Übergangszeit

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Übergangszeit
Als Burebista auf dem Höhepunkt seiner Macht stand, verfügte er über 200 000 Krieger; etwas später wird die dakische Streitmacht auf nur ein Fünftel dieser Zahl geschätzt. Burebistas Königreich zerfiel erst in vier, später in fünf Teile. In dem Zentralgebiet gelang es anfangs Decaineus, über Burebistas eigenen Stamm zu herrschen. Der als sein Nachfolger genannte Comosicus vereinigte wahrscheinlich endgültig die Macht des Königs und des Oberpriesters in seiner Person. Die von Burebista bis Decebalus reichende Königsliste bezieht sich offenbar auf das Zentralgebiet, das Königreich im südwestlichen Teil Siebenbürgens, während die weiteren dakischen oder getischen Könige, die zur Zeit des Augustus erwähnt werden, über die abtrünnigen Stämme der Geten an der unteren Donau herrschten. Die Namensreihe der eigentlichen Herscher des dakischen Königreiches ist auch nicht unproblematisch. Der in mehreren Quellen erwähnte Daker Cotiso, der Herrscher in der Umgebung des Eisernen Tores, ist in der die Namen Burebista, Decaineus und Comosicus anführenden Namensreihe nicht enthalten. Da in der Namensreihe noch weitere Schreibfehler vorkommen, ist Cotiso vielleicht mit Comosicus identisch.
Von dem in mehrere Teile zerfallenen Reich Burebistas kann man nur das innerhalb der Karpaten verbliebene Königreich in Siebenbürgen als dakisch bezeichnen, die anderen Königreiche teilen sich die Macht über die getischen Stämme. Von diesen ist dem Namen nach König Dicomes bekannt, der in der auf Cäsar folgenden Periode des römischen Bürgerkrieges Beziehungen zu Antonius unterhielt und ihm vor der Schlacht von Actium (31 v. Chr.) Hilfe anbot. Cotiso wiederum näherte sich zur gleichen Zeit politisch Octavian, wenn man der Beschuldigung des Antonius Glauben schenkt, nach der Octavian, der als römischer Kaiser später den Namen Augustus annahm, selbst die Aufnahme familiärer Beziehungen in Betracht gezogen haben soll. Andere getische oder dakische Könige erhofften sich, indem sie zwischen den im Streit liegenden römischen Parteien lavierten, für ihren in Aussicht gestellten Anschluß an das Imperium Romanum materielle Vorteile. Die für diese Periode für „barbarische“ Völker ungewohnt weitreichenden diplomatischen Beziehungen kann man damit erklären, daß sich in jedem der Teilreiche des zerfallenen dakischen Reiches jeder König als politischer Nachfolger Burebistas betrachtete und dementsprechend für seine hegemonialen Bestrebungen Unterstützung von außen suchte. Unter diesen Umständen blieb die dakische Gefahr selbst in der auf den Tod Cäsars folgenden Zeit in der 22römischen Öffentlichkeit auf der Tagesordnung. Octavian wiederum verkündete als Vollstrecker des politischen Erbes von Cäsar den Krieg gegen die Daker, obwohl dieser immer weniger zeitgemäß war und sich die Aussichten dafür verschlechterten. Den von 35 bis 33 v. Chr. geführten Japodenkrieg begann er mit propagandistischen Phrasen zum Zwecke der Vorbereitung des dakischen Krieges, obwohl das Ziel nur die Besetzung des Hinterlandes der Italien und den Balkan verbindenden ostadriatischen Küste war. Eines der greifbaren Ergebnisse des Krieges war die Besetzung der im Save-Tal liegenden Stadt Siscia (Sisak), deren Bedeutung damit begründet wurde, daß diese Stadt bei einem kriegerischen Aufmarsch der geeigneteste Ausgangs- und Stützpunkt wäre.
Zu diesem Krieg mit den Dakern ist es selbstverständlich nicht gekommen, weil es einerseits in den kommenden Jahren zur entscheidenden Phase im Kampf um die Alleinherrschaft kam, andererseits später die dakische Gefahr nicht so groß erschien, daß sie die Nahziele der römischen Außenpolitik in den Hintergrund hätte drängen können. Rom gab sich mit der Verdrängung Cotisos aus seinen südlich der Donau liegenden Besitztümern zufrieden, wozu es kurz nach dem Sieg Octavians in Actium im Jahre 29 v. Chr. kam. M. Licinius Crassus errang in der ersten Phase eines mehrere Jahre dauernden Krieges auf dem Balkan über Cotiso einen Sieg. Dieser aber gab das linke Donauufer nicht auf und blieb wahrscheinlich noch längere Zeit im einstigen Zentrum Burebistas an der Macht.
