber genauso wie bei den Donau-Kelten 18darf man auch hier nicht annehmen, daß sich das Geld als allgemeiner Wertmaßstab verbreitet hätte und die Produktion für den Markt vorherrschend geworden wäre. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß im wirtschaftlichen Leben der Daker das Übergewicht auf der Hauswirtschaft und damit auf der Selbstversorgung gelegen hat, was soweit ging, daß der Großteil der im Haushalt benutzten Tongefäße ebenfalls selbst oder zumindest innerhalb der Grenzen einer kleineren Gemeinschaft – also nicht als Ware – gefertigt worden ist. Unter diesem Gesichtspunkt war das Wirtschaftsleben der Daker zur Zeit des dakischen Königreiches weniger entwickelt als das der Donau-Kelten.
So bleibt die Frage: Durch welche inneren Gründe ist der auf eine fortgeschrittene gesellschaftliche Gliederung verweisende Festungsbau, die Anhäufung von Werten – hauptsächlich Silber –, besonders aber die spektakuläre und unerwartete Stärkung der dakischen Macht zu erklären? Karge Quellenangaben berichten von zwei scharf, fast kastenartig voneinander zu trennenden Schichten in der dakischen Gesellschaft: von den pilleati oder „Filzmützen“ und den comati oder „Langhaarigen“. Auf späteren Darstellungen tragen die dakischen Vornehmen tatsächlich Filzmützen. Diese Unterscheidung von der Untertanenschicht gibt eine gute Erklärung für die Diskrepanz im archäologischen Material der Daker, die sonst in den späteisenzeitlichen archäologischen Funden im Donauraum nicht anzutreffen ist. Griechische Feinkeramik, griechische Spiegel, ein entwickeltes örtliches Silberschmiedehandwerk und mit Bemalung verzierte, feine, scheibengedrehte Keramik sind das charakteristische Fundmaterial der dakischen Burgen, während die Funde der offenen Siedlungen in der überwiegenden Mehrheit aus früheisenzeitliche Traditionen wahrender Keramik, die außerordentlich einfach, sogar grob und handgeformt ist, sowie sehr ärmlichen Metallgegenständen bestehen.
Die Tatsache selbst, daß ein Stamm oder eine kleinere Gruppe eines Stammes in kurzer Zeit riesige Gebiete unterwarf und eine Reihe anderssprachiger Völker als Verbündete benutzte oder als Unterworfene ausbeutete, war in der Geschichte der Jahrhunderte vor der Zeitenwende nicht ungewöhnlich. Bevor die Daker an der mittleren und unteren Donau die Alleinherrschaft erlangten, wurde das unter römischer Herrschaft stehende Makedonien von Norden her zuerst von den in der Umgebung des heutigen Belgrad siedelnden keltischen Skordiskern, dann, zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. von den im Gebiet Südserbiens und Makedoniens ansässigen Dardanern behelligt. Wenn die Skordisker als erstrangiger oder ausschließlicher Feind auf dem Balkan angeführt werden, bleiben die Dardaner unerwähnt oder diese kämpften-zusammen mit anderen Stämmen-als Verbündete der Skordisker gegen Rom. Die Macht der Skordisker wurde um die Wende vom 2. zum 1. Jahrhundert v. Chr. gebrochen, und seit dieser Zeit hört man von ihnen als Feind Roms auf dem Balkan immer weniger.
Um so mehr aber werden die Dardaner und die mit ihnen zusammen angreifenden thrakischen Stämme erwähnt, die früher bestenfalls als Verbündete der Skordisker galten. Auch im Karpatenbecken ist die politische Geschichte vor der Zeitenwende durch die Herrschaft einiger Stämme oder kleinerer Stämmegruppen gekennzeichnet. Den nördlichen und westlichen Teil hielt Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. ein keltischer Stammesverband in Händen, den der Stamm der Bojer anführte. Das Tal der Save war im Besitz der Skordisker, die bis zum Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. die zwischen 19Drau und Save lebenden pannonischen Stämme beherrschten. Die Hegemonie der Skordisker wurde in diesem Raum wahrscheinlich durch die andauernden Niederlagen gebrochen, die sie von den aus Makedonien angreifenden Römern erlitten. In den 60er Jahren kann man bereits die Selbständigkeit der pannonischen Stämme annehmen, denn in den Plänen des pontischen Königs Mithridates, der Italien über die Balkanhalbinsel und von den Alpen her angreifen wollte, sind nicht mehr die Skordisker, sondern die Pannonier als Beherrscher des Durchmarschgebietes angeführt.

 

 

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