Herren und Leibeigene

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Herren und Leibeigene
Das Hauptmerkmal der Gesellschaft ohne Mitsprache der Untertanen an der Fürstenregierung war ihre unscharfe Gliederung.
Genaue Angaben über die Besitzverhältnisse der herrschenden Klasse liegen nur von der Jahrhundertwende und auch nur vom Adel des eigentlichen Siebenbürgen vor. Dort muß mit 350–400 Familien gerechnet werden, deren überwiegende Mehrheit von ungefähr 80 %, über Teile eines oder mehrerer Dörfer verfügte; 15 %, der Adelsfamilien besaßen 1–3 ganze Dörfer und nur sechs waren an der Jahrhundertwende außer solchen Dorfteilen im Besitz einer Herrschaft, bestehend aus mehreren ganzen Dörfern, aber dennoch weit unter Latifundiengröße. Schließlich bildeten zwei Familien, die Bánffys von Losonc und die Csákys, die außerordentlich schmale „Elite“, mit je einer großen Herrschaft: Almás und Bánffyhunyad. Die Mehrheit der Latifundien mittelalterlichen Ursprungs befand sich zur Jahrhundertwende bereits in Kammerverwaltung. Die siebenbürgischen Adelsgüter erreichten nicht einmal annähernd die Größe der gewaltigen Latifundien, die sich im königlichen Ungarn in der Hand einzelner Familien befanden.
Die Güter im Partium, also außerhalb des eigentlichen Siebenbürgen, modifizierten die Verhältnisse im Fürstentum nur insofern, als sie das Übergewicht der Csákys und Bánffys weiter erhöhten, da diese auch dort Güter besaßen. Gutsbesitzer im Partium wiederum waren die Somlyói Báthorys, deren Güter zum großen Teil im Königreich lagen, weiterhin einige neue vornehme Familien, wie die Bethlens von Iktar, die Zólyomis und die Wesselényis. Von den Szeklern dagegen war keiner in die wirklich reiche 335Gruppe des Fürstentums aufgestiegen. Nach Szekler-Maßstab vermögend waren jedoch die Lázárs, Mikes’ oder Apors.
Diese Struktur der herrschenden Klasse blieb im Verlaufe des 17. Jahrhunderts unverändert. Man verarmte zwar unter den großen vermögensammelnden Fürsten, besonders unter den Rákóczis, aber die Proportionen blieben erhalten. Offensichtlich war es den weit verstreuten Besitztümern zu verdanken, daß immer etwas übrigblieb, und um sich aus der ständig mehr verarmenden Gesellschaft herauszuheben, war immer weniger vonnöten. So änderte sich die Gruppe der von der Gesellschaft als vornehm betrachteten Familien nicht. Nur die Csákys schieden durch ihren Umzug in das königliche Ungarn aus, so daß von der mittelalterlichen Aristokratie Siebenbürgens allein die Bánffys von Losonc übrigblieben.
Eine moderne Aristokratie, das erbliche Magnatentum, war im Fürstentum jedoch nicht entstanden. Das gesellschaftliche Prestige der führenden Familien basierte praktisch auf allgemeinem Übereinkommen, denn erbliche Titel verliehen weder die Szapolyais noch die späteren Fürsten. So blieb faktisch die ungeteilte Einheit des Adels erhalten, die „una eademque nobilitas“, die im königlichen Ungarn bereits um die Jahrhundertmitte zur Fiktion geworden war.
So stand ganz eindeutig an der Spitze der gesellschaftlichen Hierarchie der Fürst. Schon am Ende des 16. Jahrhunderts hat in Siebenbürgen materiell gesehen niemand auch nur annähernd die Báthorys erreicht, und im 17. Jahrhundert, als das landesherrliche Grundbesitzmonopol entstand, überstieg der Reichtum der gesamten herrschenden Klasse Siebenbürgens kaum den ihrer Fürsten.
Infolge dieser eigentümlichen Situation war im 17. Jahrhundert der Fürst zugleich Herrscher und Grundherr des größten Teils der Bauern. Dies brachte jedoch den Bauern keine Vorteile, da die Fürsten innerhalb des Verhältnisses Grundherr–Leibeigener standen. Im wesentlichen unterschieden sich die Interessen der Herrscher und Grundherren nicht voneinander, weswegen die aus den Leibeigenenbindungen fliehenden Bauern keinen Beschützer fanden. Die Fürsten wandten sich gegen jede Form der Freizügigkeit; sie ermutigten die Bauern keineswegs zum Soldatendienst oder zur Arbeit in den Bergwerken, ja nicht einmal der Umzug auf die Kammergüter wurde erlaubt.
Doch auch mit der größten Härte war es nicht leicht, die in den Verwüstungen des Fünfzehnjährigen Krieges gelockerten Leibeigenenbindungen wieder zu straffen. Denn die unaufhörlichen Zerstörungen der Kriegsperiode hatten einen großen Teil der Bauernschaft physisch vernichtet, und die Überlebenden suchten sich mangels eines sicheren Heimes irgendwo eine Bleibe. Die Bauern zumindest betrachteten dies als Freiheit, da sie die Wiederherstellung der alten Gebundenheit mit allen Kräften zu umgehen suchten. Daher konnte bis zur Jahrhundertmitte die Fluchtbewegung der Bauern nicht eingedämmt werden, trotz steuerlicher Begünstigungen für die Rückkehrer und der Androhung von Strafmaßnahmen gegenüber den Flüchtigen.

 

 

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