Der „Lange Krieg“ und die Erneuerung unter Severus

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Der „Lange Krieg“ und die Erneuerung unter Severus
Die Mitte des 2. Jahrhunderts beginnende Wanderung von Nordwesten nach Südosten der Goten an den Grenzen des Imperiums beunruhigte anfangs die im nördlichen Karpatenbecken lebenden Völker und verursachte sodann einen anderthalb Jahrzehnte dauernden Krieg. Die eine neue Heimat suchenden germanischen Stämme (Goten, Langobarden und Wandalen) gefährdeten den Wohnsitz und das verhältnismäßig ruhige Leben der an den Reichsgrenzen lebenden Völker. Ihrer Flucht und Umsiedlung aber stand das diese Völker in eine Klientelabhängigkeit drängende, aber auch eine reiche Nachbarschaft bedeutende Römische Reich im Wege.
Die Sicherheit dieses Gebietes war dadurch geschwächt, daß Kaiser Mark Aurel 162 wegen des im vorhergehenden Jahr ausgebrochenen Partherkrieges Truppen aus den europäischen Grenzprovinzen, so auch aus Dazien abzog. Durch eine geschickte Politik der Statthalter aber konnte der Ausbruch des Krieges verzögert werden. Den Beginn der Kämpfe im Norden kann man aufgrund des Schatzfundes von Tibód, der mit Münzen aus dem Jahre 167 abschließt, sowie aufgrund der versteckten Wachstafeln mit dem letzten Datum vom 29. Mai 167 in die Zeit nach 167 datieren. Ihre Besitzer hatten sie wahrscheinlich auf die Nachricht des Kriegsausbruchs hin versteckt, konnten sie dann aber nicht mehr hervorholen. Zugleich mit dem Beginn der Kampfhandlungen wurden administrative und militärische Veränderungen vorgenommen. Die Angaben reichen nicht aus, um die chronologische Reihenfolge der Veränderungen innerhalb der kurzen, dreijährigen Zeitspanne bestimmen zu können. Die Maßnahmen wurden während einer kritischen Lage im Krieg getroffen, weshalb nicht anzunehmen ist, daß bereits in den ersten Kriegsjahren eine endgültige Lösung gefunden worden war. In der zweiten Hälfte des Jahres 167 wurde die aus dem östlichen Feldzug nach Troesmis in die Dobrudscha zurückgekehrte legio V Macedonica nach Dazien verlegt: Ihr Lager könnte in Potaissa (Thorenburg) gewesen sein. Ihre Stationierung in Norddazien deutet an, daß die militärische Führung in erster Linie in Siebenbürgen mit Angriffen rechnete. Auch die Einteilung Daziens wurde modifiziert. Die 3 Teilprovinzen wurden zwischen 167 und 170 enger zusammengefaßt und einem einzigen Statthalter unterstellt, dessen offizieller Name nun legatus pro praetore Daciorum trium war. Auch die Namen der Provinzen änderte man: Aus Dacia Superior wurde Dacia Apulensis und aus Dacia Inferior wurde Dacia Malvensis (nach dem Namen einer noch nicht 39identifizierten Siedlung). Man folgte also dem Beispiel der Namensgebung von Dacia Porolissensis und benannte die Provinzen nach ihrem städtischen Zentrum. Gleichzeitig wurde das Legionslager von Potaissa Dacia Apulensis angeschlossen.
