Die Gegenreformation und die Verteidigung der Protestanten

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Die Gegenreformation und die Verteidigung der Protestanten
Auch in Siebenbürgen versuchte der Wiener Hof mit Hilfe der mehr oder weniger gewaltsamen Gegenreformation die Loyalität zum Staat zu stärken. In deren Interesse wurde die unter der Hegemonie des kalvinistischen Glaubens entstandene Religionsgleichheit, das System der vier anerkannten Konfessionen, unter Einsatz drastischer Mittel zerstört. Zuerst wurde der Einfluß des römisch-katholischen Bischofs auf Kosten der anderen erhöht: Karl III. ernannte den Bischof zum Ersten Rat des Guberniums, der in Abwesenheit des Gubernators den Vorsitz führen sollte. Die Mönchsorden, vor allem die Jesuiten, wurden gefördert und erhielten zahlreiche ihrer früheren Kirchen zurück.
Die Gegenreformation bemühte sich darum, vor allem die einflußreichsten Repräsentanten der Stände für sich zu gewinnen. Neben dem Bekehrungseifer setzte sie auch wirksamere Mittel ein: unter anderem die Bevorzugung der Katholiken bei der Ämterbesetzung, sowohl bei den Regierungs- als auch den Munizipalbehörden, sogar im Kreise der Sachsen. Von der Gegenreformation waren die Unitarier am schwersten betroffen. Sie verloren die meisten Kirchen sowie ihre öffentlichen Ämter.
Der Angriff des gefestigten Katholizismus schien die ganze ständische Verfassung Siebenbürgens zu gefährden. Die katholischen Stände forderten schon 1712 – übrigens erfolglos – die Veränderung der für sie nachteiligen Paragraphen des Diploma Leopoldinum und später (1724) die Aufhebung der antikatholischen Paragraphen der Gesetze Approbata und Compilata, die Bestrafung der Apostasie, das Verbot der Beziehungen von Nicht-Katholiken mit dem Ausland (einschließlich sogar Ungarn), die Unterdrückung der unitarischen Kirche, die Verbannung der Unitarier aus den Ämtern und die Ausrottung des Sabbatariertums. Realisiert wurden damals bloß einige Sabbatarierprozesse (1724–1729), aber die Versuche der Katholiken wiederholten sich. 1731 konnte ein willkürlich gebildetes Gubernium ungehindert die Aufhebung des Systems der vier anerkannten Konfessionen, die Rückgabe der ehemals von Katholiken gestifteten Kirchen, das Verbot von Auslandsbeziehungen der Protestanten, die Buchzensur und die Beurteilung der Mischehen durch den Heiligen Stuhl vorschlagen – Forderungen, die allerdings nicht durchgesetzt werden konnten. Mitte der 1730er Jahre erstarkte die Opposition in Siebenbürgen, woraufhin die Regierung im Frühling 1738 – parallel zum soeben ausgebrochenen Türkenkrieg – den reformierten Bischof István Szigethi-Gyula mit anderen kirchlichen Persönlichkeiten und zahlreichen reformierten Aristokraten unter Anklage auf 416Verschwörung mit Rákóczi-Anhängern verhaften ließ, sie aber Anfang 1739 freilassen mußte. Die Problematik entwickelte sich 1741–1743 zu einem förmlichen Komplex, die früheren, gegen die Katholiken und Habsburger erlassenen Gesetze aufzuheben und die Pragmatische Sanktion zu ratifizieren. 1744 akzeptierten die Stände die Bestimmungen über die Beziehungen Siebenbürgens zum Türkischen Reich und die Aufhebung des Rechtes der Fürstenwahl, die Pragmatische Sanktion wurde Gesetz und die antikatholischen Gesetze wurden aufgehoben.
Der Rekatholisierungsprozeß war aber keine eindeutig negative Erscheinung; ihm sind auch wesentliche kulturelle Verdienste zuzuschreiben, so erhöhte sich das Niveau der Mittel- und Hochschulbildung. Mit der Gegenreformation setzte die Verbreitung des Barocks in Siebenbürgen ein, zunächst im katholischen Kirchenbau. Als Muster galt die Jesuitenkirche in Klausenburg, die aufgrund von eventuell in Wien entworfenen Plänen zwischen 1718 und 1724 gebaut wurde. Die siebenbürgische Barockplastik war anfangs mit dem barocken Kirchenbau verbunden, später auch mit der Schloßarchitektur, die sich um die Mitte des Jahrhunderts neu entfaltete.
Die Selbstverteidigung der Protestanten gegen das Vordringen der Gegenreformation konzentrierte sich (über politische Aktionen hinaus) auf die Sicherung ihrer Beziehungen zum westeuropäischen Protestantismus und zum europäischen Geistesleben und deshalb auch auf die Erhaltung ihres modernen Schulwesens in Siebenbürgen. Um den Preis andauernder Kämpfe und den unaufhörlichen staatlichen Behinderungen zum Trotz gelang es den Protestanten, die Kontakte mit Westeuropa vor allem mit den deutschen Universitäten, aufrecht zu erhalten. Von diesen (insbesonders aus Halle) breitete sich der Pietismus gemeinsam mit der deutschen Frühaufklärung auch nach Siebenbürgen aus. Im sächsischen Luthertum hatte schon zur Zeit des Rákóczi-Aufstandes der Streit zwischen Pietisten und Konservativen begonnen, und da 1719 in Preußen der Pietismus Sieger blieb, wurde damit die deutsche Basis des Konservativismus geschwächt. Kurz darauf erschien, zuerst bei den Sachsen, der Wolffianismus, als eine für alle Richtungen der siebenbürgischen Aufklärung höchst wichtige Philosophie.
