Zwischen Osten und Westen

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Zwischen Osten und Westen
Über den Kriegszug gegen die Habsburger mußte der Fürst sich tatsächlich eine Entscheidung abringen, da zeitlich parallel zum Brandherd im Westen auch Unruhen im Osten entstanden. Der junge und ruhmsüchtige Sultan 320Osman II. begann 1619 einen Kriegszug gegen Polen, der praktisch jedoch mit einer Niederlage beider Seiten endete. Eines war freilich klar geworden: Das Verhältnis Polens zur Pforte hatte den gleichen Stand erreicht wie das der Habsburger zur Pforte seit der Jahrhundertwende – keiner war imstande, etwas gegen den anderen durchzusetzen.
Viele Kräfte versuchten, Bethlen in diesen östlichen Konflikt hineinzuziehen. Für das Eingreifen auf türkischer Seite hätten sogar persönliche Gründe gesprochen, da sein alter Bekannter Skender in den polnischen Angelegenheiten eine Hauptrolle spielte. Mehrmals schickte er dem Fürsten den Befehl, sich der Aktion anzuschließen. Auch seine eigenen Diplomaten beschwörten Bethlen, etwas zu unternehmen. In dem großen Durcheinander war nämlich an der Pforte eine innere Machtkrise ausgebrochen, die sich durch den Tod des Großwesirs Nassuh noch zuspitzte und eine Menge bisher unterdrückter feindseliger Gefühle gegen Gabriel Bethlen hervorbrechen ließ, da man ihn für einen Günstling Nassuhs hielt. Über die Zukunft Siebenbürgens wurden die unterschiedlichsten Vorstellungen geäußert, ohne daß auch nur eine für das Fürstentum vorteilhaft gewesen wäre. Verständlicherweise erschien es den siebenbürgischen Gesandten als dringlich, für Bethlens Stellung in Konstantinopel irgendwie eine neue Grundlage zu schaffen.
Der Fürst hielt sich jedoch bewußt von dem östlichen Konflikt fern und verspätete sich – nach vielen diplomatischen Winkelzügen – absichtlich mit seinem Feldzug gegen die Polen. Als er in Suceava eintraf, war bereits alles vorbei, und es blieb ihm erspart, im Verband der türkischen Truppen mitzukämpfen. Die Machtkrise an der Pforte hatte ihn nicht einfach unberührt gelassen, vielmehr hatte diese Bethlen von der Ohnmacht der höchsten türkischen Führung überzeugt. Weder gab er dem subjektiven Druck nach, noch besänftigte er seine Gegner an der Pforte. Statt dessen nutzte er das Wohlwollen einiger türkischer Würdenträger aus und begann, in Konstantinopel über einen Kriegszug gegen den am 20. März 1619 inthronisierten neuen ungarischen König Ferdinand II. von Habsburg zu verhandeln.
Damit hatte sich Bethlen für ein Eingreifen im Westen entschieden, weil ein solches im Osten zwar bemerkenswert, aber reiner Selbstzweck gewesen wäre. Die Kriegswirren dort schwächten wohl die Türkenmacht, doch selbst nach kühnster Vorstellung war keineswegs auf die Vernichtung des östlichen Feindes, der Türken zu hoffen. Vom westlichen Konflikt dagegen nahmen nur wenige Zeitgenossen Bethlens an, daß er nicht mit der Vernichtung der österreichischen Habsburger enden würde.
Den Auftakt für die kriegerischen Ereignisse auf dieser Seite bildete am 23. Mai 1618 der Prager Aufstand gegen die Habsburgermacht, dessen Bedeutung Gabriel Bethlen sofort erkannte. Ihm war klar, daß die Böhmen sich ohne Hoffnung auf äußere Hilfe gewiß nicht zu diesem radikalen Schritt entschlossen hätten, womit er Recht behielt. Ursprünglich hatten die Aufständischen England um Hilfe ersucht, doch vergeblich. Holland hingegen brachte jedes Opfer, um die Kräfte der auch für dieses Land gefährlichen Habsburger in weiter Entfernung zu binden. Dort organisierte man die materielle Unterstützung für den während des böhmischen Aufstandes gewählten König, Pfalzgraf Friedrich V., und dorthin floh dieser auch, als er am 8. November 1620 nach dem Sieg der Kaiserlichen Böhmen verlassen mußte. Die Truppen Ferdinands II. verfolgten ihn zwar nicht, doch 321überschwemmten die Söldner sein herrliches Fürstentum am Neckar, womit der Krieg auf Deutschland übergriff. Allmählich wurde dann ganz Europa hineingerissen, und der Krieg dauerte bis 1648, bis zum Westfälischen Frieden zwischen dem damaligen Habsburger Kaiser Ferdinand III. und den Vertretern seiner Gegner, dem französischen König Ludwig XIV. bzw. Königin Christina von Schweden. Die sich lange hinziehenden Kämpfe wurden schon von den Zeitgenossen als „Dreißigjähriger Krieg“ bezeichnet. Entgegen allen anfänglichen Erwartungen war das Kaisertum nicht vernichtet, sondern nur zu einer Schattenmacht geworden. Die Komplexität der Ereignisse läßt sich gut daran erkennen, daß zwar ein böhmischer Aufstand am Anfang stand, der Frieden dem Kaiser aber durch weit entfernt liegende Großmächte aufgezwungen wurde.
Gabriel Bethlen griff nach Verhandlungen mit den Aufständischen als Mitglied des sich um Böhmen gebildeten Bündnissystems im August 1619 in den Krieg ein. Der Schauplatz seines Auftretens ergab sich folgerichtig aus der geographischen Lage: Der Weg zum gemeinsamen Gegner halb Europas war für Bethlen leicht erreichbar, er führte durch das unter Habsburgerherrschaft stehende Ungarn. Hier erwartete man sein Eingreifen ohnehin, ganz unabhängig von der allgemeinen politischen Entwicklung.

 

 

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