Die Erwartungen im königlichen Ungarn

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Die Erwartungen im königlichen Ungarn
Georg II. Rákóczi erwarb sich mit seinen Woiwodschaftsaktionen weithin Achtung: Weißenburg wurde zum wichtigen Vermittlungsplatz der osteuropäischen Diplomatie, polnische, türkische, tatarische und Kosakengesandte wechselten ständig einander ab, und jeder verfolgte gespannt, wann Rákóczi wohl in den Polenkrieg eingreifen werde.
Am meisten daran interessiert waren die Politiker im königlichen Ungarn. Die Gruppe der angesehensten Magnaten erwartete von Rákóczi eine politische Wende des Landes; gerade diejenigen, die unlängst zumindest gleichgültig, eher aber feindlich dem Angriff seines Vaters gegenübergestanden hatten. Damals opponierten sie – geführt von Miklós Esterházy – gegen den Lösungsvorschlag aus Siebenbürgen, aufgrund ihrer im Dreißigjährigen Krieg entwickelten politischen Konzeption, der zufolge sie vom Haus Habsburg mit seinen großen westeuropäischen Kraftquellen die Beseitigung der Türkenherrschaft erwarteten. Es müsse nur erst Frieden im Reich eintreten, bevor sich der Herrscher den ungarischen Problemen zuwenden könne.
Die Lage nach dem Westfälischen Frieden brachte dann eine herbe Enttäuschung – der erwartete Großangriff gegen die Türken blieb aus. Bevor sich aber die Hoffnungen auf Georg II. Rákóczi richteten, kam es in Ungarn zu einem kurzen politischen Zwischenspiel.
Der andere Sohn Georgs I., Zsigmond, begann nach 1649 die Hauptrolle zu spielen. Er war eine einnehmende Persönlichkeit und ein auffallend großer Realist. Was seinem Vater bei seinem Kriegszug verborgen blieb, hatte er erkannt: daß sich mit der Losung der protestantischen Glaubensfreiheit in 355Ungarn niemand mehr für die Wiederherstellung des Nationalkönigtums aktivieren ließ. So schob er also die Religionsfrage beiseite und schuf gute Beziehungen zu den katholischen Aristokraten. Er gewann Miklós Esterházys Partei, die nach des Palatins Tod von dem ebenfalls katholischen Pál Pálffy geführt wurde, und begann – als die Enttäuschung über den ausgebliebenen Türkenkrieg ihre Wirkung zeigte – mit ihr gemeinsam seine Vorstellungen gegen die Habsburgerherrschaft in Ungarn auszuarbeiten. Somit entstand im Herbst 1651 um seine Person ein politischer Zusammenschluß jenseits aller religiösen Gegensätze. Dies war eine der wichtigsten Veränderungen des in Ungarn so ereignisvollen 17. Jahrhunderts. Ihre Folgen jedoch, obwohl Zsigmond auch im Westen politische Unterstützung fand, blieben aus, da der bereits trotz seiner Jugend reife Politiker am 4. Februar 1652 starb.
Daraufhin wandte die politische Öffentlichkeit Ungarns ihre Aufmerksamkeit Georg II. zu, durch Miklós Zrínyi veranlaßt, der im Frühling 1652 von Pálffy die Führung der oppositionellen Partei übernahm und als vornehmster Magnat des königlichen Ungarns sich dem Fürsten von Siebenbürgen anschloß. Doch bedeutete der Name Zrínyi mehr als Vornehmheit, denn in jedem damaligen Buch über die Geschichte las man von seinem Urgroßvater Miklós Zrínyi und dessen Heldentod 1566 in dem vom Sultan belagerten Szigetvár. Historienlieder besangen den Ahnen, und im 17. Jahrhundert war er immer noch die heroische Verkörperung des Kampfes gegen die Türken. Miklós Zrínyi zitierte also die Geschichte selbst. Und auch seine eigene Tätigkeit erhob ihn unter die geachtetsten Gestalten seiner Zeit: Schon als Halbwüchsiger leitete er Schlachten gegen die Türken, und als man den großen Befreiungskrieg noch von den Habsburgerkönigen erwartete, schrieb er ein Epos über seinen Urgroßvater; daneben begann er bereits an Esterházys Seite politisch aktiv zu werden.
Einen idealeren Führer als Zrínyi konnte sich keine politische Gruppierung wünschen. Vorwiegend ihm war es zu verdanken, daß im königlichen Ungarn von den politisch führenden, verantwortungsbewußten Magnaten über den sich nach diesen orientierenden Kleinadel bis zu den Marktflecken und auch Bauerndörfern hinab jedermann das Auftreten des Fürsten erhoffte, als Georg II. Rákóczi nach seinen Erfolgen in den rumänischen Woiwodschaften sein mögliches Eingreifen in Polen erwog. Während des Polenfeldzuges wechselte Zrínyi mit dem Fürsten bereits Briefe über politische Detailprobleme im königlichen Ungarn. Die Zeiten Gabriel Bethlens schienen wiederzukehren: Das königliche Ungarn würde aus der Gewalt der Habsburgerdynastie und damit wie Siebenbürgen unter die Herrschaft des Türkischen Reiches gelangen.

 

 

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