Stephan Báthorys Herrschaft

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Stephan Báthorys Herrschaft
Noch unter dem Eindruck der türkischen Erfolge hatte am B. September 1567 der Landtag von Weißenburg folgenden Eid geleistet: „... auf den Vater, den allmächtigen Gott, daß wir ... falls Gottes endgültiger Wille unseren gnädigen Herrn kinderlos von uns nimmt, aus gleichem Willen, nicht aus einem Lager einen Fürsten wählen“.* Nun hatten die siebenbürgischen Stände die Wahl zwischen dem Vertrag von Speyer und ihrem eigenmächtigen Beschluß.
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Sie entschlossen sich am 25. Mai 1S71 zur zweiten Möglichkeit: „ohne weitere Debatte und Worte“ wählten sie Stephan (István) Báthory von Somlyó, den erfolgreichen Heerführer der „Burgenkriege“ und glücklosen Diplomaten, zu ihrem Herrn.
Der 1533 geborene Báthory, Sohn des ehemaligen Woiwoden, hatte schon viel von der Welt gesehen: als Kind war er Page am Königshof in Wien, studierte 1549 an der berühmten Universität Padua, kehrte Mitte der 1550er Jahre nach Siebenbürgen zurück und begrüßte 1556 im Namen der Stände die heimkehrende Isabella. Sein erstes wichtiges Amt wurde ihm 1559 übertragen: Die Königin ernannte ihn zum Burgkapitän von Wardein, womit er zugleich das militärisch lebenswichtige Komitat Bihar kommandierte. Damals war er schon der größte Grundbesitzer im Landesteil der Szapolyais.
Seine Wahl 1571 war eine riskante Entscheidung, das wußte er selbst. Er verzichtete deshalb auf die klangvollen Titel seiner Vorgänger und begnügte sich damit, nur „Woiwode“ zu sein, ja leistete darüber hinaus insgeheim Maximilian I. den Treueid, womit er auch die Zugehörigkeit seines Landes zu Ungarn anerkannte. Gleichzeitig hatte sich aber auch die Pforte das Recht auf Ernennung eines Nachfolgers der Szapolyais vorbehalten, obwohl das 258Adname des zur Wahl von Weißenburg erwarteten Tschausch Amhat auf Báthorys Namen lautete: „Stephan Báthory, Woiwode von Siebenbürgen! […] Seit langem schon stand das Land Siebenbürgen unter meinem Schirm, […] es ist für mich ein Land wie meine anderen Länder […] Aus diesem Grunde übergab ich dir gemäß deiner Treue zu mir das Land Siebenbürgen aufgrund meiner Gewalt.“*
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Damit aber bestand der Zwang, zwischen den beiden Großmächten hin und her zu balancieren, weiter fort. Die größeren Sorgen bereitete anfänglich der Königshof: Maximilian, klug geworden durch die Mißerfolge seines Vaters, wollte zwar nicht mehr offen in die Angelegenheiten Siebenbürgens eingreifen, doch ließ er es zu, daß seine oberungarischen Beamten den gegen den „Woiwoden“ konspirierenden Thronprätendenten Gáspár Bekes aktiv unterstützten.
Dem ersten Versuch von Bekes blieb der Erfolg versagt, er selbst mußte im Herbst 1574 aus Siebenbürgen flüchten. Im Sommer 1575 bricht er aber mit einem in Oberungarn gesammelten Heer auf, das Land zu erobern. Im Rücken Báthorys erheben sich auch die aufgewiegelten Szekler, dennoch gelingt es diesem, die Entscheidungsschlacht (am 10. Juli 1575 bei Kerelőszentpál) zu gewinnen. Der Thronprätendent flüchtet, vier gefangene Magnaten aus seiner Gefolgschaft werden sofort auf dem Schlachtfeld gehängt und die übrigen sieben (zusammen mit drei Dutzend Szeklerführern) später aufgrund eines vom Woiwoden verhängten Urteils hingerichtet.