Der Einfluß des Pietismus war in der reformierten Kirche geringer, aber eine zentrale pietistische Persönlichkeit war Professor András Huszty, der das Studium des Rechts und der politischen Wissenschaften an der Klausenburger Hochschule einführte und daneben Wesentliches zur Begründung der finnougrischen Sprachwissenschaft leistete: er bestimmte die Verwandtschaftsbeziehungen der finnougrischen Sprachen so exakt, daß in der Folgezeit nur mehr wenig zu verbessern blieb. Der Vorkämpfer für das Studium der Naturwissenschaften, István Vásárhelyi Tőke, führte die Experimentalphysik als Fach an der Hochschule von Groß-Enyed/Straßburg ein. Sámuel Nádudvari, Lehrer an der reformierten Hochschule von Neumarkt um 1740, übersetzte mehrere Werke von Christian Wolff. Die Bestrebungen der Klausenburger unitarischen Hochschule um Modernisierung des Unterrichts verdienen alle Anerkennung. Hier begann Mihály Szent-Ábrahámi, die größte Persönlichkeit des siebenbürgischen Unitarismus im 18. Jahrhundert, unmittelbar vor der besitzmäßigen Umwandlung der Hochschule Recht und Geographie zu unterrichten – das war der Beginn des regelmäßigen Rechtsstudiums in Siebenbürgen. An der nach 1718 reorganisierten Hochschule unterrichtete Szent-Ábrahámi eklektische und Experimentalphysik 417(1726) und legte in seinen geographischen Notizen (1727) auch die kopernikanische Lehre dar.
Die größte Persönlichkeit der siebenbürgischen Frühaufklärung war der Verwaltungsbeamte Sámuel Köleséri, der erst Arzt, dann Fachmann für das Bergwesen und zuletzt Sekretär und Rat des Guberniums war. Seine wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen reichten von Konstantinopel und Venedig bis Paris, London und Petersburg, seine Aufsätze wurden in deutschen Zeitschriften publiziert, und in mehreren Zweigen der Naturwissenschaft leistete er Grundlegendes.In seinem bekanntesten Werk Auraria Romano-Dacica stellte er die Bodenschätze Siebenbürgens und ihre Erschließung dar. Er beschäftigte sich auch mit der Medizin: in seinem Werk über den Skorbut im Siebenbürgischen Erzgebirge erklärte er die Krankheit mit der schlechten Ernährung der Bergleute (sieben Jahre nach Erscheinen des Werkes von Ramazzini, mit dem dieser die industrielle Pathologie begründete).
Die Kultur war um die Mitte des Jahrhunderts schon weniger abhängig von der Politik geworden als in den Jahrzehnten zuvor. Wohl hatte der sich allmählich durchsetzende Absolutismus die Zensur eingeführt: 1753 verordnete Maria Theresia, das Gubernium solle den Druckereien die Herausgabe von Werken verbieten, die mit ihrem Inhalt die Ehrfurcht Gottes, die Person und die Rechte des Herrschers, die Zustände des Landes und die anerkannten Konfessionen angriffen oder neue Ketzereien enthielten; jedes Werk war vor dem Druck dem Gubernium vorzulegen, ohne dessen Genehmigung nichts verkauft werden durfte. Der Erlaß hatte aber nur wenig Erfolg, die Zensur war nicht sehr wirkungsvoll. Dank den Beziehungen zu Westeuropa erreichte auch das wissenschaftliche Bibliothekswesen ein höheres Niveau.
An der Klausenburger Jesuitenhochschule begannen nun, mit leichter Verspätung gegenüber den protestantischen Schulen, die ersten hervorragenden Persönlichkeiten die Naturwissenschaften zu lehren, von Anfang an waren es namhafte Wissenschaftler, wie der später weltberühmte Astronom Maximilian Hell, der 1752 von Tyrnau aus den Lehrstuhl für Mathematik der Klausenburger Hochschule besetzte. Er richtete zu Hause ein Observatorium ein und war darum bemüht, in der Schule ein Physikkabinett aufzubauen. Daneben leistete er Bleibendes auf dem Gebiet des Zusammenhanges von Magnetismus und Elektrizität. 1755 kam er als Direktor der Sternwarte und Professor nach Wien.
Der bedeutendste siebenbürgische Wissenschaftler dieser Epoche war der protestantische Dorfprediger Péter Bod, ein in seinem Glauben unbarmherzig harter Theologe, Kirchenhistoriker (er schrieb eine umfangreiche ungarische Kirchengeschichte) und Kirchenrechtler. In der ungarischen Kulturgeschichte erwarb er sich vor allem mit seiner Literatur- und kulturhistorischen Tätigkeit einen Namen. Er verfaßte das erste ungarische Literaturlexikon Magyar Athenás (herausgegeben im Jahre 1767) als erste systematische Zusammenfassung der gesamten ungarischen Literaturgeschichte. Nach János Apáczai Csere war er der erste Vertreter der Idee einer ungarischen Akademie. 1756 schlug er zuerst die Gründung einer „literarischen Gesellschaft“ mit Mitgliedern aus Ungarn und Siebenbürgen vor, um mit einer solchen die Pflege der Sprache und die Zusammenstellung einer guten ungarischen Grammatik zu verbinden. 1760 betrieb er schon ausdrücklich die Gründung einer „aus gelehrten Leuten bestehenden Gesellschaft zur 418Anregung der ungarischen Sprache, wie es sie bei anderen Nationen gibt“.
Einen besonderen Tätigkeitsbereich für die katholische Expansion in Siebenbürgen bildete die Union der rumänischen Griechisch-Orthodoxen mit der römischen Kirche.

 

 

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