Letzter dualistischer Versuch: István Tiszas rumänische Verhandlungen

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628Letzter dualistischer Versuch: István Tiszas rumänische Verhandlungen
Der Sturz der Koalitionsregierung und die Ernennung von Graf Károly Khuen-Héderváry im Januar 1910 zum Ministerpräsidenten bildeten eine Zäsur in der politischen Geschichte des Dualismus. Um die sich seit Jahren hinziehende innenpolitische Krise beenden zu können, wurden alle konservativen Reserven zur Bildung einer neuen 67er Regierungspartei vereinigt.
Auch die Magyaren Siebenbürgens waren der Koalition überdrüssig geworden, und die Nationalitäten sahen in der neuen Regierung die Repräsentanten des Hofes, an die sie um so mehr Hoffnungen knüpften, als der Thronfolger vom neuen Ministerpräsidenten die Verwirklichung seiner eigenen Politik erwartete. Die Regierung unterwarf sich gewissenhaft ihren Wünschen. Binnen kurzem wurde die Durchführung einer Reihe rechtskräftiger politischer Strafen aufgehoben und zahlreiche der anstehenden Presseprozesse niedergeschlagen. Stillschweigend genehmigte man den Gebrauch der rumänischen Trikolore, und das oberste Gericht erklärte, das Singen des als Nationalhymne geltenden Liedes „Erwache, Rumäne“ in der Öffentlichkeit sei nicht verboten. Auch die Schulpolitik Apponyis wurde einer Revision unterzogen.
Die Arader Tribuna-Gruppe reagierte wohlwollend auf die ersten Maßnahmen der neuen Regierung; sie erkannte, daß Khuen im Kampf gegen die ungarische Unabhängigkeitsopposition die Nationalitäten benötigte. Ermutigt auch von der Bukarester Liberalen Partei, drängte sie auf eine „ehrliche Übereinkunft“ und begann mit ihrer Organisationstätigkeit. Auch die Leitung des Nationalkomitees reagierte auf die Veränderungen voller Erwartungen. Khuen versicherte ihr, es sei nicht die Absicht der Regierung, die Nationalitäten bei den Wahlen zu zerschlagen. Angeblich soll sie der Regierung in 60 Kreisen Unterstützung zugesagt haben, woraufhin diese als Gegenleistung eine bedeutende Wahlhilfe anbot, in einzelnen Kreisen 60 000–100 000 Kronen. Auch Ioan I. C. Brătianu, der Führer der Bukarester Liberalen, ließ der rumänischen Partei einen erheblichen Betrag zukommen, und diese konnte ebenso mit dem Wohlwollen von Khuen wie auch mit der Unterstützung seitens Franz Ferdinands und der Partei der Wiener Christlich-sozialen Luegers rechnen. In 37 Kreisen wurden 33 Kandidaten aufgestellt, doch fehlte es an Geschlossenheit. Der besonnene Maniu warnte vergebens: „Bitte glaubt diesen lügnerischen Gerüchten nicht“ – erklärte er seinen Wählern in Winzendorf –, „daß vor allem wir einstigen rumänischen Abgeordneten mit der neuen Regierung irgendeine Vereinbarung getroffen hätten […]“*
Tribuna, 4. Juni 1910.
Die Wahl von 1910 verlief vor allem in ungarischen Gegenden besonders gewalttätig. Die von István Tisza geschaffene regierende Nationale Arbeitspartei suchte einen Sieg zu erringen, bei dem mehrere parlamentarische Gegner gänzlich vernichtet werden sollten, darunter auch die Nationalitäten, um dadurch die Bildung eines Franz Ferdinand dienstbaren starken Abgeordnetenblockes zu verhindern. Dieses Ziel erreichte sie – auch wegen des Wandels der öffentlichen Meinung, die sich vom vollmundigen Nationalismus 629der Koalition getäuscht fühlte. Nach der Wahl erklärte Tisza im Kreis von Vertrauten: Nun kann der Thronfolger kommen!