Der Ruhm dieses Sieges ist so groß, daß der polnische Adel am 15. Dezember 1575 Báthory zu seinem neuen Herrscher wählt, nachdem der polnische König und frühere französische Herzog Heinrich 1573 Polen heimlich verlassen hat, um daheim den französischen Thron zu besteigen (als Heinrich III., 1574–1589). Sein Gegenkandidat ist Kaiser Maximilian selbst, doch löst sich der gefährlich scheinende Konflikt durch dessen unerwarteten Tod sehr bald von selbst. Und wenn sich Maximilian gegen Báthory schon vorsichtig verhalten hatte, so hatte sein Nachfolger Rudolf II. (1576–1608) noch weniger Absicht, den Herrscher des starken Polen im Besitz Siebenbürgens und der dazugehörigen ungarischen Komitate zu behelligen.
Während diese Gefahr also verzog, verstärkte sich der türkische Druck unaufhörlich. Sultan Selim II. (1566–1575) hatte zwar 1572 das Erbrecht der Báthorys anerkannt, doch das hinderte ihn keineswegs daran, zugleich mit Gáspár Bekes’ Anerkennung zu drohen. Murad III. (1575–1595) setzte am Beginn seiner Herrschaft das deutliche Zeichen einer Erhöhung der Siebenbürger Steuer (von jährlich 10 000 auf 15 000 Goldgulden). Die für die Wesire und anderen Paschas bestimmten „Geschenke“ wurden ihrem Wert nach immer teurer und in Stambul ein von ihnen aus dem Hut gezauberter „Fürstenanwärter“ ständig in Bereitschaft gehalten (Die Methode war genau dieselbe, mit der man die rumänischen Woiwoden in Schach hielt.)
Doch Báthory, dessen Familienbesitz in den an Siebenbürgen angeschlossenen Komitaten jenseits der Theiß lag, kannte das türkische doppelte Joch der Erniedrigung und Unterdrückung sehr gut: „… die Türken werden nicht zulassen, daß irgendwer der Herr Siebenbürgens werde. Eure Majestät ist besser beraten, wenn Sie darauf achtet, daß in dieser Provinz ein Mittelsmann sitzt, der auch dabei Dienste leistet, daß … im Laufe der Zeit Siebenbürgen 259Ungarn angeschlossen werden kann“ – äußerte er schon 1567 zu einem Vertrauensmann Ferdinands. Er hatte keine Illusionen, auch folgender Satz stammt von ihm: „Das Heer des türkischen Kaisers pflückt keine Erdbeeren in anderer Leute Korb.“* Folglich bezahlte er die erhöhte Steuer, bestach die türkischen Machtträger mit seinem Geld, verbot den Besatzungen der Grenzburgen jede Belästigung des türkischen Territoriums, vertrieb den vor dem Türken geflüchteten moldauischen Woiwoden Bogdan usw.
E. VERESS, Báthory István erdélyi fejedelem és lengyel király levelezése (Briefwechsel des siebenbürgischen Fürsten und polnischen Königs Stephan Báthory) I. Kolozsvár 1944, N° 69.
Hat sich nun mit seiner Thronbesteigung in Krakau an dieser Ausgangslage etwas geändert? Schließlich war die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts die Blütezeit Polens, als der Getreideexport nach dem Westen den polnischen Staat reich und mächtig werden ließ. Die ererbte Schwäche des politischen Systems hatte bisher verhindert, daß Krakau zur Führungsmacht in Osteuropa wurde – Báthory kam aber aus einem Land, in dem es der Zentralmacht gelungen war, sich über die ständischen Interessen zu erheben.
König Stephan betrachtete sich – seltsamerweise – auch in seinem neuen Staat als Ungar. Seine Untartanen verübelten es ihm daher, als ihm einmal (1577) der Satz entfuhr, Gott habe ihn nicht für die Polen, sondern für die Ungarn erschaffen. Deshalb beschäftigte ihn die türkische Frage unablässig. Aber mit der europäischen Gesamtsituation stand es gerade jetzt nicht zum Schlechtesten. Von dem glänzenden Triumph bei Lepanto (am 7. Oktober 1571) hatten sich die Türken schnell wieder erholt. Das von seinen Bundesgenossen im Stich gelassene Venedig wurde bereits 1573 zum erneuten Friedensschluß mit dem Sultan gezwungen. In Frankreich waren mit der Bartholomäusnacht (am 24. August 1572) wieder die Religionskriege ausgebrochen, doch konnte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation niemand daraus einen Vorteil ziehen. Das Machtgleichgewicht zwischen den katholischen und protestantischen Reichsständen und deren gemeinsamer Widerstand gegen die kaiserliche Zentralmacht beschränkte die Herrschaft der Habsburger praktisch auf die österreichischen Erblande und die Länder der böhmischen Krone.