Das spätere Vordringen des Augustus bis zur Donau berührte die Daker nicht unmittelbar. Durch die Inbesitznahme der südlich der Donau gelegenen Gebiete Noricums und Pannoniens sowie die Aufstellung der Makedonien unterstellten mösischen Armee kam es jedoch erneut zur Konfrontation des Römischen Reiches mit den Dakern. Die Römer unternahmen in der letzten Phase dieser großangelegten Serie von Aktionen die ersten Schritte, um das linke Donauufer unter ihren Einfluß zu bringen. Zur Zeit des mit der Besetzung Pannoniens endenden Krieges (10 v. Chr.) überquerten die Daker die Donau; doch wurde ihr Angriff zurückgeschlagen. Zur Vergeltung schickte Augustus ein Heer, das „die Daker dazu zwang, die Herrschaft des römischen Volkes zu ertragen“.* Wahrscheinlich führte diesen Feldzug M. Vinicius, von dem bekannt ist, daß er zuerst das Heer der Bastarner schlug und dann die Völker der Daker und Kelten in ein „Foedus“, ein Bündnis unter römischer Suprematie, zwang.* Vielleicht erfolgte die Aktion des Lentulus parallel mit diesem Feldzug, der die in den Bergen lebenden dakischen „schwer zugänglichen Völker“ von der Donau nach Norden vertrieb und an ihrem westlichen Ufer Wachstationen errichten ließ. Diese militärische Tatsache bewertet eine schriftliche Quelle als ein Ereignis, in dessen Folge „Dakien zwar nicht besiegt, aber ferngehalten wurde“.* Von einigen weiteren römischen Feldzügen sind nur einzelne Ereignisse bekannt, so zum Beispiel, daß ein römisches Heer die Theiß und den Mieresch stromaufwärts schiffte und sich den Dakern näherte. Einen ereignisreichen Hintergrund kann auch die dichterische Bemerkung haben, daß für den dakischen Appulus-Stamm – wahrscheinlich ist hier von den in der Gegend 23von Apulum (Weißenburg) lebenden Bewohnern die Rede – der Pontus auf kurzem Wege erreichbar gewesen sei. Übrigens ist diese Nebenbemerkung der einzige Hinweis darauf, daß die Daker nach dem Tode Burebistas auch in Richtung Donau Kontakte gesucht haben könnten. Der kürzeste Weg zwischen Apulum und dem Pontus war das Tal des Alt. Es kann kein Zufall sein, daß Augustus, der sonst die militärische Besetzung der erreichten Donaugrenzen nicht für wichtig hielt, gerade unweit der Altmündung eines der frühesten Legionslager an der Donau (Oescus = Gigen) errichtete. Das andere, vermutlich ebenfalls aus der Zeit des Augustus stammende Lager an der Donau, Carnuntum (Deutsch Altenburg) wurde in der Nachbarschaft des germanischen Königreiches des Maroboduus, des anderen gefährlichen Feindes der Römer, errichtet. Das ist ebenfalls ein Hinweis, daß das dakische Königreich, trotz des Zerfalls und der Gebietsverluste nach dem Tode Burebistas, noch immer zu den hochorganisierten, schwer einzunehmenden politischen Gebilden gehörte.
Res gestae divi Augusti (Monumentum Ancyranum) 30 = Dobó Nr. 769
Dobó Nr. 769a
Florus, Epitome 11, 28 (= IV, 12)
Unter diesen Bedingungen erwies es sich für die wenig gefestigte Position der Römer an der Donau als günstig, daß an deren Unterlauf zwei Stämme des sarmatischen Reitervolkes ihr Siedlungsgebiet langsam weiter nach Westen verschoben. Die Jazygen und die nach ihnen vordringenden Roxolanen keilten sich nicht nur zwischen die Geten und die Daker, sondern bereits um diese Zeit auch zwischen das Römische Reich und die Daker. Bei ihrer weiteren Westwanderung haben sie möglicherweise auch die Rolle eines Pufferstaats zwischen Pannonien und den Dakern übernommen. Ein Grund für die Wanderung der Sarmaten – die fallweise auch auf römische Unterstützung zurückgreifen konnten – sind wahrscheinlich die kleineren und größeren Einfälle der Daker gewesen, doch hat es vielleicht auch gemeinsame Aktionen der Daker und der Sarmaten gegeben. Um die nördlich der Donau entstandenen Spannungen zu vermindern, griffen die Römer bereits unter Augustus zu Umsiedlungsaktionen. Sie siedelten eine größere Anzahl von Geten (Dakern?) in Mösien an und sicherten damit den Sarmaten Siedlungsplätze. Die durch die neue Lage entstandenen Verwirrungen legten sich wahrscheinlich nur langsam. Noch gegen Ende der Herrschaft des Tiberius zerstörten Daker und Sarmaten Mösien. Danach folgte aber eine längere friedliche Periode, die nach der erwähnten Königsliste mit der Herrschaft des vierzig Jahre regierenden dakischen Königs Coryllus zusammenfiel.
