Wiederherstellung von Konstitution und Union

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Wiederherstellung von Konstitution und Union
Der Ausgleich von 1867 als Ergebnis der seit 1865 laufenden Verhandlungen sowie der österreichischen Niederlage im Krieg gegen Preußen (1866) machte das Habsburgerreich zu einer konstitutionellen Monarchie mit zwei Zentren. Von nun an regelten Österreich und Ungarn ihre inneren Angelegenheiten selbständig und unabhängig voneinander, während die äußeren Angelegenheiten und das Verteidigungswesen von einem einheitlichen Apparat unter dem entscheidenden Einfluß des Monarchen verwaltet wurden.
Mit dem Ausgleich fand auch die dreihundertjährige Sonderstellung Siebenbürgens ihr Ende. Gerade die restlose Wiederherstellung der 1848 gebilligten Union war ungarischerseits eine der Grundbedingungen des Kompromisses. Ein Erlaß des Herrschers vom 20. Juni 1867 löste auch formell den Klausenburger Landtag auf, während ein anderer die Beschlüsse des Hermannstädter Landtages außer Kraft setzte.
Die durch Graf Gyula Andrássy gebildete ungarische Regierung erhielt noch am 8. März vom Parlament die Vollmacht, auch die Angelegenheiten Siebenbürgens zu regeln. An die Spitze des vorübergehend beibehaltenen Guberniums wurde als königlicher Kommissar der ungarländische Obergespan Manó Péchy gestellt, dem als Aufgabe auch die Beobachtung der Nationalitätenbewegungen übertragen wurde.
Die Regierung beeilte sich schon deshalb keineswegs, sich die siebenbürgische Verwaltung einzuverleiben, weil sie – nach den Worten ihrer ungarischen Oppositionskritiker – „mit Siebenbürgen wegen der Nationalitätenangelegenheit schonend umgehen wollte”.* So wurden beispielsweise jene Komitatsbeschlüsse außer Kraft gesetzt, die allein Ungarisch als Beratungssprache der Komitatssitzungen genehmigten. Das königliche Kommissariat verkehrte mit den sächsischen Stühlen auf Deutsch, mit den Distrikten Fogarasch, Nösnerland und Hatzeg auf Rumänisch, und dieser Praxis mußte auch die Regierung folgen. In der Frage der Komitatsämter schrieb der Innenminister vor, „für jedes der Wahl unterliegende Amt sollen – unter Berücksichtigung der verschiedenen Religionen und Nationalitäten – mindestens drei und höchstens fünf geeignete Personen nominiert werden”.* Die Regierung war 596darum bestrebt, die führenden Persönlichkeiten der Nationalitäten zumindest für eine partielle Zusammenarbeit zu gewinnen. Den angesehensten Vertreter der rumänischen Opposition, George Bariţ, forderte Eötvös dazu auf, ungeachtet seiner Prinzipien und Überzeugungen eine Stellung als Ministerialrat zu übernehmen, bei der es „seine Aufgabe wäre, die Erziehung der rumänischen Jugend anzuleiten”.* Diese Gesten sowie die ganz allmähliche Durchführung der Vereinigung zeigten, daß die Regierung, die sich landesweit mit Problemen ihrer Etablierung und den Protesten gegen den Ausgleich seitens der ungarischen Oppositionskomitate auseinandersetzen mußte, alles vermied, in Siebenbürgen eine für Sachsen und Rumänen völlig unannehmbare politische Situation zu schaffen.
Magyar Polgár, 2. September 1868.
Törvények és Hivatalos Rendeletek Gyűjteménye (Sammlung der Gesetze und amtlichen Verordnungen). Red. von B. ÖKRÖS. Pest 1868, 207.
J. Gáls Brief an Bariţ vom 25. Mai 1867, s. George Bariţ magyar levelezése (George Bariţs ungarische Korrespondenz). Red. von I. CHINDRIŞ und F. KOVÁCS. Bukarest 1975. 103.
Für die detaillierte Regelung der Union wurde eine Sondergesetz geschaffen (Nr. XLIII/1868), das erneut die bürgerliche und politische Gleichberechtigung und damit die Beseitigung der früheren Vorrechte der drei „Nationen” erklärte; zugleich wurde die Rechtsgleichheit der Konfessionen bekräftigt, die ihr Selbstverwaltungssystem beibehalten konnten. Das Gubernium wurde abgeschafft, die Ernennung der Szekler Oberkönigsrichter sowie des Sachsenkomes erfolgte von nun an auf Vorschlag der Regierung. Die sächsische Nationsuniversität blieb vorläufig bestehen, obwohl sie ihre Kompetenz als Gericht einbüßte. Eine ganze Reihe von absolutistischen Rechtsnormen blieb in Kraft, da man bis zur geplanten Reform des Rechtssystems nicht vorübergehend die alten ungarischen Rechtsnormen auf Siebenbürgen ausdehnen wollte. Auf diese Weise bildete Siebenbürgen für eine gewisse Zeit ein tatsächlich separiertes Rechtsterritorium. Mit dem Inkrafttreten der neuen Gesetze verschwanden diese Unterschiede stufenweise, zur Gänze konnten sie aber auch bis zum Ende der Periode nicht beseitigt werden. Dieser Rechtsdualismus führte dazu, daß in Siebenbürgen teils modernere, teils wiederum weniger liberale Verhältnisse als im engeren Ungarn herrschten.
Das moderne österreichische Zivilgesetzbuch blieb (natürlich mit zahlreichen inzwischen durchgeführten Modifizierungen) weiter in Kraft, ebenso das moderne Bergbaugesetz von 1854. Hier (sowie in Kroatien) behielt die Regierung die zentral gelenkte Gendarmerieorganisation bei, die immerhin moderner war als die in den Komitaten des engeren Ungarn bestehende Pandurenorganisation. Dabei hatte zweifellos schon damals eine Rolle gespielt, daß man bemüht war, die Nationalitätenbewegungen zu dämpfen. Es blieben die antiliberalen Presserechtsnormen aus dem Jahre 1852 in Kraft, die allerdings 1871 modernisiert wurden, um „die in der Schwurgerichtsinstitution liegende Garantie der Pressefreiheit auch auf Siebenbürgen auszudehnen”.* Im Falle einer Anklage auf Pressevergehen reichten bereits sechs „Nicht schuldig”-Stimmen der zwölf Geschworenen aus, um die Anklage fallenzulassen, wodurch der Behördenwillkür zweifellos Grenzen gesetzt wurden.
Verordnung 1498/1871 des Justiz- und Innenministers. Rendeletek Tára (Verordnungssammlung). 1871, 183.

 

 

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