Die Einführung des Absolutismus

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Die Einführung des Absolutismus
Nach der Niederschlagung des ungarischen Freiheitskampfes hatte die Union natürlich ihre Gültigkeit verloren, während das Partium an neuem Siebenbürgen angeschlossen wurde. Teilweise auch im Blick auf die ethnischen Verhältnisse wurden sechs Kreise oder „Districte“ gebildet – drei rumänische, zwei ungarische und ein sächsischer –, mit je einem Militärkommandant, der die Exekutive ausübte und die wichtigeren Verordnungen erließ. Einen minimalen zivilen Einfluß garantierten die dem kaiserlichen Kommissar Eduard Bach untergeordneten örtlichen Zivilkommissare, die jedoch selbst ihre Berichte nur mit dem Sichtvermerk des jeweiligen Militärbefehlshabers nach Hermannstadt weiterleiten durften. Eine Ausnahme bildete der sächsische Distrikt von Hermannstadt, der aus dem seine Selbstverwaltung teilweise beibehaltenden Königsboden gebildet und in dem der Zivilkommissar Franz Salmen zum Sachsenkomes ernannt wurde. Die Vorstände der Städte wurden durch den Distriktskommandant oder durch den Militärgouverneur selbst ernannt, sie führten die Verwaltungsaufgaben nach den Anweisungen des Zivilkommissars des Distriktes aus. Die öffentliche Verwaltung erforderte ein Heer von vertrauenswürdigen Beamten, die zum Teil aus den Reihen der Sachsen hervorgingen, aber auch aus der westlichen Hälfte des Reiches eintrafen.
Der Ausbau der Polizeiorganisation begann mit der Schaffung der politisch wichtigen Grenzpolizei sowie der Stadthauptmannschaften in Hermannstadt, Kronstadt, Klausenburg und Neumarkt. Die 1851 organisierte Gendarmerie umspannte als modernes Strafverfolgungsorgan des Staates das ganze österreichische Kaiserreich. Diese zivilen Zielen dienende, jedoch militärisch aufgebaute neue Ordnungsmacht galt neben den Beamten als die höchste 524Exekutive der Regierungsgewalt. 1852 wurde die selbständige politische Polizei geschaffen, deren Aufgabe in der Kontrolle aller Bereiche des Lebens vom Fremdenverkehr bis hin zum Theater bestand. Einen wichtigen Platz im Gendarmerie- und Polizeinetz hatte ein ganzes Heer von Spitzeln, das alle Schichten der Gesellschaft erfaßte.
Auch die Kontrolle des kulturellen Lebens wurde zu einem erstrangigen polizeilichen Aufgabenkreis. Für die Einrichtung von Tanzsälen und Theatern war die Genehmigung des Gouverneurs erforderlich, ebenso für die Aufführung von Bühnenstücken. Bücher aus dem Ausland durften ebenfalls nur mit Erlaubnis der Statthalterei eingeführt werden. Der Herausgabe jeder bedeutenderen Zeitung mußte der Polizeichef des Reiches zustimmen. Gemäß den Prinzipien der Zentralisierung war außer dem Wirtschaftsverein und der Sparkasse die Tätigkeit aller wissenschaftlicher und künstlerischer Gesellschaften direkt von der Genehmigung des Kaisers oder seines Innenministers abhängig.
Das aktuelle Interesse der bürgerlichen Ordnung wie auch der Schatzkammer erforderte eine Modernisierung der Besteuerung, die in Abstimmung aller Anforderungen seitens der modernen Prinzipien sowie des absolutistischen Systems durchgeführt wurde. Die neue Besteuerung basierte auf der allgemeinen Steuerpflicht und sicherte dem Staat nach dem landesweit einheitlichen Steuerschlüssel auf zwei Wegen seinen Anteil an den geschaffenen materiellen Gütern. Neben den direkten Steuern (Grundsteuer, Haussteuer, Einkommens- und Vermögenssteuer) kam den indirekten Steuern eine große Bedeutung zu, die den Zucker-, Fleisch-, Spirituosen- und Salzverbrauch verteuerten.
Die ersten Justizorgane waren noch die Militärgerichte selbst. Im Sommer 1850 wurde schließlich im Rahmen der Trennung von öffentlicher Verwaltung und Justiz die Grundlage für das moderne Gerichtssystem in Siebenbürgen geschaffen. 1852 und 1853 kam es zur Einführung der neuen Prozeßordnung, des österreichischen Straf-, bzw. Zivilgesetzbuches.
Die im Januar 1853 herausgegebenen Verordnungen des Innern, des Finanz- und des Rechtswesens beinhalteten die wohl bedeutendsten Verwaltungsmaßnahmen des Absolutismus. Die die Kronprovinz verwaltende Statthalterei spielte mit ihren Räten – von den sechs waren lediglich zwei Siebenbürger –, Sekretären und Konzipienten eigentlich die Rolle eines Bindegliedes zwischen den lokalen und den zentralen Regierungsorganen in Wien. Der allmächtige Militär- und Zivilgouverneur war nun, als Statthalter, in politischen Angelegenheiten dem Innenminister unterstellt. Im Sommer 1854 wurde die verwaltungsmäßige Aufteilung modifiziert; statt der früheren sechs wurde das Land nun in zehn Distrikte untergliedert, wobei auch die Aufteilung in der Steuerverwaltung und im Gerichtswesen berücksichtigt wurde. Die Aufhebung der Militärgrenze erfolgte bereits Anfang 1851, als man nach den Szekler Regimentern auch die beiden rumänischen Infanterieregimenter auflöste. Die sächsische Autonomie wurde ebenfalls beseitigt, die Versammlung der Nationsuniversität aufgelöst, ihre gerichtliche Funktion aufgehoben, Bistritz und Broos schließlich vom Königsboden abgetrennt.
Die neue Staatsorganisation des Absolutismus bedeutete sowohl den jahrhundertealten Machtstrukturen des Feudalismus als auch dem nur kurzlebigen Apparat der früheren Militärherrschaft gegenüber einen großen Fortschritt. Dennoch wurde sie von negativen Zügen belastet, welche die 525Modernität dieser Einrichtung, die eine spätaufklärerische, zivilisatorische Mission zu erfüllen suchte, in Frage stellten.
Über ein Jahrzehnt lang wurde Siebenbürgen tatsächlich direkt aus Wien durch mit Geheimanweisungen ausgestattete fremde Gouverneure gelenkt. Die Gesetze und Verfügungen wurden durch den Monarchen nicht nur erlassen, sondern konnten zu jeder Zeit modifiziert oder außer Kraft gesetzt werden. Und so führte der Absolutismus ganz umsonst einige moderne Verwaltungsmaßnahmen ein, da jede staatliche Tätigkeit letztlich den Stempel des Provisoriums trug und die für die bürgerliche Ordnung so entscheidend wichtige Öffentlichkeit, die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten – d. h. der Rahmen derartiger Formen von Mitbeteiligung an der Macht –, vollständig fehlte.

 

 

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