Coryllus wird in anderen schriftlichen Quellen nicht erwähnt, darum ist es wahrscheinlich, daß es sich hier um die fehlerhafte Schreibung des dakischen Namens Scorilo handelt. Über einen dakischen König dieses Namens ist die charakteristische Anekdote überliefert, daß er sein Volk dadurch von einer Einmischung in die inneren Zwistigkeiten der Römer ferngehalten haben soll, daß er zwei Hunde aufeinander hetzte, um dann vor die sich balgenden Hunde einen Wolf zu führen. Sofort hätten beide Hunde mit gemeinsamer Kraft den Wolf angegriffen.* Diese Vorsicht mag charakteristisch für die langdauernde Herrschaft des Coryllus-Scorilo gewesen sein, und das Beispiel der Hunde wiederum war gerade zur Zeit der ersten schwereren Krise des römischen Kaiserreiches (68-69 n. Chr.) aktuell, als die in den Bürgerkrieg ziehenden Legionen die Donaugrenze ungeschützt ließen. Diese Lage nutzten auch die Sarmaten mehrmals erfolgreich, indem sie mehrere römische Armeen, ja sogar 24Statthalter in einem vernichtenden Angriff schlugen. Scorilos warnendes Beispiel kann man sogar auch mit einem einzigen Ereignis in Verbindung bringen. Zur Zeit der Krise von 68–69 n. Chr. überquerten die Daker einmal (wahrscheinlich im Winter 69–70) in Mösien die Donau und besetzten einige Lager entlang der Grenze. Wenn das Beispiel der Hunde tatsächlich von dem fälschlich Coryllos genannten dakischen König stammt, dann ist es wahrscheinlicher, daß eine von ihm unabhängige dakische Gruppe in der Walachei die Donaugrenze angegriffen hat und dies Coryllos, d. h. Scorilo, dazu zwang, sein Volk von unüberlegten Angriffen zurückzuhalten.
Frontinus, Strategemata 1, 10, 4
In Verbindung mit den erwähnten Einfällen bezeichnet Tacitus die Daker als „stets unzuverlässiges“ Volk.* Obwohl sich in dieser Meinung bereits die Erfahrungen der späteren dakisch-römischen Zusammenstöße widerspiegeln, wurde den Dakern doch seit Burebista immer besondere Aufmerksamkeit zuteil. Das andernorts bewährte, als Bund bezeichnete, in Wirklichkeit aber eine spezifische Form der Abhängigkeit festschreibende Klientelverhältnis war mit dem dakischen Königreich schwer zu verwirklichen. Wenn zum Ende der Herrschaft des Augustus berichtet wird, die Daker seien nicht mehr so gefährlich wie früher, ja sogar geneigt, die römische Vorherrschaft anzuerkennen, so deuten sich hier bereits die friedlicheren Verhältnisse der Scorilo-Periode an. Es scheint aber, daß das dakisch-römische Bündnis (foedus) auf schwankenden Grundlagen stand. Der dakische Staat unterschied sich in mehrfacher Hinsicht von den germanischen und sarmatischen Klientelstaaten, die entlang der Donaugrenze des Römischen Reiches mit den Römern eine Bündnisbeziehung eingegangen waren. Die geographischen Voraussetzungen des dakischen Reiches waren einzigartig, war doch sein Zentrum durch Bergketten ohne Straßenübergänge von der Donau abgeschlossen. Ein Angriff der Römer von Westen durch das Tal der Temesch oder des Mieresch, von Osten durch das Tal des Schil oder Alt erforderte nicht nur einen langen, umwegreichen Anmarsch, sondern auch Vorbereitungen zur Überquerung gut zu verteidigender Schluchten und Pässe. Auf alle Fälle waren die Daker an dem wichtigsten Abschnitt der Donaugrenze des Römischen Reiches, wo die Donau durch eine enge und steile Schlucht die südlichen Ausläufer der Karpaten durchfließt, taktisch in der Überlegenheit. Um hier die Treidelschiffahrt zu ermöglichen, mußten Straßen in den Felsen geschlagen werden. Diese Großleistung der antiken Technik wurde am Ende der Regierungszeit des Tiberius (37) fertiggestellt. Vielleicht begann gerade deshalb damals die friedliche Phase der dakisch-römischen Beziehungen. Rom schreckte gewiß selbst vor größeren materiellen Opfern nicht zurück, um die Sicherheit der Schiffahrt durch den Dakern gewährte Vergünstigungen zu gewährleisten.
