Szekler und Sachsen innerhalb des Adels

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205Szekler und Sachsen innerhalb des Adels
Der Lebensform des Adels stand die Sozialordnung der Szekler seit jeher am nächsten, da die beiden wichtigsten Merkmale der Zugehörigkeit zu den Szeklern, die persönliche Freiheit und die persönliche Kriegsdienstpflicht, auch den Adel kennzeichneten. Aus diesem Grunde betrachtete man den Szekler schon im 14. Jahrhundert auch über seine engere Heimat hinaus als Adligen. Im Jahre 1346 brauchte ein gewisser Pál von Sényő bloß seinen Szeklerstand zu beweisen, um überall im Land als freier Mensch leben zu können. Im Szeklerland selbst war der individuelle Aufstieg jedoch durch die uralte Besitzgemeinschaft und die rechtliche Gleichheit beschränkt. Der Hauptvorteil des Komitatsadels, der unbeschränkte Besitzerwerb und die Verfügung über die Gutsbewohner als dienstpflichtige Untertanen, konnte sich hier nicht entwickeln. Aufgewecktere Szekler versuchten deshalb schon früh, ihr Glück im Dienste des Königs zu machen, und erhielten auch als Lohn für ihre Verdienste Anteile an den zerstückelten königlichen Gütern. Da sie aber auch an ihrem Szekler Erbteil festhielten, erwarben sie sich üblicherweise in einem dem Szeklerland benachbarten Komitat Besitz durch königliche Schenkung. Vorwiegend gelangten die im Szeklergebiet liegenden königlichen Burggüter in den Besitz des neuen Szekler Adels. So schenkte der König 1252 das Gebiet Szék an der Grenze vom Burzenland und den Drei Stühlen dem Szekler Vorfahren der vornehmen Familien Nemes, Mikó und Kálnoki. Diese Familien wollten ihre dem Szeklerrecht unterstehenden Dörfer ebenfalls nach Adelsrecht besitzen, was zwischen 1342 und 1366 zu erbitterten Kämpfen mit den Sepsier Szeklern führte, bis schließlich das umkämpfte Gebiet doch im Szeklerland verblieb. Ebenso schenkte der König im Laufe des 13. Jahrhunderts die ungarischen (und sich magyarisierenden slawischen) Dörfer der königlichen Burg Götzenburg dem Ahnen der Szeklerfamilien Kézdi und Apor. Die Besitzer besiedelten dieses Territorium mit ungarischen und russischen Fronbauern und unterstellten es der Komitatsbehörde, ihre Ansprüche auf das Kászon-Gebiet wurde dagegen von den Csíker Szeklern 1324 erfolgreich zurückgewiesen. Am Ostrand der Komitate Fehér, Küküllő, Torda, Kolozs und Doboka rings um das Szeklerland erhielt eine ganze Reihe von Familien namens „Székely“ im Laufe des Mittelalters Adelsbesitz, teils durch königliche Schenkung, teils durch Einheirat in den Komitatsadel. Da sie ihren Anteil am gemeinsamen Szeklerbesitz behielten, spielten sie aufgrund ihres Szekler- und ihres Komitatsbesitzes eine Rolle im öffentlichen Leben der Szeklergesellschaft wie des Komitats. Vertreter einer Familie erscheinen einmal als Stuhlrichter eines Komitats, ein andermal als Amtsträger der Szekler Nation.
Die Masse der Szekler konnte jedoch das Niveau des damals allein als zeitgemäß geltenden gepanzerten Reiters mangels der dazu erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht erreichen. Sie verblieben daher stets in der Waffengattung der leichten Reiterei. Weiter westlich in Ungarn war diese uralte Form des Waffendienstes im Aussterben. Die europäische Kampfesweise verlangte das gepanzerte Heer, weshalb die Könige von jenen gesellschaftlichen Gruppen, welche anfangs zum individuellen Kriegsdienst verpflichtet waren, nach dem Mongolensturm nur eine gewisse Anzahl, allerdings vorzüglich ausgerüsteter Soldaten benötigten. Das führte dann dazu, daß die vom tatsächlichen Kriegsdienst ausgeschlossenen Elemente 206notwendigerweise zu Hörigen absanken, da ihre Funktion nur noch darin bestand, ihren im Kriegsdienst stehenden Gefährten die materielle Basis für Bewaffnung und Dienst zu sichern. Dieses Schicksal wurde den im 13. Jahrhundert im Gebiet zwischen Donau und Theiß angesiedelten Kumanen und Jazygen zuteil. Ursprünglich zogen sie selbst in den Krieg, bald aber stellten sie dem König nur noch 600 Soldaten, wodurch ihre soziale Einheit zerfiel. Die Militärdienstschicht zwang schließlich das Gemeinvolk zum bäuerlichen Dienst. Siebenbürgens Grenzen wurden jedoch das gesamte Mittelalter hindurch von Feinden bedroht, deren Heere ebenfalls auf der leichten Reiterei basierten (Tataren, Litauer, Rumänen und später Türken), weshalb die uralte Kampfesweise und Ausrüstung der Szekler auch weiterhin genügten. Da sich auch die Ärmeren die primitivere Ausrüstung beschaffen konnten, vermochte jeder Szekler mit dem Recht und der Pflicht der persönlichen Kriegsteilnahme auch seine persönliche Freiheit zu bewahren.
