Vergeltung und Konsolidierung

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Vergeltung und Konsolidierung
Am 11. August 1849 wurde auch in Siebenbürgen der Erlaß über die Errichtung von Kriegsgerichten veröffentlicht, um nun „all jene Taten, Fehler und dreisten Ruchlosigkeiten“,* die mit der ungarischen Revolution in Verbindung standen, zu bestrafen.
Haynaus Anweisung an Feldmarschalleutnant Ludwig von Wohlgemuth vom 21. August 1849. Kriegsarchiv, Wien, Feldakten. Krieg in Ungarn 1849–8–423 H. A.
Haynau berichtete stolz nach Wien: „In einem Jahrhundert wird keine Revolution mehr in Ungarn ausbrechen, dafür wollte ich […] mit meinem Kopfe bürgen, weil ich trachte das Unkraut samt der Wurzel zu vertilgen.* Er gab detaillierte Anweisungen: „Alle Chefs der Rebellen […] werden mit dem Strange hingerichtet […] Von jenen Individuen, welche in der Insurgentenarmee […] als Gemeine oder Unteroffz. dienten, sind alle Romänen, Croaten und Sachsen in ihre Heimat zu entlassen. Alle Magyaren, Szekler, Pohlen dann die zur deutschen Legion Gehörenden sind als Gemeine zu assentieren […].“*Die Kriegsgerichte sprachen Urteile am laufenden Band. In Arad wurden 231 der 475 angeklagten Offiziere zum Tode verurteilt, wobei allerdings weit weniger tatsächlich hingerichtet wurden. Nach den 13 522Honvedgenerälen wurde am 25. Oktober in Arad General Lajos Kazinczy erschossen, der letzte Befehlshaber der siebenbürgischen Honvedarmee. Allein 72 Honvedoffiziere und 25 Zivilisten aus Siebenbürgen wurden zum Tode und 64 Personen zu schwerer Kerkerhaft verurteilt. Besonders hartnäckig verfolgte man die Führer des Szekler Aufstandes, da man die Szekler dafür verantwortlich machte, daß es den kaiserlichen Truppen 1848 nicht gelungen war, der ungarischen Revolution von Siebenbürgen her in den Rücken zu fallen und sie dadurch noch rechtzeitig zu ersticken.
Feldzeugmeister Haynaus Brief an Feldmarschalleutnant Karl von Schönhals vom 24. August 1849. Ebd.
Haynaus Anweisung an Wohlgemuth vom 21. August 1849. Ebd.
Insgesamt fiel die Vergeltung in Siebenbürgen dennoch milder aus als im eigentlichen Ungarn. Das revolutionäre Lager war von Anfang an kleiner gewesen, auch dauerten die Kämpfe länger, so daß viele der Revolutionäre, die in höchster Gefahr schwebten, unversehrt das Land verlassen konnten.
Die Vergeltung ging andererseits auch mit Auszeichnungen einher. Die höchste Auszeichnung erhielten der Sachsenkomes Franz Salmen und der griechisch-orthodoxe rumänische Bischof Andrei Şaguna. Neben einigen ungarischen und zahlreichen sächsischen Amtsträgern wurden auch rumänische Tribune und Präfekte mit goldenen Verdienstkreuzen geehrt, wobei man keineswegs die demonstrative Auszeichnung einiger Bauern vergaß, die viel gelitten hatten oder als treue Bürger bezeichnet werden konnten.
Gegenüber dem Militär verkörperte die Reichsregierung, die sich auch auf liberal gesinnte Minister stützte, das andere Antlitz der Gegenrevolution, nämlich die Modernisierungsbestrebung, die zwangsläufige Durchsetzung des Erbes der Revolutionen. Gegen das Prinzip der jeweils gesonderten nationalen Freiheit der Völker versuchte die Regierung die zentralisierte Gesamtmonarchie und mit dem Versprechen der Einführung des Konstitutionalismus dessen individuelle Freiheitsrechte auszuspielen. Natürlich hat die Regierung nicht den Rang eines Reformkabinetts erreicht. Denn ab 1851 kam es – unter dem Einfluß des der Epoche ihren Namen verleihenden Innenministers Alexander Bach – zu einer ausgesprochenen Erstarrung.
Der erste Militär- und Zivilgouverneur Siebenbürgens, General Baron Ludwig Wohlgemuth, traf von vornherein mit der Geheimanweisung in der südöstlichen Grenzprovinz ein, alle ihre Besonderheiten abzuschaffen und das Gebiet in die Gesamtmonarchie einzugliedern. Der Sitz des lokalen Regierungsorgans wurde von Klausenburg erneut nach Hermannstadt verlegt; die Militärs wurden zu den allmächtigen Herren der Provinz.
In Siebenbürgen mit seinen eingeäscherten Dörfern und leidgeplagten Städten bedeutete die Einführung eines bereits auf der allgemeinen Steuerpflicht basierenden Steuersystems, die Festlegung neuer Steuerlasten und die für die erweiterte Armee zu erbringenden alten Dienstleistungen für die Bevölkerung eine schwere Prüfung, die der Verfolgung und Vergeltung gleichkam. Mangels einer funktionierenden Nachschuborganisation wurde besonders die Bevölkerung Südsiebenbürgens durch übermäßig viele Militärtransporte belastet. Als wahrer Fluch Gottes galt die Einquartierung von Soldaten und Offizieren, von der nun auch der ehemalige Adel, die sächsischen Städte und die treuen Diener des Regimes nicht mehr befreit wurden. All das wurde durch die zu einem schweren Geldmangel führende Annullierung der Kossuth-Banknoten und die Verbreitung der orientalischen Rinderpest nur noch verschärft. Um Siebenbürgen wieder aufzurichten, bedurfte es auch staatlicher Unterstützung, für die kaum Geld übrigblieb, das zudem aufgrund politischer Überlegungen verteilt wurde. Die sächsische 523Nationsuniversität erhielt 1850 für ihre „Treue“ vom Ärar einen Kredit von über 1,5 Millionen Forint zu günstigen Tilgungsbedingungen. In dem von Ungarn bewohnten Szeklerland wiederum wurden, begründet mit der „Untreue“ von 1848/49, Kollektivstrafen verhängt.
Im Frühjahr 1851 wurde nach dem unerwarteten Tode Wohlgemuths schließlich Fürst Carl zu Schwarzenberg durch den Monarchen zum neuen Gouverneur Siebenbürgens ernannt. Der zur größten böhmischen Aristokratenfamilie gehörende General brachte von zu Hause einen weiten Horizont, aus Wien wiederum eine größere Kompetenz als sein Vorgänger mit. Anders als dieser unterhielt er auch in Klausenburg ein Haus, lernte ungarisch, ging oftmals mit Magnaten auf die Jagd, stattete hier und dort Besuche ab. Doch all das brachte keine konkreten Veränderungen in seinem politischen Verhalten mit sich.
Die Regierung wollte auch Siebenbürgen zu einer ruhigen, gut lenkbaren Provinz umformen, frei von nationalen und sozialen Kämpfen, politischen und publizistischen Auseinandersetzungen, in der jede schöpferische Bestrebung im unbedingten Gehorsam gegen den Kaiser münden sollte. Eine auf die spezifischen Verhältnisse Siebenbürgens anwendbare Sonderkonzeption wurde nicht ausgearbeitet. Gepaart mit den Schwächen der inneren Kräfte führte diese Politik dazu, daß die Entwicklung Siebenbürgens auch weiterhin ganz von den Verhältnissen im Reich bzw. im engeren Ungarn abhängig blieb.

 

 

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