Tacitus, Historiae III, 46, 2
Außer den Vorteilen, die sich aus der geographischen Lage ergeben, mußte die römische Außenpolitik auch mit dem hohen Organisationsstand des dakischen Königreiches rechnen, mit seiner starken Zentralmacht. Die „königliche“ Hochfestung Sarmizegethusa umgaben an der westlichen Seite des Mühlbacher Gebirges eine Reihe von ähnlich befestigten Burgen, dadurch war das Herrscherzentrum selbst gegenüber entfernteren Gebieten des Königreichs besser zu verteidigen. Die mit Wällen, meistens auch dicken Mauern und oft mit Türmen befestigten, sich über mehrere Hektar 25erstreckenden Burgen dienten nicht nur zur Stationierung der Krieger, sondern waren zugleich industrielle Zentren, Lager, Schatzkammern und Heiligtümer des Königreiches. Was für eine große Masse an Arbeitskräften die königliche Macht konzentrieren konnte, zeigen am besten die mit großen behauenen Quadersteinen bedeckten Fachwerkmauern der Burgen sowie die mit Steinen ausgelegten Höfe, Straßen und Steintreppen, die aus großen Steinblöcken gemeißelten Kanäle, Abflüsse usw., die gleichzeitig dazu dienten, die königliche Macht hervorzuheben. Die Wirkung, die eine derartige „monarchische Repräsentation“ auf das unter primitiven Bedingungen lebende Gemeinvolk ausübte, ist nicht zu unterschätzen. Der gesellschaftliche Unterschied zwischen den „Filzmützen“ und den „Langhaarigen“ machte sicherlich eine derartige königliche Selbstdarstellung notwendig.
Der Stärkung der Zentralmacht diente auch die Religion, deren Kultstätten neben den Burgen die jüngste rumänische Forschung entdeckt hat. Die in regelmäßiger Anordnung mit Steinen umrandeten runden oder aus 4 Säulenreihen bestehenden viereckigen Heiligtümer waren allen Anzeichen nach vom astrologischen Glauben durchdrungene Kultstätten. Den Ursprung dieses Kultes führen die antiken Autoren auf den Thraker Zalmoxis (einige Quellen zufolge Zamolxis) zurück, der als Schüler des Pythagoras gilt. Zur Lehre des in die göttliche Sphäre erhobenen sagenhaften Zalmoxis gehörte auch die asketische Lebensweise. Diese Glaubenswelt thrakisch-getischen Ursprungs hat wahrscheinlich Decaineus unter den Dakern eingebürgert, der auf Burebistas Bitte hin nach Dakien gekommen war. Burebista hat wahrscheinlich die in diesem religiösen Kult verborgenen Möglichkeiten erkannt und für den Ausbau seiner Zentralmacht ausgenützt. Das Privilegium der Kultausübung, die Wahrung der Glaubenswelt, war Priestergeheimnis; der Oberpriester war der Vermittler zwischen der überirdischen Welt und dem König. Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch die Krankenheilung zu den priesterlichen Privilegien gehörte. Griechische medizinische Bücher führen zahlreiche dakische Heilpflanzen zusammen mit ihrer dakischen Bezeichnung an, was von entwickelten medizinischen, pharmazeutischen und botanischen Kenntnissen der Daker zeugt.