Die sächsische Gesellschaft machte keine geringere Krise durch als die der Szekler, doch führte die daraus resultierende Entwicklung in ganz andere Richtung. Anders als die Szekler nahmen die Sachsen nicht persönlich am Krieg teil, sondern stellten eine gewisse Anzahl von Soldaten. Die gesellschaftlichen Vorteile des Kriegsdienstes beschränkten sich demnach schon zu Anfang bereits nur auf eine Schicht der Volksgemeinschaft, vor allem auf die Gräven. Diese – Richter, Verwaltungsbehörde und Militärbefehlshaber in einer Person – waren erbliche Amtsträger. So verschmolz ihr Amt, wie bei den Szeklern, mit dem damit verbundenen Grundbesitz und wurde verkäuflich und verpfändbar. Auch die Gräven banden Gemeinschaftsinteressen, sie mußten sich den sächsischen Rechtsnormen unterwerfen und trugen die gemeinsame Steuerlast mit. Folglich konnten auch sie, ähnlich den Szekler Vornehmen, ihre ungebundenere Verwirklichung nur innerhalb der Komitate finden. Am Rande des Sachsenlandes erwarben sie sich deshalb Güter, die sie überwiegend mit Deutschen besiedelten, aber nicht als gleichberechtigte Volksgenossen, sondern als Hörige. Auf diese Weise entstand in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine „sächsische“ Hörigenschicht außerhalb des Sachsenlandes.
Die Dörfer in den Komitaten besaßen die Gräven bereits nach Adelsrecht wie Adlige, und viele von ihnen wurden von den Königen auch formell geadelt (als erster unseres Wissens im Jahre 1206 der Wallone Comes Johannes Latinus aus Voldorf). In der öffentlichen Meinung waren sie aber ohnehin Adlige, obwohl man sie von den vollrechtlichen Adligen unterschied (1358: nobiles et alii comites). Begründet war diese Unterscheidung damit, daß die Gräven (und darin waren sie wieder mit den Szekler Vornehmen zu vergleichen) nicht auf ihren Besitz im Sachsenland verzichteten, sondern ihre Macht und ihr Ansehen aufgrund ihres Komitatsbesitzes dazu benutzten, ihre Führungsrolle in der sächsischen Volksgemeinschaft auszubauen. Die sächsische Geschichte des 13. und 14. Jahrhunderts verlief im Zeichen des wachsenden Gewichtes und der ausschließlichen Herrschaft dieser Grävenfamilien. Sie besetzten sämtliche Ämter in der Selbstverwaltung der Volksgemeinschaft, sie vertraten die militärischen Kräfte und die wirtschaftliche Macht, und ihre Lebensform als Großgrundbesitzer und Soldaten – eine Nachahmung der ungarischen adligen Lebensform – drückte allen Äußerungen des sächsischen Lebens ihren Stempel auf. Heiraten ungarischer Adliger mit sächsischen Gräven wurden immer häufiger. Ihren Familiennamen 207wählten sie ebenso wie die Adligen nach ihren Gütern, und mit Vorliebe nicht nach ihren Gütern im Sachsenland, sondern ihren nach Adelsrecht besessenen Komitatsgütern, und oftmals verraten nur die deutschen Vornamen und der Beiname „Geréb“ die sächsische Herkunft einer solchen Familie. Mehrere ihrer Mitglieder wurden Komitatsbeamte, Vizegespane oder Stuhlrichter, und ein Geréb von Salzburg war im 15. Jahrhundert Vizewoiwode und dann Szekler Gespan. Die siebenbürgische Adelsgesellschaft bereicherte sich damit um wertvolle neue Elemente mit Führungsqualitäten, änderte sich aber in ihrem Grundcharakter nicht: zahlenmäßig blieben die Adligen fremder Herkunft weit hinter den Ungarn zurück, und zudem haben sie sich in der Regel magyarisiert.
Innerhalb der sächsischen Volksgemeinschaft finden sich auch am Ende des 15. Jahrhunderts Gräven in Führungspositionen, aber in ständig abnehmender Zahl. Die sächsische Gesellschaft hatte sich inzwischen in eine ganz andere Richtung zu entwickeln begonnen, von der sich die Gräven ausgeschlossen fühlten. Teils auf den Druck der um die Rechtsgleichheit und die Volkseinheit besorgten sächsischen Mittelschicht hin, teils freiwillig verkauften sie ihre Güter im Sachsenland und stellten ihre Ämter wieder der Volksgemeinschaft zur Verfügung; sie siedelten in die Komitate um, wo sie als Adlige weiterlebten. Die Verwaltung und Gerichtsbarkeit der sächsischen Stühle war bereits im 14. Jahrhundert in die Hände ernannter königlicher Beamter, der Königsrichter, übergegangen.

 

 

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