Die Idee, die Türken zu überwinden, wurde eigentlich nur mehr vom Papst mit aller ihm zur Verfügung stehenden Energie verfochten. Papst Gregor XIII. stand freilich im Kampf um den Krakauer Thron auf der Seite Maximilians, so daß es erst nach Abklingen dieser peinlichen Episode, 1577 zur Kontaktaufnahme zwischen Báthory und Rom gekommen war. Damals traf der päpstliche Nuntius Laureo mit dem Plan einer antitürkischen Liga an Báthorys Hof ein. Im folgte 1579 der Nuntius Caligari mit einem ähnlichen Vorschlag. Die erhoffte Liga kam aber beide Male nicht zustande. 1581 und 1582 warf dann aber König Stephan selbst den Gedanken auf, auf der Grundlage eines Zusammenschlusses aller christlichen Völker Osteuropas gegen die Türken ins Feld zu ziehen.
Die erhofften Verbündeten – das Spanien Philipps II. und Venedig selbst – erwiesen sich jedoch schon zur geringsten Zusammenarbeit als unfähig. Nach kurzem Nachdenken ersuchte Báthory im Frühling 1584 den Heiligen Stuhl, ihn bei der Eroberung Rußlands zu unterstützen. Sollte dies gelingen, würde er später auch die Kräfte der Russen und sogar der kaukasischen Völker gegen 260die Türken lenken. Diesen mit dem Jesuiten Antonio Possevino nach Rom gesandten Vorschlag wies die römische Kurie jedoch zurück. Soeben war der französische Thronerbe gestorben und der Thron des „allerchristlichsten Königs“ fiel dem Protestanten Heinrich von Bourbon, dem König von Navarra zu: Der Papst hatte daher keine Zeit, sich mit Osteuropa näher zu beschäftigen. Doch blieb Báthory diesmal hartnäckig: er sandte seinen Neffen András Báthory nach Rom; wiederum vergebens – Sixtus V. bot lächerliche 25 000 Dukates als jährliche Unterstützung an, so daß sich jede Verhandlung erübrigte. Das waren die Ereignisse des Sommers 1586 – und am 12. Dezember stirbt König Stephan in Grodno, ohne das Geringste von seinen hochfliegenden Plänen verwirklicht zu haben.
Jeder irgendwie bedeutende Herrscher Europas hatte in den letzten hundertfünfzig Jahren von einer antitürkischen Liga, von einem Kreuzzug geträumt und darüber Verhandlungen geführt. In der Tagespolitik hielt sich der König Stephan Báthory gegenüber den Türken ebenso zurück wie als „Woiwode“ von Siebenbürgen. Er hielt den Frieden sogar um den Preis aufrecht, daß er raubende und plündernde Kosaken hinrichten und selbst zwei vom Sultan vertriebene, aber zur Rückkehr entschlossene Woiwoden aus der Moldau enthaupten ließ: Ioan Potcoauă und Iancu Sasul. Er hatte gute Gründe dafür, denn die polnischen Stände beharrten auf einer Einhaltung des Friedens mit den Türken, dazu hatte er sich sogar in seinem Herrschereid, der „pacta conventa“, verpflichten müssen. Einerseits fürchteten die Polen die Übermacht des Sultans, andererseits die Feindschaft der sie umgebenden Mächte – Preußens, Rußlands und der Habsburger.