Von den rumänischen Kandidaten erhielten nur 5 ein Mandat, zudem 3 in Kreisen ohne Gegenkandidaten. Mit dem Programm der Regierungspartei dagegen gelangten 9 Rumänen ins Abgeordnetenhaus. Die Überraschung war so groß, daß man anfangs nicht einmal den Versuch unternahm, die Verantwortung dafür dem Wahlterror zuzuschreiben. „Die Gewalttätigkeit bei den Wahlen hat höchstens zwei Plätze gekostet“ – schrieb eines ihrer solidesten Blätter – „mehrerenorts sind unsere Abgeordneten durch Tausende von rumänischen Stimmen gestürzt worden“.* Die einen Kompromiß proklamierende Zeitung des Hermannstädter Erzbistums sprach von einem direkten Auftreten des Volkes gegen ein unrealisierbares Programm.
Libertatea, 4. Juni 1910.
Graf István Tisza, der „providentielle Mann“ der ungarischen Politik, bekannte sich noch vor den Wahlen zur rumänisch-ungarischen Übereinkunft. Seine Rede wurde von den rumänischen Blättern mit Sympathie aufgenommen, die Unirea von Blasendorf verglich ihn direkt mit Deák und nannte ihn einen Beschützer der Nationalitäten. Im Juli wiederholte er im Parlament seinen Standpunkt, den das rumänische Nationalkomitee als Ausgangsbasis akzeptierte und zustimmte, daß der Bankier Mihu, der bereits bei der Ankündigung der Aktivität beteiligt gewesen war, Verhandlungen mit Tisza aufnehmen solle. Im ersten Gespräch fand sich Tisza, abweichend von seinem früheren Standpunkt, damit ab, daß die rumänische Partei ihre Sonderstellung beibehalten wollte, und akzeptierte, daß an den weiteren Verhandlungen auch ihre führenden Vertreter teilnehmen und eine eventuelle Vereinbarung von einer rumänischen Nationalkonferenz ratifiziert werden sollte. Die Parteiführung verfaßte ihre Forderungen und beschloß, wenn die Regierung ihre Wünsche erfülle, werde sie sich im Parlament „zurückhaltender“ verhalten und ein neues Parteiprogramm ausarbeiten.
Im Herbst 1910 übersandte die Rumänische Nationalpartei Tisza eine Denkschrift mit ihren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Forderungen. Ihre 23 Punkte bezogen sich auf Erweiterung des Wahlrechts, Absicherung von 50 Wahlkreisen, systematischen Gebrauch der rumänischen Sprache in den Behörden, Festlegung eines verbindlichen Minimums rumänischer Beamter, Einrichtung von drei neuen rumänischen Bistümern, Revision des Apponyi-Gesetzes, Erhöhung der für die Ziele der rumänischen Kultur verwendeten Staatshilfe, Gründung von drei staatlichen rumänischen Gymnasien, Ausdehnung der „Szekler Aktion“ auf rumänische Gebiete, um dadurch auch die eigene wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Als Gegenleistung versprach man die Annahme der 67er Grundlage, aber keine die Regierung unterstützende Politik. Dies hielt Tisza (wie Khuen) zum Teil für unannehmbar, akzeptierte es aber als Verhandlungsgrundlage. Die rumänische Partei entsandte eine Kommission zur Führung der Verhandlungen, deren Mitglieder sich allerdings untereinander nicht einigen konnten. Maniu und Vlad waren nicht einmal geneigt, den bestehenden Rechtszustand anzuerkennen; der durch den Partikularismus und die ständig wachsenden Forderungen verbitterte Mihu trat zurück. Da die verschiedenen Fraktionen mit ihrer Gegenpropaganda die zur Übereinkunft bereiten Kräfte lähmten, tauchte in der Regierung der berechtigte Verdacht auf, die Führer seien nicht 630mehr Herren ihres eigenen Lagers; die Beseitigung der Fraktionen wurde so zu einer Existenzfrage.