Bei der Freilegung dakischer Burgen sind vermutlich außer den am Ort gefertigten Gebrauchsgegenständen auch römische Importwaren zum Vorschein gekommen. Ein Teil davon gehört in die Gruppe der Luxusgegenstände, die über die Reichsgrenzen hinaus überall in Europa im Besitz der „Barbaren“-Anführer zu finden sind. Es ist allerdings auffallend, daß der römische Import hier nicht nur aus Waren bestand, die dem Luxus der Stammesaristokratie dienten, sondern auch aus Eisengeräten guter Qualität, die zu dem innerhalb der Burgbezirke auf hohem Niveau ausgeübten Handwerk beigetragen haben könnten. Auch ist es wahrscheinlich, daß die Befestigungsarbeiten in den dakischen Burgen von griechischen und römischen Experten geleitet wurden. An einigen Quadersteinen, besonders an den Steinen der Heiligtümer, sind griechische Buchstabenzeichen erkennbar, die aller Wahrscheinlichkeit nach Steinmetzzeichen waren und dazu dienten, die im voraus gemeißelten Elemente leichter aneinander zu fügen, andererseits können sie auch mit ihrer Funktion als Kalender in den Heiligtümern in Verbindung gebracht werden. An einem riesengroßen, vielleicht kultischen Zwecken dienenden kegelförmigen Gefäß sind den römischen Ziegelstempeln ähnliche Stempelabdrücke mit lateinischen Buchstaben zum Vorschein 26gekommen: an der einen Stelle die Inschrift DECEBALVS, an der anderen PER SCORILO.

Karte i. Siebenbürgen zur Zeit des dakischen Königreiches
1 = dakische Burg, 2 = römisches Militärlager, 3 = römische Stadt
Die rumänische Forschung interpretiert diese beiden Schriftzüge meistens als „Decebalus, Sohn des Scorilo“. Die Schwierigkeit dieser Deutung aber besteht darin, daß die beiden Namen auf zwei Stempelabdrücken, wenn auch auf ein und demselben Gefäß, vorkommen, als ob der eine Name der des Eigentümers (Auftraggebers), der andere der des die Arbeit fertigenden Meisters wäre. Daß es sich hier um König Decebalus handelt, ist wahrscheinlich, doch verwundert das Fehlen des Wortes rex (König). Setzt man voraus, daß die Auslegung „Decebalus, Sohn des Scorilo“ richtig ist, so muß angenommen werden, daß Decebalus der Sohn des Königs Scorilo war. Es ist aber bekannt, daß zwischen Vater und Sohn noch ein anderer König regierte, nämlich Diurpaneus. An seinen Namen knüpft sich die neue politische Richtung des dakischen Königreiches, die über die Glanzzeit des Decebalus bis zum Fall des dakischen Königreiches geführt hat.
Bekanntlich hielt Scorilo ein überall an den europäischen Grenzen des Römischen Reiches ausgebautes Verbündetenverhältnis für annehmbar, und es ist nicht ausgeschlossen, daß ihm Tiberius gerade deshalb nach dem Straßenbau durch die Donauenge eine außergewöhnlich hohe Jahreszuwendung zukommen ließ. Nach den Vorstellungen des Geschichtsschreibers 27Jordanes fiel König Diurpaneus zu der Zeit in das Römische Reich ein, als die Daker „nach einer langen Pause, während der Herrschaft Domitians, sich vor dessen Habgier fürchtend, den Vertrag aufkündigten, den sie vor langer Zeit mit anderen Kaisern geschlossen hatten“.* Es ist möglich, daß Domitian die außergewöhnlich hohe Zahlung tatsächlich verringern wollte, aber es ist kaum anzunehmen, er habe das gerade zur Zeit einer ungünstigen außenpolitischen Lage durchsetzen wollen, als auch die Germanen an der Donau zum Krieg rüsteten. Es ist wahrscheinlicher, daß die Daker für ihren überfallartigen, schwere Verluste verursachenden Angriff die an der germanischen Front entstandenen Spannungen ausnutzten.
Jordans, Getica 76
Die Daker griffen spätestens – und möglicherweise, wie schon so oft über die zugefrorene Donau – im Winter 85-86 an. Dem überraschenden Angriff fiel Oppius Sabinus, Statthalter von Mösien, zum Opfer. Die Schwere der Lage geht daraus hervor, daß Domitian selbst nach Mösien eilte und sich mehrere Monate lang mit der Organisation des Gegenangriffs befaßte. Mit der Führung der Gegenaktion betraute er den Befehlshaber der Prätorianergarde, Cornelius Fuscus, der die Donau erfolgreich überquerte und in das Land der Daker eindrang. Gerade zu diesem kritischen Zeitpunkt übergab Diurpaneus die Macht an Decebalus, der seine Herrschaft mit einem glänzenden Sieg über das Heer des Fuscus begann. Fuscus fiel im Kampf, und die Niederlage war so groß, daß eine Legion völlig aufgerieben wurde. Erst dem dritten römischen Heerführer, Tettius Julianus, gelang es im Jahre 88, einen entscheidenden Sieg bei Tapae, einer Enge, durch die eine Straße zum Königsitz führte, zu erringen.

 

 

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