Dem Willen der Stände konnte sich auch ein so entschlossener König nicht widersetzen. Seine anfängliche Popularität verlor er rasch infolge seiner Verfügungen, die auf eine Festigung der königlichen Macht abzielten. Der aus dem einfachen Adel stammende Sekretär seines Vertrauens, der später allmächtig gewordene Kanzler Jan Zamoyski wurde zur Zielscheibe eines weit verbreiteten Hasses. Seine ehemaligen wichtigsten Anhänger, die Brüder Zborowski, zettelten einen Aufstand gegen ihn an. Als er nach in Siebenbürgen gewohnter Weise die Treulosigkeit mit dem Henkersbeil ahndete, erhob sich das ganze Land gegen ihn.
Daß er tatsächlich nicht seinen eigenen Vorstellungen entsprechend entscheiden konnte, dafür sorgten die Nachbarn Polens. Danzig verweigerte den ihm zustehenden Lehnseid. Sein daraufhin geführter Vergeltungskrieg (1576/77) endete mit recht zweifelhaftem Erfolg. Iwan IV. (den Schrecklichen) besiegte er zwar in drei großen Kriegszügen zwischen 1579 und 1581, konnte aber trotzdem dessen Macht nicht endgültig brechen.
Vermutlich führte auch dieses Intermezzo dazu, daß Báthory über die Verknüpfung der türkischen mit der russischen Frage nachzudenken begann und seine antitürkischen Pläne in den Kreisen des litauischen Adels – leider viel zu spät – auf gewisse Sympathie stießen.
Wenn auch der Gedanke der Türkenvertreibung in König Stephan stets lebendig geblieben war, so verbot ihm seine große Erfahrung, seine Energie auf eine innen- und außenpolitisch und zudem auch militärisch aussichtslose Unternehmung zu verschwenden, ohne die nötigen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Für mehr als das blieb ihm freilich keine Zeit. Die Polen beweinten ihn als einen ihrer größten Könige, aber die ungarische Sache vermochte er nicht voranzutreiben.
261Die türkische Frage hatte er ohne Zweifel aus Siebenbürgen mitgebracht – und die Sorgen dieses kleinen Landes begleiteten ihn durch die ganzen zehn Jahre seiner polnischen Herrschaft. Allerdings hatte er die alltäglichen Aufgaben der Regierung „zu Hause“ anfänglich seinem älteren Bruder Kristóf und nach dessen Tod (1581) dessen Sohn Zsigmond überlassen, denen er den Titel Woiwode verlieh, während er selbst sich Fürst nennen ließ. Das Recht auf wichtigere Entscheidungen behielt er sich selbstverständlich vor: über eine gesonderte siebenbürgische Kanzlei in Krakau kontrollierte und lenkte er die „Woiwoden“-Tätigkeit.
Die gesamte Außenpolitik Siebenbürgens lag in seiner Hand. Maximilian und später auch Kaiser Rudolf wollten ihn zur Durchführung des Abkommens von Speyer bewegen, im Gegenzug forderte er seine zwischen 1564 und 1567 verlorenen Besitzungen vom ungarischen König zurück. Obwohl keine der beiden Parteien deshalb Krieg führen wollte, mußte eine Einigung bis 1585 hinausgeschoben werden (als Frauenbach mit seinen Goldgruben wieder in den Besitz des Fürsten gelangte). In der Zwischenzeit begeisterte sich Báthory (als nun schon souveräner Herrscher auf dem polnischen Thron) für den zu Szapolyais Zeiten noch lebendig gewesenen Gedanken einer Vereinigung Ungarns von Osten her. Während der schicksalshaften Krankheit Kaiser Rudolfs spielte er in den Verhandlungen mit dem Nuntius Caligari wiederholt darauf an: Mit türkischer Erlaubnis wählten wohl auch die Ungarn ihn zu ihrem König. Tatsächlich hatte er Anhänger in Ungarn, und in den mit ihnen gewechselten Briefen finden sich auch manche Hinweise für diese Idee, doch geschah nichts, um sie zu verwirklichen. Er hinterließ den Gedanken einer mit türkischem Einverständnis von Siebenbürgen ausgehenden Vereinigung des Landes seinen Nachfolgern auf dem Fürstenthron Siebenbürgens: Die Politik Gabriel Bethlens, Georg I Rákóczis und Emerich (Imre) Thökölys wäre ohne diese Tradition nicht verständlich.

 

 

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