Das Gütesiegel der stärksten Fraktion, der Tribunisten-Gruppe von Arad, war der Name des damals bereits bekannten Dichters Octavian Goga, der durch die 1902 in Budapest ins Leben gerufenen literarisch-politischen Zeitschriften Luceafărul und später Ţara Noastră diesseits und jenseits der Karpaten populär wurde. Mit einer Serie scharfer Artikel griff er das Nationalkomitee an, das er für die Wahlniederlage verantwortlich machte, und verlangte dessen Verjüngung. Seine Anhänger, die ihm folgenden „stählernen Jugendlichen“, wünschten sich eine Massenorganisation zur Überwindung jedes fremden – als ungarisch oder jüdisch-ungarisch geltenden – Einflusses. Sie begannen ein aus Messianismus, religiöser Mystik und konservativem Antikapitalismus bestehendes, doch demokratisch gefärbtes politisches Ideensystem zu entwickeln, in dem sich auch der Einfluß der zeitgenössischen Soziologie und des ungarischen bürgerlichen Radikalismus bemerkbar machte.
Die Parteiführung verhandelte zunächst, dann verurteilte sie die Fraktionsbildung in einem Beschluß und gründete schließlich ebenfalls in Arad ein offizielles Parteiorgan, das zu Beginn des Jahres 1911 erscheinende und von Vasile Goldiş, einem abtrünnig gewordenen Tribunisten redigierte Românul. Diese neue Zeitung hatte ein einziges Ziel: die Zerschlagung der Tribuna. Der in Form grober persönlicher Beleidigungen geführte Pressekrieg artete zur wahren Ketzerverfolgung aus, was die ungarischen Blätter mit nicht geringer Schadenfreude kommentierten. Die Lösung der Krise übernahm schließlich Bukarest. Im März 1912 traf Constantin Stere, ein Vertrauensmann der Bukarester Liberalen, in Arad ein, der die Tribuna mit starker Hand liquidierte. Das Blatt samt seinen Vermögen ging in den Besitz des Komitees über und wurde mit dem Românul verschmolzen. Das war das Ende der ein Vierteljahrhundert bestehenden Tribuna-Bewegung. Der demokratischere Flügel hatte eine Niederlage erlitten, aber das Komitee an Spielraum und Kompromißfähigkeit gewonnen.
Diese internen Auseinandersetzungen belebten erst recht das rumänische öffentliche Leben Siebenbürgens. Seit 1910 folgten zahlreiche politische Volksversammlungen aufeinander, blühte das Vereinsleben auf, für das ein bisher unbekannter bessarabischer Grundbesitzer (V. Stroescu) von 1909 an binnen drei Jahren mindestens eine halbe Million Kronen stiftete. Die Feierlichkeiten anläßlich des 50jährigen Bestehens der ASTRA im Jahre 1911 entwickelten sich zu einer großangelegten gesamtrumänischen Demonstration, symbolisch überhöht durch den Versuch des talentierten siebenbürgischen Fliegers Aurel Vlaicu, die Karpaten zu überfliegen.
Die zweite Verhandlungsserie zwischen der Regierungspartei und den Siebenbürger Rumänen kam teilweise auf Vermittlung Bukarests zustande. Im Januar 1913 überreichten Mihali, Maniu und Branişte ihre in elf Punkten zusammengefaßten Forderungen, die sie nun jedoch auf Anraten Franz Ferdinands so formulierten, daß eine Übereinkunft jederzeit „als von ungarischer Seite nicht eingehalten und deshalb für null und nichtig erklärt werden kann“.* Die Punkte enthielten die Forderungen, in den staatlichen 631und Gemeindeschulen in allen Stufen die rumänische Sprache zu unterrichten, das Rumänische als Verwaltungs- und Gerichtssprache sowie die uneingeschränkte Versammlungs- und Pressefreiheit einzuführen, und schließlich die Zusicherung über einen proportionellen Anteil von Abgeordnetenmandaten. Die Antwort Tiszas war – sicher wegen der spürbaren Radikalisierung der Forderungen – recht zurückhaltend, beschränkte sich auf Beseitigung der einfacheren, durchaus klärbaren kirchlichen und verwaltungsmäßigen Beschwerden und auf die wirtschaftspolitischen Versprechungen. Im Einvernehmen mit dem Thronfolger unterbrachen die Rumänen die Verhandlung.
Vaida-Voevods Brief vom 23. Januar 1913. Kriegsarchiv, Wien, Militärkanzlei Franz Ferdinand. Rumänische Akten, 303/9.