Die Kriegsereignisse erreichten zwischen 167 und 170 ihren Höhepunkt. Besonders bedrohlich war die Situation Daziens: An seinen langen Grenzen mußte man sich nach drei Seiten verteidigen. Die Einfälle der Barbaren in den beiden Mösien konnte Dazien nicht verhindern. Von den durch die oberste Militärführung als Statthalter und Prokuratoren in die Donauprovinzen entsandten talentierten Soldaten fielen einige auf dem Schlachtfeld, so M. Claudius Fronto, der 167 ursprünglich Statthalter von Moesia Superior war. Die Westfront Daziens und Moesia Superiors wurde, um die im Banat angreifenden Jazygen abzuwehren, unter eine gemeinsame militärische Führung gestellt. Fronto war 168 Statthalter beider Provinzen und wurde dann an die Spitze von Tres Daciae gestellt. Als die Armee von Moesia Superior geschlagen und der neuernannte Statthalter gefallen war, wurde Moesia Superior Dazien angeschlossen. Durch die konzentrierten Einfälle von Sarmaten und Germanen wurde die Situation kritisch. Die Inschrift der Statue auf dem Forum Traianum in Rom verkündete über Fronto: „[…] nach dem er erfolgreiche Schlachten gegen die Germanen und Jazygen ausgetragen hatte, ist er, mutig für den Staat kämpfend, gefallen“ (CIL VI, 1377). In Anerkennung seiner Verdienste wurde zu seinen Ehren auch in Sarmizegethusa eine Inschrift aufgestellt (CIL III, 1457). Über die die Stadt bedrohende Gefahr berichtet eine andere Inschrift, die – wie aus dem Text hervorgeht – Mark Aurel gewidmet ist, weil seine Truppen die Stadt aus großer Gefahr retteten (CIL III, 7969).
Über die östliche Kampflinie Daziens liegen keine Angaben vor. Wahrscheinlich wurden hier keine größeren Kämpfe ausgetragen, weil der feindliche Hauptangriff nach Süden gerichtet war. Die Kostoboken und Sarmaten verwüsteten – Dazien umgehend – Moesia Inferior, drangen bis nach Achaia vor und plünderten das eleusische Heiligtum. Schließlich gelang es dem Statthalter Cornelius Clemens, sie mit Hilfe der Hasdingen, einem Unterstamm der Wandalen, 171 oder 172 zu schlagen (Cassius Dio LXXI, 12, 1). Das ist bereits ein Vorzeichen neuer Entwicklungen. Das Römische Reich versuchte, mit Hilfe diplomatischer Mittel sein Ziel zu erreichen. Ähnlich wurde „…ein benachbarter Stammeshäuptling, Tarbus, der nach Rom gezogen war, um Geld zu fordern und mit Krieg drohte, wenn er es nicht bekäme“, von Verbündeten Roms gebändigt (Cassius Dio LXXI, 11). Einige Volksgruppen nahm das Reich auf, sie wurden in Pannonien, Mösien und Germanien angesiedelt. Das bezeugt das Verlangen der kriegführenden Barbaren, sich innerhalb der Sicherheit bietenden Grenzen des Reiches anzusiedeln. Die Ereignisse der folgenden Jahre werden durch die von den Römern begonnenen Kriegsoperationen bestimmt. Der Feind wurde bereits auf eigenem Gebiet besiegt. Später gestattete Mark Aurel den Jazygen, über Dazien mit den im Osten lebenden Roxolanen – so oft es der Statthalter genehmigte – den Kontakt zu halten (Cassius Dio LXXI, 19, 1–2).
Zu den Kämpfen an der Nordgrenze Daziens wurde auch die legio I Italica aus Moesia Inferior herangezogen. Um 180 führte Mark Aurels Sohn, Kaiser Commodus, gegen die hier lebenden Völker, in erster Linie gegen die Buren (buri), einen erfolgreichen Feldzug: ,,…da die Buren am Ende ihrer Kräfte 40waren, schlossen sie einen Vertrag mit uns … [Commodus] sicherte sich Bürgen und nahm ihre 15 000 Kriegsgefangenen mit sich. Den anderen zwang er den Schwur ab, daß sie sich in einem Streifen von 40 Stadien außerhalb der Grenzen Daziens weder nieder- noch ihre Tiere weiden lassen werden. Sabinianus wiederum bot 12 000 von den außerhalb der Grenzen lebenden Dakern an…, daß sie in unserem Dazien Boden bekommen werden“ (Cassius Dio LXXII, 3; Vettius Sabinus war zu dieser Zeit Statthalter Daziens).
Bis zum Ende des Krieges hatte Rom die Beziehungen mit seinen Verbündeten an den Grenzen des Reiches wieder hergestellt. Im nördlichen Vorland Daziens wiederum waren die Germanen erschienen, die sich dort niederließen.