Die dritte Verhandlungsserie begann zur Zeit starker internationaler Spannungen, im Herbst 1913, nach dem Bukarester Frieden, der die Balkankriege abschloß. Der inzwischen zum Ministerpräsidenten aufgestiegene Tisza verhandelte erneut mit den drei Delegierten, die aber – unter dem Eindruck der wachsenden Unterstützung seitens des siegreichen Rumänien und des Thronfolgers – immer höhere Forderungen stellten. Doch auch Tisza machte größere Zugeständnisse. In der öffentlichen Verwaltung und der erstinstanzlichen Rechtsprechung versprach er die volle Garantie des schriftlichen und mündlichen Gebrauchs der Muttersprache, die Prüfungspflicht der Beamten in der Sprache des von ihnen verwalteten Gebietes und eine Ausdehnung des rumänischen Sprachunterrichts. Ferner sagte er ihnen ein staatliches rumänisches Gymnasium zu sowie die Erhöhung der bisherigen Staatshilfe auf 7 Millionen für rumänische Zwecke und bot schließlich die Zusicherung von rund 30 Wahlkreisen für rumänische Abgeordnete. Darüber hinaus sei er geneigt, das Apponyi-Gesetzz zu „modifizieren“. Aber auch Tisza stellte schwerwiegende Bedingungen. Die rumänische Partei müsse ihre Beschwerdepolitik aufgeben und ohne Vorbehalte die gegebene Staatsordnung akzeptieren, die Übereinkunft als dauerhafte Lösung betrachten und ihre Politik auf die Realisierung der Übereinkunft konzentrieren. Tisza betrachtete den Pakt als eine im großen und ganzen endgültige Regelung der rumänischen Frage.
Die rumänische Partei stand vor einem schweren Dilemma. Tiszas ernsthafte Absicht war nicht zu bezweifeln. Auch Bukarest drängte auf eine Übereinkunft und das offizielle Wien auf irgendeine Vereinbarung, während die aktuellen Bedürfnisse des rumänischen Bürgertums gleichfalls ein gutes Verhältnis mit der Regierung für wünschenswert hielten. Man hätte den Vorschlag von Tisza durchaus akzeptiert, wäre da nicht die Forderung gewesen, die Ablehnung des Dualismus aufzugeben, wie sie sagten: ihre Verzichtserklärung. Die engere Führungsschicht der Partei wünschte eine solche Übereinkunft, wagte aber nicht, deren Folgen zu tragen, sie wollte zugleich auch ihre Oppositionsrolle beibehalten. Franz Ferdinand nährte ihre Unsicherheit nur noch, indem er den Rumänen für die Zeit nach dem immer aktueller werdenden Thronwechsel eine entscheidende Rolle in Aussicht stellte. Teilweise ist dies auch eine Erklärung für die Ausweitung ihrer Wünsche, die 1913 im Anspruch auf einen rumänischen Minister (ohne Portefeuille) und zwei Staatssekretäre gipfelten. Daraufhin machte der ungarische Ministerpräsident erneut ein Zugeständnis. Dem Thronfolger in die Karten schauend, ließ er taktisch seine letzte Forderung fallen: Er verlangte nicht mehr, daß die Rumänen die Regelung als endgültig betrachten müßten, und bestand nicht mehr auf ihrer Verzichtserklärung. Damit hatte er 632von vornherein das Odium des Mißerfolges von sich abgewendet. Es blieb dem Belvedere nichts anderes übrig, als seine wahren Karten aufzudecken. Im Dezember 1913 hieß es noch, „eine Übereinkunft muß unbedingt zustande kommen“.* Im Januar erklärte der Thronfolger bereits, er habe schweren Herzens, nur unter Einfluß der internationalen Lage, den Verhandlungen zugestimmt: „Ich bin grundsätzlich deswegen gegen den Ausgleich, weil er mit der Gefahr einhergeht, daß unsere Rumänen dadurch in das antidynastische ungarische Lager getrieben werden, was für die Zukunft aus meiner Sicht eine sehr große Gefahr wäre.“* Es wurde sogar die Anweisung gegeben, es müsse nicht unbedingt eine Übereinkunft zustandekommen, was dem zögernden rumänischen Nationalkomitee sehr zustatten kam. Am 17. Februar 1914 faßte es die Entschließung: Tiszas Angebot sei „ungeeignet dafür, den Gegensatz zwischen der Regierungspolitik des ungarischen Staates und den Rumänen auch nur auf kurze Zeit abzuwenden“.*
Bericht Carl von Bardolffs für den Thronfolger vom 30. Dezember 1913. Kriegsarchiv, Wien, Militärkanzlei Franz Ferdinand. Rumänische Akten, ohne Zahl.