Anderthalb Jahrzehnte Krieg, Pest, ungenügender militärischer Schutz und der langsame Ausbau der Städteautonomie in anderen Provinzen riefen zur Zeit des Commodus im Kreise der Provinzbevölkerung Unruhen hervor. Im Lebenslauf des Kaisers wird kurz darüber berichtet. Mitte der 80er Jahre des 2. Jahrhunderts lehnten sich auch in Dazien die Provinzialen auf (SHA, Vita Commodi 13, 5–6). Details sind unbekannt, und nichts beweist, daß an diesen Erhebungen die autochthonen Daker teilgenommen hätten. Auch in Germanien kam es zu ähnlichen Unruhen. Möglicherweise haben die dazischen Legionen zu dieser Zeit, unter Commodus, die sie für ihre Treue auszeichnenden Attribute pia fidelis, pia constans erhalten. Die Legion von Apulum wiederum setzte Commodus ein Denkmal (CIL III, 1172).
192 wurde Commodus ermordet, und im März 193 riefen die pannonischen Legionen in Carnuntum (Deutsch Altenburg) den Statthalter Septimius Severus zum Kaiser aus. So wie die anderen Donauprovinzen erkannte auch die dazische Armee ihn sofort als ihren Herrn an. Der neue Kaiser übergab Dazien seinem Bruder. Die dazischen militärischen Sonderkommandos nahmen daraufhin an den Kämpfen gegen die Gegenkaiser an der Seite von Severus teil. Unter der Herrschaft des Septimius Severus gestaltete sich das Schicksal der ihn von Anfang an unterstützenden Donauprovinzen günstig, die friedliche Außenpolitik förderte ihren wirtschaftlichen Aufschwung. In erster Linie beweist die Ausdehnung der Organisation die Rekonstruktion Daziens: Septimius Severus verlieh drei Siedlungen das Selbstverwaltungsrecht (eine erhob er in den Rang einer colonia). Es ist anzunehmen, daß zu seiner Regierungszeit die außerordentlich vorteilhafte Ius-Italicum-Verleihung an mehrere dazische Städte erfolgte. Die Felder der Städte, die über das Recht der italischen Gutsbesitzer verfügten, waren steuerfrei.
Wegen der wenigen, aus dieser Zeit stammenden und zudem noch unbearbeiteten Funde ist es nicht möglich, die Prosperität unter Severus detailliert darzustellen. Es ist aber beachtenswert, daß dieser Aufschwung nicht für das gesamte Dazien, sondern eher nur für Siebenbürgen charakteristisch war. Hauptsächlich profitierte von dem Aufschwung das hier in großer Zahl stationierte Militär, zwei Legionen und Hilfstruppen. Der Neuaufbau und die Vergrößerung der Städte nach den Verwüstungen der Markomannenkriege waren vermutlich das Ergebnis der Urbanisierungspolitik.
Während der Herrschaft des Septimius Severus wurde Dazien nicht angegriffen. Nach den Verwüstungen des großen Krieges wurde auch in den Militärlagern mit deren Restaurierung begonnen. Überall baute man Schutzeinrichtungen aus Stein. Einige sind der Meinung, daß in dieser Zeit der Limes Transalutanus entstand. 212–213 kam es erstmals wieder zu 41Zusammenstößen im nördlichen Teil Siebenbürgens, die Angreifer könnten freie Daker, Wandalen und Karpen gewesen sein. Nach den Kämpfen besuchte Caracalla Dazien, um dann mit seiner Armee in den Krieg im östlichen Reichsteil zu ziehen.
Nach Caracallas Ermordung erkühnten sich im Jahre 218 die freien Daker, „…einen Teil Daziens verwüstend, zu mehr, sie nahmen nämlich diese Bürgen wieder mit sich, die Caracalla ihnen aufgrund des Vertrages abgerungen hatte“ (Cassius Dio LXXVIII, 27). Aus der Zeit des letzten Severus-Herrschers, Alexander (222–235), sind nur wenige Inschriften in Dazien erhalten. Im Geiste des Kaiserkultes stellte das Militär als Zeichen seiner Treue Inschriften für den Kaiser und dessen Mutter, Julia Mammaea, auf.

 

 

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