Briefkonzept Franz Ferdinands an Czernin, Januar 1914. Kriegsarchiv, Wien, Militärkanzlei Franz Ferdinand. Rumänische Akten, ohne Zahl.
Zitiert in Magyarország története (Geschichte Ungarns). Bd. 7. Hrsg. von P. HANÁK und F. MUCSI, Budapest 1978, 53.
Hatten bis 1913 die Politiker Rumäniens angeregt, daß man sich mit der ungarischen Regierung einigen solle, tat dies nun lediglich noch der alte König Karl. Auch Tisza war sich über den bevorstehenden Mißerfolg im klaren. Er schrieb an Mihali: „Es ist schmerzlich und es besteht nur wenig Hoffnung, daß wir unser Ziel jetzt erreichen, doch sehe ich mit Freude, daß auch Ihr einen wesentlichen Fortschritt und eine Annäherung seht“.*
Tiszas Brief an Mihali vom 12. Februar 1914. Zitiert von F. PÖLÖSKEI, Tisza István nemzetiségi politikája az első világháború előestéjén (István Tiszas Nationalitätenpolitik am Vorabend des ersten Weltkrieges). Sz. 1970/1.
Anfang 1914 scheiterte der letzte Versuch, aufgrund der im dualistischen System entstandenen Kräfteverhältnisse so wie die Sachsen auch die Rumänen – und deren bereits auf nationaler Grundlage separierte Kräfte – in das ungarische politische Leben zu integrieren.
Die ungarisch–rumänischen offiziellen Verhandlungen wurden über die Köpfe der ungarischen Politiker Siebenbürgens hinweg geführt, ebenso wie die Frage Siebenbürgens seit langem über den um die Macht geführten Zweikampf der dortigen Magyaren und Rumänen hinausgewachsen war. Ihr Verhalten, ihre Ansichten waren anscheinend in erster Linie von Besorgnis bestimmt, und diese nahm 1913 wesentlich zu, als Rumänien mit dem Bukarester Frieden nach dem zweiten Balkankrieg zu einer südosteuropäischen Filialgroßmacht wurde. Man war sich darüber im klaren, daß die Lage der Rumänen neu geregelt werden müsse, hatte aber keine moderne Konzeption dafür; die meisten hielten sogar Tiszas Zugeständnisse für übertrieben, wie dies die Reden der Oppositionellen István Bethlen und Zoltán Désy anläßlich der – ungewohnt anspruchsvollen – Parlamentsdebatte an der Jahreswende 1913/14 zeigen; während ersterer eher die strikte Zurückweisung für die Lösung der Frage hielt, sah letzterer diese nur in einer allgemeinen Demokratisierung gegeben.
Das ungarische Lager des Fortschrittsoptimismus, die Sozialdemokratische Partei und vor allem die Bürgerlichen Radikalen, waren sich der Dringlichkeit 633einer Regelung der Nationalitätenfrage immer stärker bewußt, standen aber den Verhandlungen eigentlich etwas ratlos gegenüber. Die Sozialisten beurteilten die Verhandlungen im Rahmen der damaligen Auffassung vom Zweikampf zwischen Fortschritt und Reaktion und meinten in ihnen das Bild eines sich von Tisza bis zu den Nationalitätenparteien hinziehenden konservativen Blocks zu sehen. Ähnlich urteilten auch die Bürgerlichen Radikalen. Allein Jászi unternahm den Versuch, die Frage als Problem einer nicht geradlinigen Entwicklung aufzuarbeiten.
1914 vertrauten noch viele darauf, es werde sehr schnell zu einer Vereinbarung kommen – mit Tisza, oder eher sogar noch ohne den von allen Seiten angegriffenen Ministerpräsidenten. Der Ausbruch des Weltkrieges jedoch schuf eine völlig neue historische Situation.

 

 

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